Zwischenruf Kieler Koalitionsende: Moin, moin!
23.07.2009, 22:40 UhrDie acht Kieler Chaostage haben – wieder einmal – gezeigt, dass es den Regierenden um die Macht geht. Um ihre Macht. Dass man nicht immer mit der Landesverfassung unterm Arm herumlaufen kann, wird offensichtlich als Kollateralschaden in Kauf genommen. Artikel 35 der Verfassung des nördlichsten Bundeslandes besagt, dass "der Landtag ... dem Ministerpräsidenten das Misstrauen nur dadurch aussprechen ... (kann) ..., dass er mit der Mehrheit seiner Mitglieder ... einen Nachfolger wählt".
Kein Geringerer denn der christdemokratische Landtagspräsident Martin Kayenburg hat aus eben diesem Grund Ministerpräsident Peter-Harry Carstensen sein Vertrauen ausgesprochen, als dieser dem Parlament an der Förde die Frage stellte, ob er denn noch sein Vertrauen genieße. Es wäre nur allzu konsequent, wenn die zwangsweise zur Opposition mutierte SPD das Bundesverfassungsgericht anrufen würde, um eben diesen Tatbestand höchstrichterlich bestätigen zu lassen. Abwarten und Friesentee trinken.
SPD-Frontmann Ralf Stegner hat durchblicken lassen, dass er sich einer Neuauflage des großkoalitionären Flopmodells nicht verweigern würde. Allerdings ohne Carstensen. Auch dieser wäre nicht dagegen, allerdings ohne Stegner. Wenn er da mal nicht falsch liegt. An Carstensens Stuhl wird – in der eigenen Partei und bei den frohlockenden Liberalen - seit längerem intensiv gesägt. Die Christdemokraten wissen, dass Carstensen nach dem Kuddelmuddel mit dem Rausschmiss der sozialdemokratischen Minister und Staatssekretäre nicht gerade die Herzen zufliegen. Was den bislang freundlichen Umfragewerten abträglich sein dürfte.
Jamaika-Konstellationen haben die Grünen eine Absage erteilt. Bliebe dem SPD-Linken Stegner noch das hessische Ypsilanti-Projekt. Denn der Linken wird durchaus zugetraut, dass sie die Fünf-Prozent-Hürde überspringt.
Auffallend ist das Schweigen an der Spree. Das Grummeln im Norden hat, so scheint’s, doch bundespolitische Bedeutung. In diesem Sinne: Moin, moin!

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de