Weltsport bangt um Milliarden Absage der Sommerspiele bleibt ein No-Go
30.01.2021, 10:40 Uhr
Die Spiele? Ein Muss.
(Foto: imago images/Laci Perenyi)
Eine Absage der Sommerspiele in Tokio wegen der Pandemie hätte für den internationalen Sport und die olympische Bewegung verheerende Folgen. Zahlreiche Weltverbände wären in ihrer Existenz bedroht. Die nackten Zahlen legen das Ausmaß der gewaltigen Bedrohung dar.
Thomas Bach kämpft derzeit an vielen Fronten um Olympia. Die Sommerspiele in Tokio sollen und müssen trotz der weltweit heiklen Coronalage stattfinden - dafür mobilisiert der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) alle Kräfte. Und geeint wie selten steht die Sportlerfamilie weltweit hinter ihrem Chef. Denn allen Beteiligten ist klar: Nicht nur für die Sportler wäre eine Absage der Sommerspiele fatal, die Olympische Bewegung stünde wirtschaftlich vor tiefen Einschnitten.
Es geht um Milliarden. "Das wäre der finanzielle Super-GAU", sagte der Sportmarketingexperte Dennis Trautwein, Geschäftsführer der Consulting- und Full Service-Agentur Octagon in Deutschland, "Ertragsquellen würden wegbrechen, Verbände, Organisationen und Sportler gerieten in Existenzängste". Zwar versichert sich das IOC seit den Spielen 2004 in Athen gegen einen Ausfall, "um das Risiko abzuschwächen" (Annual Report des IOC), doch wie hoch diese Summe ist, ist unklar.
Rund drei Viertel der IOC-Einnahmen stammen aus den TV-Rechte-Erlösen, allen voran NBC. Finden keine Spiele statt, fehlt dem US-Sender die Gegenleistung. "Die Medieneinnahmen sind das größte Risiko", sagte Trautwein, "damit entstünde ein signifikantes Finanzierungsloch." In 2020 habe es zwar noch eine große Solidarität gegeben, "aber diese ist endlich", so der Experte von Octagon, der weiß: "Es finden bereits entsprechende Diskussionen statt."
15 Top-Sponsoren des IOC bleiben an Bord
Die 15 Top-Sponsoren des IOC sind an Bord geblieben. Aber auch hier stellt sich die Frage: Wie lange gibt man sich solidarisch? "Wenn nicht, könnte es zu Kompensationszahlungen kommen. Gelder, die der olympischen Bewegung fehlen würden", erklärte Trautwein. Die nackten Zahlen legen das Ausmaß der Bedrohung dar: Im Olympiazyklus von 2013 bis 2016 mit den Spielen in Sotschi (Winter) und Rio (Sommer) nahm das IOC 5,7 Milliarden Dollar ein. Rund 90 Prozent gab das IOC weiter: an die 32 Weltverbände, die Nationalen Olympischen Komitees, an unzählige Hilfs- und Entwicklungsprojekte.
Täglich fließen so pro Tag rund 3,4 Millionen Dollar vom IOC an den Weltsport. "Wenn dies wegfällt, wäre das weltweit zu spüren", sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann. Auch "sein" Deutscher Olympischer Sportbund (DOSB) und die 205 NOKs weltweit hätten mächtig zu knabbern. Der deutsche Dachverband erhält aus der Olympiavermarktung des IOC, von Olympic Solidarity und durch die nationalen Vermarktungserlöse aus den Rechten, die das IOC dem DOSB erlässt, 30 Millionen Euro pro Olympiade. Fällt dieser Betrag weg, so Hörmann, "würde das den Stützpunkt in Oberstdorf genauso treffen wie den Eiskanal in Augsburg".
Noch viel größer wären die Sorgen bei den Weltverbänden, vielen würde bei einem Abdrehen des Geldhahns der K. o. drohen. Thomas Weikert, der deutsche Präsident des Internationalen Tischtennis-Verbandes ITTF, sagte dem SID: "Wir erhalten in einem Olympiazyklus 18 Millionen Dollar vom IOC. Das macht 20 Prozent unseres Etats aus. Wir würden zwar nicht untergehen, müssten aber bei unseren weltweiten Aktivitäten deutlich sparen." Die ITTF steht damit vergleichsweise gut da. "Ich weiß von Weltverbänden, da machen die IOC-Zuwendungen bis zu 90 Prozent des Etats aus", sagte Weikert. Aufzufangen wäre dies kaum. Die Sportwelt würde sich bei einer Absage einschneidend verändern. Und dies nicht zum Guten.
Quelle: ntv.de, tno/sid