Was Passagiere wissen sollten Geld zurück bei Verspätung?
12.06.2014, 11:18 UhrWer mehr als drei Stunden auf einen verspäteten Flug wartet, kann von der Fluggesellschaft eine Entschädigung verlangen. In der Praxis blocken die Airlines die Ansprüche aber oft ab. Vor dem BGH geht es einmal mehr um einen solchen Fall.

Bei über drei Stunden Verspätung gibt es Entschädigung - zumindest theoretisch.
(Foto: picture alliance / dpa)
Immer wieder befassen sich Gerichte mit der Frage, ob und wann Passagiere bei verspäteten Flügen entschädigt werden müssen. Nun muss sich auch der Bundesgerichtshof z um wiederholten Mal diesem Thema widmen. In dem Fall, der zur Stunde verhandelt wird, wollte die Gesellschaft unter Berufung auf "außergewöhnliche Umstände" nicht zahlen - die Verspätung eines Menorca-Flugs wurde damit begründet, dass die entsprechende Maschine zuvor in Griechenland unterwegs war, wo es einen Generalstreik gab. Die Verhandlung fällt mit Bemühungen der EU zusammen, die Ansprüche von Passagieren abschwächen. Damit stellen sich über den konkreten Rechtsstreit hinaus Fragen, wie es weiter geht mit den Fluggastrechten.
Wann können Passagiere eine Entschädigung verlangen und was müssen Fluggesellschaften leisten?
Bei Flügen von Gesellschaften mit Sitz in der EU oder bei Start und Ziel in der EU gibt es seit 2005 klare Regeln für Entschädigungen und Unterstützungsleistungen. Die Fluggastrechte-Verordnung der Europäischen Union staffelt den Anspruch der Passagiere nach Dauer der Verspätung und Flugstrecke.
Wenn ein Flug um mehr als drei Stunden zu spät am Ziel ankommt, steht den Kunden eine Ausgleichszahlung zu, genauso wenn ein Flug annulliert wird. Die Höhe der Entschädigung richtet sich nach der Flugstrecke: 250 Euro gibt es für Flüge bis 1500 Kilometer, 400 Euro für Mittelstrecken bis 3500 Kilometer und für alle längeren Strecken gibt es 600 Euro. Zahlen muss die Airline aber nur, wenn sie die Verspätung selbst zu verantworten hat.
Unabhängig davon muss die Fluggesellschaft bei Verspätungen sogenannte Versorgungsleistungen erbringen, etwa in Form von Mahlzeiten, Getränken oder kostenlosen Telefonaten. Falls nötig, muss sie auch eine Hotelübernachtung bezahlen. Ab welcher Verspätung die Leistungen fällig werden, hängt wiederum von der Streckenlänge ab.
Wann muss die Fluggesellschaft trotz Verspätung nicht zahlen?
Laut Europäischem Gerichtshof kann ein Unternehmen die Zahlung ablehnen, wenn es nachweisen kann, "dass die Annullierung oder die große Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückgeht, die sich auch dann nicht hätten vermeiden lassen, wenn alle zumutbaren Maßnahmen ergriffen worden wären, also auf Umstände, die von dem Luftfahrtunternehmen tatsächlich nicht zu beherrschen sind". Bei Verspätungen wegen Luftraumsperrungen, Streiks oder extremen Wetterbedingungen gehen Kunden also normalerweise leer aus.
Wohin können sich Passagiere wenden, wenn sich die Fluggesellschaft bei Ansprüchen auf Entschädigung querstellt?
Die meisten Fluggesellschaften reagieren nach Einschätzung von Verbraucherschützen zögerlich, wenn sie mit Ansprüchen konfrontiert werden. Bei einer Umfrage aus dem Jahr 2010 beklagten drei Viertel der Teilnehmer, dass ihnen auch auf Nachfrage keine Entschädigung angeboten wurde und sie oft hingehalten wurden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) empfiehlt, sich an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr zu wenden.
Warum plant Brüssel eine Neufassung der Fluggastrechte-Verordnung?
Die Fluggesellschaften haben die bisherige Regelung wiederholt als übermäßige Belastung kritisiert. Jetzt wollen die EU-Verkehrsminister die Verordnung ändern. Künftig soll es nach einem Vorschlag der EU-Kommission erst ab einer Verspätung von fünf, neun oder zwölf Stunden eine Entschädigung geben. Dies trage auch den "finanziellen Folgen für die Luftfahrtbranche Rechnung", erklärte die Kommission. Eine Entscheidung im Ministerrat, in dem die europäischen Regierungen vertreten sind, steht noch aus; im Anschluss muss das Ergebnis zunächst dem Europaparlament vorgelegt werden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) lehnt eine Änderung zulasten der Flugpassagiere ab. Die EU dürfe nicht "die Interessen der nationalen Unternehmen über die Belange der Verbraucher stellen", so vzbv-Geschäftsbereichsleiter Holger Krawinkel.
Quelle: ntv.de, ino/dpa