Kommentare

Zwischenruf Libyen: Obamas Zigarre

Der Krieg in Libyen sei kein Krieg, sondern nur ein begrenzter Einsatz zur Unterstützung der europäischen Partner. Diese Argumentation droht Obamas Zigarre zu werden - ein Thema, das zeigt, dass der Präsident es mit der Wahrheit nicht allzu genau nimmt.

Barack Obama und seine Frau Michelle auf dem Weg zum Picknick mit Kongressabgeordneten im Garten des Weißen Hauses.

Barack Obama und seine Frau Michelle auf dem Weg zum Picknick mit Kongressabgeordneten im Garten des Weißen Hauses.

(Foto: dpa)

Die Antwort des Weißen Hauses auf die Kritik an der US-Beteiligung am Krieg in Libyen erinnert ein wenig an die Reaktion von Bill Clinton in der Lewinsky-Affäre, in der auch Zigarren eine Rolle spielten: "I did not have sexual relations with that woman, Miss Lewinsky."

Wir ersparen uns die peinlichen Details und setzen auf das gute Gedächtnis unserer Leser. Die Beteiligung der Vereinigten Staaten sei auf "Unterstützung" heruntergefahren worden. Damit nehmen die USA aus Sicht des Washingtoner Präsidialamtes nicht am Krieg teil.

Vergessen ist die massive Präsenz von US-Bombern in den ersten Wochen des nunmehr schon ein Vierteljahr andauernden Waffengangs. Aber bittschön: Der wäre formal durch die "War Powers Resolution" von 1973 gedeckt, die es dem Kongress erst nach sechzig Tagen ermöglicht, sich in die Entscheidung des Präsidenten über ein militärisches Eingreifen zu äußern. Allerdings seien die USA für rund 70 Prozent der geheimdienstlichen Aktivitäten verantwortlich. Zudem betanke die US Air Force die meisten Kampfflugzeuge.

Berichte über US-Militärberatern bei den Aufständischen sind schwer überprüfbar. Auszuschließen ist deren Anwesenheit allerdings nicht. Nebenbei: Auch nach Südvietnam hatte Präsident John F. Kennedy zunächst Berater entsandt. Über Waffenlieferungen wurde noch nicht entschieden. Übergeben wurden aber immer schon mal Uniformen, Schutzausrüstungen, medizinische Instrumente und Radios. Letztere wahrscheinlich zum besseren Empfang der Countrymusik-Sendungen des US-Soldatensenders AFN Sigonella auf Sizilien.

Der Einsatz der beliebten unbemannten Drohnen ist offenbar nur eine Art reales Computerspiel denn Teilnahme an einem Krieg. Vollends absurd werden "all the president’s men", wenn sie die "Operation" in Libyen als "in Natur, Umfang und Dauer begrenzt" bezeichnen, auf welche die Kriegsdefinition der "War Powers Resolution" gar nicht zutreffe. Die wirren Erklärungen mögen Obamas Gewissen beruhigen. Seine Kritiker aus dem eigenen (!) und dem republikanischen Lager geben sich nicht zufrieden. Sie wollen vor einem Bundesgericht klagen. Der Friedensnobelpreisträger könnte sich an der libyschen Zigarre gehörig die Finger verbrennen. Er sollte sie besser ausdrücken.

Bleskin.jpg

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen