Genossenschaftswohnungen Mieter im eigenen Haus
14.06.2010, 10:35 UhrFaire Preise, keine Kündigung wegen Eigenbedarfs, manchmal sogar noch ein bisschen Rendite: Wer Anteile einer Wohngenossenschaft hat, genießt etliche Vorteile - gerade in Großstädten.

Gar nicht spießig: Auch in Vorzeige-Lagen zum Beispiel am Hafen gibt es Genossenschaftswohnungen.
(Foto: dpa)
Die Großeltern hatten es gut gemeint und für ihre Enkeltochter Nicole Tiebe vor 30 Jahren Anteile einer Berliner Wohnungsgenossenschaft gekauft. Schließlich sollte Nicole immer eine erschwingliche Unterkunft finden. Berechtigen die Anteile doch dazu, bei der Genossenschaft eine Wohnung mieten zu können. Besonders in Großstädten mit hohen Immobilienpreisen lohnt es sich nach der Meinung von Experten, den Kauf von Genossenschaftsanteilen zu erwägen.
"Der große Vorteil ist, dass man die Immobilie zu einem fairen Preis bekommt", sagt Monika Kegel, Referentin für den Bereich Genossenschaftsrecht beim GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen. Fair bedeutet, dass sich der Preis im durchschnittlichen Mittel des ortsüblichen Mietspiegels bewegt. "Außerdem sind die Wohnungen sicher", erklärt Kegel weiter. Kündigungen wegen Eigenbedarfs oder Wohnungsverkäufe gebe es kaum. Lediglich, wenn sich jemand etwas zuschulden kommen lässt - zum Beispiel in Zahlungsrückstand gerät - kann ihm gekündigt werden. Außerdem haben die Mieter Mitbestimmungsrecht bei Belangen, die das Haus betreffen, schließlich sind sie ja Miteigentümer der Immobilie.
"Hier liegt aber auch das Risiko", sagt Kai Görner von der Verbraucherzentrale. "Der Erwerb von Genossenschaftsanteilen ist - wie eine Unternehmensbeteiligung - eine Form der Geldanlage." Das bedeute: Erwirtschaftet die Genossenschaft Gewinne, kann sie die Anteilseigner daran beteiligen.
Einlagen theoretisch nicht sicher
Im Umkehrschluss gilt das aber auch für Verluste. "Dass erhebliche finanzielle Einbußen eintreten können, sollte jedem Verbraucher immer gegenwärtig sein", warnt Görner. Denn geht die Genossenschaft bankrott, sind auch die Einlagen der Mieter weg. "Wohnungsgenossenschaften gelten aber als sehr insolvenzsicher", beschwichtigt dagegen Kegel. Aus den vergangenen Jahren sei ihr aus dem GdW-Bereich keine Insolvenz bekannt.
Interessiert sich jemand für eine Wohnung in Genossenschaftsbesitz, wird ihm zunächst die Satzung ausgehändigt. Diese regelt Rechte und Pflichten der Mitglieder. Wer eine Genossenschaftswohnung mieten will, muss meist Mitglied werden. "Für diese Mitgliedschaft zahlen die Mieter etwa ein bis zwei Anteile", sagt Kegel. Weitere kommen dann für das Nutzungsrecht einer Wohnung hinzu. Wie teuer die Anteile sind, hängt von Standort und Größe der Wohnung ab. Insgesamt sind mit 1000 bis 3000 Euro zu rechnen.
Kaution entfällt
Mit diesem Betrag ist das Mitglied dann an der Genossenschaft beteiligt. Dafür entfällt üblicherweise die Kaution. Viele Genossenschaften akzeptieren auch Ratenzahlung. Gekündigt werden können die Anteile in der Regel zum Jahresende. "Die Kündigungsfrist beträgt meist zwei Jahre", sagt Kegel. Die Genossenschaftsanteile - nicht die Wohnung - sind vererbbar.
Besonders interessant sind Genossenschaftswohnungen für Menschen, die in Städten leben, wo Wohnungen knapp sind und Eigentum teuer ist. "Arbeitnehmer mit mittlerem Einkommen können es sich in München kaum leisten, ein Haus oder eine Wohnung zu kaufen", erklärt Monika Schmidt-Balzert vom Mieterverein München. Auch günstige Mietwohnungen seien in der bayerischen Landeshauptstadt nur schwer zu bekommen.
Quelle: ntv.de, dpa