Keine Lust auf Steuererklärung? Lohnsteuerhilfevereine boomen
26.02.2014, 10:43 UhrWer seine Steuererklärung vom Steuerberater erledigen lässt, zahlt dafür je nach Aufwand ab 200 Euro aufwärts. Lohnsteuerhilfevereine machen das oft günstiger. Und sie bieten mehr Service als nur die Steuererlärung.

Wer sich nicht allein mit dem Finanzamt herumschlagen möchte, findet bei Lohnsteuerhilfevereinen Unterstützung.
(Foto: dpa)
Die Steuererklärung rangiert auf der Liste der beliebtesten Freizeitbeschäftigungen ungefähr auf einer Stufe mit der jährlichen Zahnarztkontrolle oder dem Kelleraufräumen: ganz weit unten. Aber wenigstens wird der Aufwand belohnt: Um die 900 Euro bekamen Arbeitnehmer zuletzt im Durchschnitt zurück. Um möglichst viel herauszuholen, setzen immer mehr Steuerpflichtige auf professionelle Hilfe. Vor allem Lohnsteuerhilfevereine freuen sich als preisgünstige Alternative zum Steuerberater über großen Zulauf. Rund drei Millionen Steuerzahler sind bereits Mitglied in einem der rund 850 Lohnsteuerhilfevereine in Deutschland.
Für ihre Mitglieder erstellen die Vereine nicht nur die Einkommensteuererklärung, sondern legen notfalls auch Einspruch gegen den Steuerbescheid ein und führen einen Rechtsstreit vor dem Finanzgericht. Viele Mitarbeiter der Lohnsteuerhilfevereine sind ehemalige Finanzbeamte. Sie wissen, worauf es in der Steuererklärung ankommt und was in welche Spalte eingetragen werden muss. Darüber hinaus helfen sie bei Fragen rund ums Finanzamt, etwa zur Steuerklasse, zur Abgeltungssteuer oder zum Riester-Bonus. Sie stellen auch Anträge, etwa auf Kindergeld oder Lohnsteuerermäßigung.
"Die Mitgliederzahlen steigen seit Jahren", sagt der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Lohnsteuerhilfevereine, Erich Nöll. Nicht nur Frust treibt viele Arbeitnehmer und Rentner in die Vereine: "Viele Steuerzahler haben auch Angst, etwas falsch zu machen." Allein beim größten Lohnsteuerhilfeverein, der Vereinigten Lohnsteuerhilfe, traten im vergangenen Jahr rund 40.000 Mitglieder neu ein.
Beitrag hängt vom Einkommen ab
Die Lohnsteuerhilfevereine sehen sich als Selbsthilfeeinrichtungen. Statt um Alkohol- oder Spielsucht dreht sich bei ihnen alles um die Last mit der Steuer. Mitglied können Angestellte, Beamte oder auch Rentner werden. "Viele unserer neuen Mitglieder sind Rentner", sagt Nöll. Eine Obergrenze für das Jahreseinkommen gibt es nicht, allerdings ist der Jahresbeitrag gestaffelt und liegt in der Regel je nach Einkommen zwischen 50 und fast 400 Euro für Spitzenverdiener. Großgrundbesitzer oder Multimillionäre müssen bei den Lohnsteuerhilfevereinen draußen bleiben: Um Mitglied werden zu können, dürfen maximal 13.000 Euro pro Kalenderjahr aus Mieteinnahmen und Kapitalvermögen erzielt werden, bei Ehepaaren das Doppelte.
Viele Fragen stellen sich Steuerzahler nur einmal im Jahr: Welche Ausgaben werden als Werbungskosten anerkannt? In welcher Höhe können Kosten für den Kindergarten angesetzt werden? Wie viele Kilometer darf man als Entfernung zum Arbeitsplatz in die Steuererklärung eintragen? Welche Steuerklasse-Kombination sollten Ehepaare wählen? Die Profis in den Vereinen kennen die Antworten aus dem Effeff und können Steuererklärungen deshalb auch deutlich schneller bearbeiten. Bei ihrer Arbeit unterliegen die Lohnsteuerhilfevereine dem Steuerberatergesetz und werden von der Finanzverwaltung kontrolliert.
Erstattungsbetrag ausrechnen lassen
Auch wenn die Mitarbeiter in den Lohnsteuerhilfevereinen in aller Regel wissen, was sie tun, sollte man nicht alles aus der Hand geben. Die Stiftung Warentest kam in einem Test von Lohnsteuerhilfevereinen schon vor Jahren zu dem Schluss, dass Steuerzahler vor allem dann eine sinnvolle Hilfe finden können, wenn sie als Kunde auf einige Dinge achten. "Bestehen Sie darauf, dass der Berater die Steuererklärung in verständlicher Art mit Ihnen durchgeht und den voraussichtlichen Erstattungsbetrag errechnet." Auch sollte sichergestellt werden, dass der Berater die steuerliche Situation genau erfasst: Beruf, Kinder, Aus- und Weiterbildung, Dienstreisen, Fachbücher - alles wichtige Stichworte für die Berechnung der Steuer.
Viele Steuerzahler haben ihr Glück mit Steuersoftware versucht, bevor sie in einem Verein Mitglied wurden. Auf eine steuerliche Beratung von Angesicht zu Angesicht müssen sie dabei aber verzichten - und auch der Umgang mit den Programmen ist nicht jedermanns Sache. "Viele haben frustriert hingeschmissen", sagt Mark Weidinger, Vorstand der Lohnsteuerhilfe Bayern, die mit rund 550.000 Mitgliedern zu den größten Lohnsteuerhilfsvereinen gehört. Jedes Jahr kommen Tausende neue Mitglieder hinzu. "Das liegt an dem großen Beratungsbedarf, den der Steuerbürger inzwischen hat."
Der Bund der Steuerzahler empfiehlt allen Steuerzahlern, sich bei Unsicherheiten Hilfe zu holen. "Ob das ein Lohnsteuerhilfeverein ist oder ein Steuerberater, ist Geschmackssache", sagt Isabel Klocke, die dort die Abteilung Steuern leitet. "Die Lohnsteuerhilfevereine und Steuerberater bieten jeweils gute Leistungen an." Für viele Steuerzahler lohnen sich die Mühen: Bei der Vereinigten Lohnsteuerhilfe hat im vergangenen Jahr jedes Mitglied im Schnitt 1117 Euro erstattet bekommen. Mit solchen Zahlen kann sogar ein Steuerbescheid Spaß machen.
Quelle: ntv.de, ino/dpa