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Neusprech aus Moskau Putin demonstriert, wie gefährlich er ist

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Putins Rede an die Nation - eigentlich ein Auftritt vor beiden Kammern des Parlaments - wurde sogar in Kinos übertragen.

Putins Rede an die Nation - eigentlich ein Auftritt vor beiden Kammern des Parlaments - wurde sogar in Kinos übertragen.

(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)

In seiner "Rede an die Nation" überzieht Russlands Machthaber Putin den Westen mit altbekannten Vorwürfen. Seine Lügen sind so schamlos, dass auch angebliche Gesprächsangebote als Drohungen verstanden werden müssen.

Vor der russischen Botschaft in Berlin hat jemand ein Plakat an die Absperrungen gehängt, die dort seit Beginn des russischen Überfalls auf die gesamte Ukraine stehen. "Putin, der Nazi bist du selbst", steht darauf. Ein perfekter Kommentar auch für die Rede des russischen Machthabers an die Nation. Denn die vielen abstrusen Vorwürfe, die Putin gegen den Westen richtet, haben eines gemeinsam: Wenn Putin über seine Feinde spricht, reale oder imaginierte, dann erzählt er meist von sich.

Vor der russischen Botschaft in Berlin.

Vor der russischen Botschaft in Berlin.

(Foto: hvo)

Gleich zu Beginn seines Auftritts warf Putin dem Westen "Russophobie" vor und sagte, Russland habe "die Aggression des internationalen Terrorismus abgewehrt" und verteidige in der Ukraine die Freiheit "unserer Landsleute". Das Tabu-Wort "Krieg" benutzte er nur einmal: "Wir haben den Krieg im Donbass nicht begonnen, aber wir werden alles tun, um ihn zu beenden und den Nazismus auszurotten." Vermutlich wird er in einem Jahr Sätze von sich geben wie "Krieg bedeutet Frieden. Freiheit ist Sklaverei. Unwissenheit ist Stärke."

Aber auch ohne die Neusprech-Slogans aus George Orwells "1984" bestand Putins Rede aus blanken Lügen. Russland "verteidigt" sich in der Ukraine nicht, sondern führt einen Vernichtungskrieg. Der Kampf ist nicht "gerecht", sondern völkerrechtswidrig. Zu keinem Zeitpunkt war die russische "Souveränität" bedroht. Weder die Bewohner des Donbass noch die der restlichen Ukraine sind "Landsleute" des russischen Diktators. Dessen Fiktion einer "russischen Welt" ist nichts als die Basis für den russischen Imperialismus. Und selbstverständlich ist Russland auch nicht dabei, einen "Nazismus" auszurotten, sondern selbst auf dem Weg in den Faschismus.

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All diese Lügen sind so offenkundig und so schamlos, dass Putins vorgebliche Gesprächsangebote ebenfalls als Gegenteil des Gesagten verstanden werden müssen - als Drohungen. Russland sei bereit, mit den USA über Fragen der Stabilität zu verhandeln. Die Behauptung, Russland wolle Europa angreifen, nannte Putin eine Lüge und "Unsinn". Zugleich warnte er, Russland verfüge "über Waffen, die Ziele auf ihrem Territorium treffen können".

In seinen Tiraden über den Westen offenbart Putin seine eigene Strategie: Der Westen versuche, Russland in ein Wettrüsten zu verwickeln, um den Trick der 1980er-Jahre zu wiederholen, sagte er. Das spielt auf die Annahme an, die Sowjetunion sei am Wettrüsten zugrunde gegangen - eine zwar gängige, aber ziemlich vereinfachende und entsprechend umstrittene These. Richtig daran ist: Der Krieg in der Ukraine ist auch ein Rüstungswettlauf, von dem Putin offenbar denkt, er könne ihn gewinnen. Sollte er damit recht behalten, wäre es eine Katastrophe - nicht nur für die Ukraine, sondern für ganz Europa.

Quelle: ntv.de

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