Person der Woche

Person der Woche: Olaf Scholz Finanzminister soll Kanzlerkandidat werden

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Die SPD plant einen Coup. Bundesfinanzminister Scholz soll schon nach der Sommerpause zum Kanzlerkandidaten ausgerufen werden. Das Ziel lautet: die CDU-Machtkämpfe bloßstellen und Habeck mitsamt den Grünen überholen.

Die SPD will Olaf Scholz zum Kanzlerkandidaten küren. Aus Fraktionskreisen ist zu hören, dass es „eine überwältigende Mehrheit" für die Nominierung des Bundesfinanzministers bereits nach der Sommerpause gebe. Der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, positioniert sich öffentlich: "Die Bürgerinnen und Bürger sehen offenbar Olaf Scholz heute als beste Wahl."

Auch die SPD-Ministerpräsidenten und Vorsitzenden der großen Landesverbände seien sich einig, dass man Scholz noch in diesem Herbst als Kanzlerkandidaten ausrufen solle. Der Chef des SPD-Landesverbands Nordrhein-Westfalen, Sebastian Hartmann, meint: "Ich bin als Vorsitzender des größten Landesverbandes dafür, die Frage der Kanzlerkandidatur zügig zu klären." Und weiter: "Olaf Scholz ist der logische Kanzlerkandidat."

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Ein möglicher Kanzlerkandidat?

(Foto: picture alliance/dpa)

In der K-Frage schneller sein als die CDU

Die SPD hat zwei Motive, in der K-Frage nun baldig zu entscheiden. Zum einen will man das positive Umfrage-Momentum für Olaf Scholz nutzen. Die gesamte SPD sei dank seiner seriösen Krisenpolitik in den Umfragen wieder gleichauf mit den Grünen. Und die grüne Konkurrenz zu überholen, gilt im Willy-Brandt-Haus als ein wichtiges strategisches Ziel für das Wahljahr 2021.

Zum anderen wollen die Sozialdemokraten unbedingt vor der CDU die Kanzlerkandidatur geklärt haben. Je früher man Scholz ausrufe und sich hinter ihm versammele, desto besser könne man den unionsinternen Machtkampf um die Merkel-Nachfolge für sich politisch nutzen. In den vergangenen Bundestagswahlkämpfen sei es immer umgekehrt gewesen: Die Union hatte mit Merkel ihre unumstrittene Kandidatin, derweil sich die SPD in Machtfragen zerfleischte.

Zu oft verstolperte die SPD die Kandidatenkür

Die SPD will die Fehler der vergangenen Wahlkämpfe nun nicht wiederholen. Eine noch von Andrea Nahles in Auftrag gegebene Geheimstudie war nach dem Absturz der SPD mit Kanzlerkandidat Martin Schulz bei der Wahl 2017 zum Schluss gekommen, dass die Kanzlerkandidatur dringend früher und umfassender geklärt werden müsse. 2012 (Frank-Walter Steinmeier) und 2016 (Peer Steinbrück) verstolperte man die Kandidatenkür unter Federführung des damaligen Vorsitzenden Sigmar Gabriel einigermaßen chaotisch. Anfang 2017 klärten Gabriel und Schulz die K-Frage zu spät und verkrampft unter sich. Sebastian Hartmann sagt daher, was alle in der Parteizentrale denken: "Eine gute Kampagne braucht Zeit und darf nicht verstolpert werden. Das zeigt die bittere Analyse des Parteivorstandes zur letzten Bundestagswahl."

Die SPD sieht sich für eine sorgfältig geplante Scholz-Kampagne in guter Ausgangsposition. Man habe nach dem Wahlsieg in Hamburg deutlich mehr Zuversicht in der gesamten Partei, zumal auch die Metropole München bei der jüngsten Kommunalwahl klar gewonnen werden konnte. Mit Lars Klingbeil halte ein organisationsstarker Generalsekretär die Flügel der Partei derzeit geschickt zusammen. Die SPD-Bundesminister von Franziska Giffey bis Hubertus Heil machten einen guten Job, und Olaf Scholz liege in den Beliebtheitsrankings deutscher Politiker derzeit ganz oben. Er habe in der Bevölkerung "gefühltes Kanzlerformat" und spreche auch bürgerliche Wählermehrheiten in der Mitte an.

Die SPD-Vorsitzenden - Überbleibsel der Fünfziger

Worüber die SPD-Funktionäre freilich nicht gerne reden, sind ihre Vorsitzenden. Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans gelten für den anstehenden Wahlkampf eher als eine Belastung. Esken wirkt medial wie eine "sadistische Sozialkundelehrerin" (Focus) und Walter-Borjans wie ein dilettierender "Opa" (Bild). Während der Corona-Krise sind sie immer wieder durch krude Querschläger und plumpe Vorschläge aus ideologischen Mottenkisten aufgefallen. Sie versuchen eher ungeschickt, ihren Ministern das publizistische Wasser abzugraben.

Keiner ihrer Vorstöße ist mit der Fraktion abgestimmt, vieles klingt sprachlich wie inhaltlich gestrig. "Die Welt" beschreibt die sozialdemokratische Stimmungslage so: "Die SPD-Minister im Bundeskabinett bewältigen die Corona-Krise mit Vernunft und Augenmaß. Aber das wird kaum wahrgenommen, weil die Vorsitzenden klingen, als lebten sie noch in den Fünfzigerjahren".

Die SPD-Parteichefs belegen im aktuellen Zustimmungsranking der Spitzenpolitiker Platz 17 bzw. 18 - noch hinter Dietmar Bartsch (Linke) oder Wolfgang Kubicki (FDP), nur knapp vor Alice Weidel und Alexander Gauland (beide AfD). Dass ausgerechnet Esken und Walter-Borjans einen Olaf Scholz beim parteiinternen Wettstreit um den Parteivorsitz haben schlagen können, gilt nun als Achillesferse im Wahlkampf. Unter Grünen wird bereits der Spruch verbreitet: "Wie kann einer, der nicht einmal Saskia Esken besiegt, Bundeskanzler werden?"

Oben in den Rankings: Merkel, Söder und Scholz

Schaut man aber in den Beliebtheitsrankings ganz nach oben, stehen dort neben Angela Merkel nur Markus Söder und eben Olaf Scholz. Söder wie Scholz sammeln Ansehenspunkte wie sie noch vor einem halben Jahr für undenkbar gehalten wurden. Söder überholt in den Zustimmungswerten jüngster Umfragen sogar Angela Merkel. Und Olaf Scholz, den man doch so lange als drögen "Scholzomaten" verspottet hatte, lässt die wortgewaltigen Robert Habeck, Friedrich Merz und Armin Laschet hinter sich.

Im politischen Berlin wird daher eine Konstellation für 2021 immer lauter diskutiert: Ein Bundestagswahlkampf Söder versus Scholz. So werden auch die seit Tagen zischenden Scharmützel zwischen Söder und Scholz aufmerksam verfolgt. Ob Obergrenze für Schulden, der kommunale Schutzschirm oder etwaige Gutscheine - sie sticheln inzwischen täglich gegeneinander. Nachdem die beiden am Anfang der Corona-Krise den demonstrativen Schulterschluss der souveränen Entscheider gesucht hatten, Scholz dazu sogar eigens nach München reiste, um dies aller Welt sichtbar zu machen, beginnen nun die Distanzierungen und Positionierungskämpfe. Wenn Scholz alsbald offizieller Kanzlerkandidat ist, dürfte der Zugzwang für Söder größer werden.

Quelle: ntv.de

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