Eins der weltgrößten Designmuseen Zeitreise mit Victoria und Albert
14.11.2011, 13:39 Uhr
Mit Wasserspielen und Cafe: Innenhof des Victoria and Albert Museums in London.
(Foto: Andrea Beu)
Das einfache Volk auf den Geschmack bringen - das war im wahrsten Sinne Ziel von Queen Victoria und ihrem Mann Albert, als sie ihr Museum für Kunsthandwerk gründeten. Ein Gang durch das "V&A" ist wie eine Reise in der Zeitmaschine. Zum ersten Mal kommt dessen faszinierende Geschichte nun ins Ausland - und zwar nach Deutschland.
Kostbare Stoffe und Porzellan aus fernen Ländern, neueste technische Erfindungen, oder die letzten Tapetenmuster aus Paris - wer in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mitreden wollte, der musste ins Londoner Victoria and Albert Museum. Etwa um 1851 hatte der deutschstämmige Ehemann der britischen Königin Victoria, Albert von Sachsen-Coburg und Gotha, angefangen, eine Sammlung von Kunsthandwerk aus der ganzen Welt zusammenzustellen und dem einfachen Volk zugänglich zu machen.
Heute ist das Victoria and Albert Museum (V&A) eines der wichtigsten und größten Design-Museen der Welt. Vom 18. November bis zum 15. April 2012 ist es in der Bundeskunst- und Ausstellungshalle in Bonn zu Besuch und stellt sich mit mehr als 400 Objekten vor. Zwischen Deutschland und dem Museum bestehen gleich auf mehreren Ebenen enge Verbindungen, berichtet V&A-Direktor Martin Roth in London. Roth ist Deutscher und seit Kurzem Chef des weltberühmten Hauses.

Aquarell aus dem Victoria and Albert Museum von William Linnaeus Casey aus dem Jahr 1857. Es zeigt den zweiten Raum des Marlborough House.
(Foto: dpa)
Ein Gang durch das V&A ist wie eine Reise in der Zeitmaschine, ein Ausflug in einen Historienfilm. Sind die Exponate doch meistens ziemlich einfach zugänglich: Ein Fußboden aus der italienischen Renaissance, eine Jahrhundertealte deutschsprachige Zeitung, Tassen, Teller, Besteck, Öfen, Kleidung - es sind vor allem Alltagsgegenstände, die einen echten Einblick in das Leben vergangener Zeiten und Kulturen geben. Dazu kommen Bilder, Statuen, Wandbehänge; sogar ganze Teile von Bauwerken sind zu sehen.
Nie Gesehenes und Neues
Bei seiner Eröffnung war das Museum denn auch eine Sensation. Nie gesehene Dinge wurden gezeigt, und außerdem das Neueste, das es bei Design und Technik gab. "Das Museum hatte vor allem zwei Funktionen", sagt Julius Bryant, der im V&A für die Abteilung Wort und Bild zuständig und Kurator der Bonner Schau ist. "Es sollte den Geschmack des Volkes positiv beeinflussen, und das Industriedesign und damit die Wettbewerbsfähigkeit Großbritanniens fördern." So gab es Tage mit freiem Eintritt, Seminare, Vorträge und preiswerte Publikationen.

Marmorbüste des Prinzen Albert aus dem Victoria and Albert Museum. Sie wurde 1841 von Edward Hodges Baily angefertigt.
(Foto: dpa)
Entstanden war die Idee aus der ersten Weltausstellung von 1851 im Londoner Hyde Park, die auf die Initiative von Prinz Albert zurückgeht. Die Begeisterung für moderne Technik und Design hatte die Breite des Volkes erfasst - sechs Jahre später eröffnete Königin Victoria deshalb ein Museum zum Kunsthandwerk im Londoner Stadtteil South Kensington. In ganz Europa folgte man ihrem Beispiel. Erst 1899 wurde der Grundstein für die heutige Heimat des Hauses gelegt, einen prächtigen Bau nicht weit weg vom ersten Museumsstandort. Da erst bekam es auch seinen Namen.
Verbindung nach Deutschland
Die Deutschlandverbindung ist auffällig: Nicht nur stammte Albert von dort, die Museumsmacher holten sich auch Experten aus Deutschland als Berater. "Deutschland war damals Vorreiter bei Bildung und Ausbildung", erklärt Bryant. Die Experten hätten vor dem britischen Parlament Tipps gegeben, wie das Museum am besten aufgebaut werden könnte. Auch kamen viele Exponate aus Deutschland.

Mit Plüsch gepolsterter Lehnstuhl aus Eiche aus dem Victoria and Albert Museum. Er wurde in Coburg um 1851 von Thomas Hoffmeister und Theodor Behrens nach einem Entwurf von Ferdinand Rothbart und Th. Kolb angefertigt.
(Foto: dpa)
Albert selber hatte in seiner Studentenzeit zwei Jahre an der Bonner Universität verbracht und dort unter anderem bei August Wilhelm Schlegel und Johann Gottlieb Fichte gelernt. Dort sei sein Bildungsideal maßgeblich geprägt worden, sagt Bryant.
Noch nie zuvor hat das V&A so viele seiner insgesamt mehr als zwei Millionen Objekte zusammen verliehen wie für die Bonner Schau, heißt es von der Kunst- und Ausstellungshalle. Möbel sind dabei, Schmuck, Keramik, Textilien, Skulpturen. Auch Exponate aus Indien, Japan, China und dem Mittleren Osten werden hergegeben. Dabei seien auch einige Objekte, die nach heutigem Geschmack wohl eher als hässlich gelten würden, erklärt Bryant. Genau das ist aber schließlich Teil der Faszination des V&A: Sehen, wie Geschmäcker sich ändern.
Quelle: ntv.de, Britta Gürke, dpa