Urteile zum Kindergeld Wann der Fiskus zahlen muss
17.09.2009, 08:22 UhrBei Lehrlingen und Studenten ohne Einkommen liegt der Fall klar: Ihre Eltern bekommen weiter Kindergeld, solange der Sohn oder die Tochter in der Berufsausbildung steckt.
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Wer sich nach der Volljährigkeit für alternative Formen der Berufsorientierung oder des sozialen Engagements entscheidet, hat es dagegen oft schwer. Ob sie Ausbildungscharakter haben, entscheiden dann oft die Gerichte.
Häufig sind die Ausbildungs-Biografien für die pauschale Regelung zum Kindergeldanspruch heute nicht mehr ausreichend. Sie fußt auf zwei Punkten: "Zu beachten sind die Altersgrenze - und die Grenze für Einkünfte und Bezüge", erklärt Uwe Rauhöft vom Neuen Verband der Lohnsteuerhilfevereine (NVL). Für minderjährige Kinder gibt es in jedem Fall Kindergeld, für solche in einer Berufsausbildung seit 2007 bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres.
"Und ein volljähriges Kind darf nicht mehr als 7680 Euro im Jahr verdienen - das ist die Kindergeld-Einkünftegrenze", sagt Olaf Schulemann vom Karl-Bräuer-Institut des Bundes der Steuerzahler. Anfang 2010 steigt der Betrag auf 8004 Euro. Werbungskosten und andere abzugsfähige Aufwendungen können bei der Ermittlung der Jahreseinkommenssumme gegengerechnet werden. So kann es sein, dass die Einkünfte ein wenig höher sind, der Kindergeldbezug aber dennoch erhalten bleibt.
Fallbeilregelung bindend
Der Betrag darf allerdings auf keinen Fall überschritten werden: Das hat das Bundesverfassungsgericht jüngst entschieden - die Richter betonten, die sogenannte Fallbeilregelung sei bindend. Überschreiten die Einkünfte den Grenzbetrag also nur um einen Euro, erlischt der Anspruch auf Kindergeld (Az.: 2 BvR 1874/08).
Was eine Ausbildung ist, ist allerdings ein möglicher Streitpunkt: Eine betriebliche Ausbildung oder ein Hochschulstudium gehören dazu. Für eine Übergangszeit von bis zu vier Monaten - etwa zwischen Abitur und Studienaufnahme - wird das Kindergeld weitergezahlt. Auch die Vorbereitung auf das Abitur (Az.: III R 26/06) oder eine Prüfungswiederholung in Eigenregie im Rahmen der betrieblichen Ausbildung (Az.: III R 85/08) können unter Umständen den Anspruch auf Kindergeldzahlung begründen, entschied der Bundesfinanzhof.
Im Wehr- und Zivildienst dagegen wird zum Beispiel kein Kindergeld gezahlt. Die Dienstzeit wird aber auf den möglichen Bezugszeitraum aufgeschlagen. "Denn es wird damit gerechnet, dass das Kind aufgrund der Dienstzeit mit seiner Ausbildung später fertig wird", sagt Rauhöft. Selbst auf das Studium folgende Ausbildungsstationen können den gesetzlichen Rahmen erfüllen: So entschied das Finanzgericht Münster, dass eine Trainee-Anstellung auch dann zur Berufsausbildung gehören kann, wenn sie an ein fertiges Hochschulstudium anschließt (Az.: 4 K 41113/07).
Ausbildungsinhalte müssen überwiegen
Nicht nur der "erstmalige Erwerb theoretischer und praktischer Fähigkeiten" zählt demnach zur Ausbildung. Voraussetzung sei aber, so der Bund der Steuerzahler, dass das Programm überwiegend aus Ausbildungsinhalten besteht und der Teilnehmer Unterweisungen von Vorgesetzten unterworfen ist.
"Volontariate, Referendariate für Lehrer und Juristen, eine Promotion im Anschluss an das Studium - auch sie zählen dazu", ergänzt Rauhöft. So stehe es etwa in den Dienstanweisungen der Familienkassen, die den Kindergeldanspruch prüfen. Die Logik des Gesetzes sei die, dass Eltern auch in der Ausbildung weiter für den Unterhalt des Kindes aufkommen müssen.
Schulemann weist auf einen weiteren Punkt hin: "Es gibt nach der Logik des Gesetzgebers förderungswürdige Ersatzdienste und andere. Wichtig ist: Wie groß ist der Entgelt-Charakter, ist es also eher ein Job - oder stehen soziales Engagement oder der Ausbildungscharakter im Vordergrund?" Hier entscheiden im Zweifelsfall oft die Gerichte.
Freiwilligendienste
So stellte der Gesetzgeber jüngst klar, dass Jugendliche im "Freiwilligendienst aller Generationen" grundsätzlich Anspruch auf Kindergeld haben. Er wurde damit dem Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) und dem Freiwilligen Ökologischen Jahr (FÖJ) gleichgestellt, wie der NVL erläutert - auch für diese Zeiten sieht der Gesetzgeber grundsätzlich einen Kindergeldanspruch vor.
Ein "freiwilliger Hilfsdienst" ist laut dem Bundesfinanzhof anders einzuschätzen: In dem Fall klagte ein Vater auf Gewährung des Kindergeldes für den Zeitraum, in dem seine Tochter einen Einsatz für die "Aktion Sühnezeichen Friedensdienste" in Norwegen absolvierte (Az.: III R 33/07). Solche Dienste erfüllten nicht die gesetzlichen Voraussetzungen dafür, dass währenddessen Kindergeld gezahlt wird.
Quelle: ntv.de