Drei Titel in elf Monaten 500 Millionen für den Erfolg
01.07.2009, 12:26 UhrNach 16 Jahren ohne Titel räumt Deutschlands Fußball-Nachwuchs derzeit kräftig ab. Doch der Erfolg kommt nicht von ungefähr. Rund eine halbe Milliarde Euro haben die EM-Titel der U17, U19 und U21 gekostet.

Die deutschen U21-Spieler nach ihrem 4:0-Erfolg gegen England.
(Foto: AP)
Der dreifache Erfolg des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) verlangte nicht nur den Schweiß der Spieler, sondern hatte auch seinen Preis. Rund eine halbe Milliarde Euro haben die EM-Titel der U17, U19 und U21 den Verband und die Deutsche Fußball Liga (DFL) gekostet, und dabei ist die jüngste Prämie für die U21-Europameister nach dem 4:0-Erfolg gegen England (12.000 Euro pro Spieler) noch nicht einmal eingerechnet.
Die einstige DFB-Doppelspitze Zwanziger/Mayer-Vorfelder war selten von Harmonie geprägt, doch nach dem deutlichen Sieg gegen das Fußball-Mutterland am Montag gelang dem derzeitigen Präsidenten Theo Zwanziger eine große Geste. Die Goldmedaille, die auch Zwanziger als Verbands-Boss für den Gewinn der U21-Europameisterschaft erhielt, reichte er an seinen Vorgänger Gerhard Mayer-Vorfelder weiter.
Nachwuchsförderung statt Transfers

Ex-Verbands-Boss Mayer-Vorfelder erklärte die Nachwuchsförderung einst zur Chefsache.
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Der hatte nach dem Nationalmannschafts-Desaster bei der EM 2000 (Ausscheiden in der Vorrunde) in Belgien und den Niederlanden die Nachwuchsförderung zur Chefsache erklärt. Seitdem investiert der DFB jährlich über 25 Millionen Euro in die Nachwuchsförderung. Mehr Stützpunkte, mehr Trainer, mehr Sportschulen.
Die größte Leistung von "MV" aber war es, dass er auch die Klubs vor neun Jahren davon überzeugen konnte, vermehrt in die Nachwuchsförderung statt in Transfers und Gehälter zu investieren. Die 36 Profivereine haben alleine in 2007/08 - das sind die letzten offiziellen Zahlen - fast 70 Millionen Euro in ihre Leistungszentren investiert. Damit haben DFL und DFB seit der EM 2000 gemeinsam über 500 Millionen Euro für den Nachwuchs ausgegeben.
Umdenken bei den Vereinen
DFL-Geschäftsführer Holger Hieronymus, als Ex-Profi mit den Problemen vertraut, hat ohnehin längst ein Umdenken bei den Vereinen festgestellt. Im Gegensatz zu früher sind fast alle U21-Spieler bereits Stammkräfte in der 1. und 2. Liga. "Der EM-Kader der U21 mit seinen 23 Spielern hat insgesamt schon 1395 Einsätze in der Bundesliga und der 2. Bundesliga verbucht", sagte Hieronymus dem Sport-Informations-Dienst (SID).
Grund für den Erfolg ist auch der von der Liga ausgeübte Zwang, dass jeder Klub ein Nachwuchszentrum haben muss, um eine Lizenz zur Teilnahme am Profifußball zu erhalten. So durfte Borussia Dortmund jahrelang nur mit einer Ausnahmegenehmigung in der Bundesliga bleiben, weil kein Gelände für ein Trainingszentrum zu finden war. Kritik kam auf, da einige Bundesligisten lieber in Beine statt in Steine investieren wollten. Das Problem ist inzwischen vorbildlich geregelt.
Auf dem richtigen Weg

UEFA-Präsident Platini hält den deutschen Weg für richtig.
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Aus den Einnahmen der Champions League erhält die DFL jährlich rund vier Millionen Euro für die Nachwuchsarbeit. Um diese Einnahmen gerecht zu verteilen, hat die DFL ein Zertifizierungssystem eingeführt, in dem Sterne wie bei Köchen je nach Qualität vergeben werden. Entsprechend werden die Gelder verteilt. Natürlich wollen die Vereine nicht, dass die entsprechende Tabelle veröffentlicht wird, doch Bayer Leverkusen, der TSV 1860 München und Borussia Mönchengladbach liegen offenbar weit vorne.
Die Liga investiert nicht uneigennützig. Es geht darum, den Nachwuchs zu fördern, um teure Transfers und überzogene Gehälter zu vermeiden. Hilfreich ist in diesem Zusammenhang auch die begleitende 4+4-Regelung, wonach vier Spieler aus dem Kader im Verein und vier im Bereich des DFB ausgebildet sein müssen.
"Wenn man weiß, dass vor Jahren die Spanier nahezu sämtliche Jugendjahrgänge europaweit dominiert haben, muss einem um die Zukunft des Profi-Fußballs in Deutschland nicht bange sein", meinte Ligaverbands-Präsident Reinhard Rauball. Und UEFA-Präsident Michel Platini sagte dem SID: "Ich halte den deutschen Weg für richtig. Leider gehen ihn nicht alle Vereinspräsidenten in Europa mit."
Quelle: ntv.de, Rainer Kalb, sid