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Wettlauf mit der AfD Wen wollen Kretschmer und Spahn eigentlich rauswerfen?

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Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in der "Welcome Hall" am Berliner Hauptbahnhof.

Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine in der "Welcome Hall" am Berliner Hauptbahnhof.

(Foto: picture alliance/dpa)

Sachsens Ministerpräsident Kretschmer will weder die Ukraine unterstützen noch Flüchtlinge aufnehmen. Das passt nicht zusammen. Ohnehin ist auffallend, was Kretschmer in seinen öffentlichen Äußerungen unterschlägt.

Bei seinem Wettlauf gegen die AfD hat sich der sächsische Ministerpräsident Michael Kretschmer selbst rechts überholt. Die Zahl der Flüchtlinge sei zu hoch, twitterte er am Pfingstmontag. Sein Parteifreund Jens Spahn, Vizechef der Unionsfraktion, sprang ihm bei: "Unser Herz ist weit, aber die Möglichkeiten sind begrenzt - und im ganzen Land überlastet."

Kretschmer geht es um eine "Kommission", die einen "Vorschlag" erarbeiten soll, zu dem "auch eine Grundgesetzänderung gehören könnte", sprich: die Einschränkung oder Abschaffung des Asylrechts. "Wir brauchen stärkere Instrumente und wirksame Abkommen zur Rückführung abgelehnter Asylbewerber und illegaler Einwanderer", sagte er der "Welt".

Interessant ist, worüber Kretschmer nicht spricht. In seinem Interview ist von der Ukraine nicht mal beiläufig die Rede - dabei geht die Überlastung der Kommunen zu 80 Prozent auf Putins Angriffskrieg auf die Ukraine zurück, so der Migrationsexperte Gerald Knaus. Will Kretschmer die Ukrainerinnen und ihre Kinder zurückschicken, damit sie dem russischen Raketen- und Drohnenterror ausgeliefert sind?

"Die wichtigste Bekämpfung von Fluchtursachen ist, was Verteidigungsminister Boris Pistorius macht", sagt Knaus auch: "die Unterstützung der Ukraine". Genau die lehnt Kretschmer aber - auch das ist Teil seines Wettlaufs mit der AfD - ab.

Aber vielleicht geht es Kretschmer um die Abschiebung von anderen Flüchtlingen und Migranten. Nach Syrien und Afghanistan? Geht nicht, macht auch sonst niemand. Nach Nordafrika? Ist in Arbeit, bringt aber nicht viel. Und wie steht es mit der von Kretschmer indirekt geforderten Einschränkung des Asylrechts? Nicht einmal die würde helfen, weil die weitaus meisten Flüchtlinge nicht über den Weg des Asylantrags in Deutschland bleiben dürfen, sondern auf Basis der Genfer Flüchtlingskonvention, wie der FDP-Politiker Stephan Thomae ebenfalls in der "Welt" erläutert.

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Und noch etwas verschweigt Kretschmer. Sein eigenes Innenministerium teilt regelmäßig mit, wie viele Asylbewerber und Ukraine-Flüchtlinge Schutz in Sachsen suchen und wie stark die Aufnahmeeinrichtungen des Freistaats überlastet sind. Die Kapazität gibt das CDU-geführte Ministerium mit 8503 an, die Belegung aktuell mit 4448 Personen. Folglich liegt die Auslastung der sächsischen Aufnahmeeinrichtungen nur bei gut 50 Prozent.

Klar, Betten und Zimmer sind nicht alles, Kretschmer selbst spricht von fehlenden Wohnungen, Schulen und Sprachunterricht. Aber was Kretschmer als Lösung anbietet, ist keine. Es ist nur das einfallslose Gerede eines Politikers, der im Umgang mit der AfD ausweislich der jüngsten Umfragen scheitert und im nächsten Jahr eine weitere Wahlniederlage auf sich zukommen sieht. In der Tat wäre ein Erfolg der AfD in Sachsen dramatisch. Aber eine CDU, der nichts Besseres einfällt, als die Rechtspopulisten zu kopieren, wird das sicher nicht verhindern können.

Quelle: ntv.de

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