Tauben- und Touristendreck weg Turm von Pisa glänzt wieder
22.12.2010, 08:05 UhrDer berühmte Schiefe Turm von Pisa war "in einem entsetzlichen Zustand". Salz, Tauben und Touristen hatten ihn arg verschmutzt. Nun wurde er viele Jahre lang gereinigt - alle 24.424 Steinquader. Das hat ein paar Millionen Euro verschlungen - aber es kommen ja jedes Jahr auch Millionen Touristen, um ihn zu sehen.

1987 wurde das Ensemble aus Turm, Kathedrale, Baptisterium und Friedhof von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt. (Archivbild von April 2006)
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Ein eisiger Wind pfeift um den Schiefen Turm von Pisa. Hoch oben zieht Marco Berettini seinen Hut über die Ohren und sucht hinter einer mittelalterlichen Säule Schutz. Seit Jahren befreit Berettini das weltberühmte Bauwerk von Meersalz, Taubendreck und Touristenkritzeleien. Mit Lasergeräten, Meißeln und Spritzen arbeiteten zehn Restauratoren acht Jahre und drei Monate daran, den 56 Meter hohen Turm mit seinen 24.424 Steinquadern zu reinigen. Im Februar endlich soll das Gerüst - eine Spezialanfertigung wegen der Neigung des Turms - abgebaut werden.
"Man muss mit Leidenschaft bei der Sache sein, wenn man den Turm retten will, sonst könnte man nie bei Tagesanbruch aufstehen und den ganzen Tag in Schieflage verbringen", sagt der 41-jährige Berettini. Nur zwölf Kilometer von der Mittelmeerküste entfernt wird der steinerne Koloss oft von Stürmen heimgesucht. Und in den glühend heißen Sommern der Toskana bieten die breiten, offenen Bögen kaum Schatten. "Die Bedingungen sind extrem, und wir müssen oft bei hohen Temperaturen arbeiten", berichtet Berettini. "Aber den Job macht man aus Liebe."
Luftverschmutzung, Touristen und Tauben
Der charakteristische gelbliche Stein stammt aus den Steinbrüchen von San Giuliano, die von der Turmspitze aus in den grünen Hügeln hinter Pisa zu sehen sind. "Die Steine waren in einem entsetzlichen Zustand, vor allem wegen der Luftverschmutzung, aber auch Touristen und Tauben haben dazu beigetragen", sagt der Chefrestaurator Anton Sutter.

Während der Besetzung durch protestierende Studenten Ende November 2010.
(Foto: picture alliance / dpa)
"Die Säulen sind mit Kapitellen geschmückt: Blumen, schaurigen Fratzen, Phantasietieren", erklärt er. Viele seien durch das vom Wind hergetragene Meersalz sowie das Regenwasser, das sich an manchen Stellen aufgrund der Neigung des Turms sammele, beschädigt worden. Im Zuge der Arbeiten sei zudem das Beton aus früheren Restaurierungen entfernt worden. "Und wir haben die Steine vom Taubenkot, von Graffiti und Fingerabdrücken der Touristen gereinigt, die sich abstützen, um auf den gewundenen Treppen ihr Gleichgewicht zu halten."
Der Legende nach wurde der Turm 1173 begonnen. Eine Adelige aus Pisa hatte demnach der Stadt 60 Münzen vermacht für die Errichtung eines prächtigen Glockenturms. Nachdem drei Stockwerke fertig waren, kippte der Bau und sank auf einer Seite mit den Grundmauern ein. Obwohl sich seither zahllose Architekten und Ingenieure an seiner Stabilisierung versuchten, behielt der Turm einen Neigungswinkel von gut vier Grad bei. 1987 wurde er von der Weltkulturorganisation UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt, 1990 allerdings für die Öffentlichkeit geschlossen - aus Angst, er könnte umstürzen.
Für die nächsten 200 Jahre sicher
"Der Turm stand kurz vor dem Kollaps", sagt Giuseppe Bentivoglio von der Organisation Opera Primaziale, die für die Instandhaltung des Monuments zuständig ist. "Aber wir schafften es, das Abkippen zu stoppen und ihn zu stabilisieren. Jetzt besteht mindestens für die nächsten 200 Jahre kein Risiko."
2001 wurde das Wahrzeichen der Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. Seither ist der Turm geöffnet - auch während der noch andauernden Restaurierungsphase. Schließlich soll der Strom von bis zu einer Million Besuchern jährlich nicht abreißen - mit dem Erlös der Eintrittskarten wird die Instandhaltung teilweise finanziert.
Rund sieben Millionen Euro verschlangen die Arbeiten. Wegen der weltberühmten Schieflage und des instabilen Untergrundes musste ein spezielles Gerüst gebaut werden, das ein Team von Bergsteigern von Stockwerk zu Stockwerk nach oben verschob. Bald haben die Alpinisten ihren letzten Einsatz am Turm - um die Stangen abzubauen. Der 33-jährige Urlauber Chrisjo Kunnathettu aus Deutschland ist begeistert: "Es war bestimmt nicht einfach, aber der Turm ist ein Stück Geschichte. Es wäre eine Schande, ihn nicht zu erhalten."
Quelle: ntv.de, Ella Ide, AFP