Sport

Stattliche Trauerfeier in Barcelona Abschied von Samaranch

Samaranchs Leichnam wurde vor der Trauerfeier im Palast der katalanischen Regional-Regierung aufgebahrt.

Samaranchs Leichnam wurde vor der Trauerfeier im Palast der katalanischen Regional-Regierung aufgebahrt.

(Foto: dpa)

In Barcelona huldigen hunderte Menschen dem am Mittwoch verstorbenen Juan Antonio Samaranch, darunter zahlreiche Spitzensportler und Politiker. Mit dem Tod des langjährigen IOC-Präsidenten setzt auch die Verklärung seines Schaffens ein, das vielfach auf seine Erfolg reduziert wird. Kritische Stimmen gibt es wenige.

Mit einer bewegenden Zeremonie hat die Welt des Sports und der Politik Abschied vom früheren IOC-Präsidenten Juan Antonio Samaranch genommen. Der am Mittwoch gestorbene Spanier sei ein vorbildlicher Verfechter der olympischen Werte gewesen, sagte der spanische König Juan Carlos: "Barcelona, Katalonien und das übrige Spanien verloren einen ihrer Söhne mit der größten weltweiten Ausstrahlung."

Jacques Rogge, Samaranchs Nachfolger als IOC-Präsident, würdigte den Verstorbenen als wichtigsten Anführer der Olympischen Bewegung seit Pierre de Coubertin.

Jacques Rogge, Samaranchs Nachfolger als IOC-Präsident, würdigte den Verstorbenen als wichtigsten Anführer der Olympischen Bewegung seit Pierre de Coubertin.

(Foto: AP)

Juan Carlos und Königin Sofía erwiesen Samaranch auf einer großen Trauerfeier in der Kathedrale von Barcelona die letzte Ehre. Der Leichnam sollte später in einer Zeremonie im engsten Familienkreis in der Nähe des Olympiastadions eingeäschert werden. IOC-Chef Jacques Rogge würdigte seinen Vorgänger als eine der wichtigsten Figuren in der Geschichte der modernen Olympischen Spiele. Seine Bedeutung werde nur von der des französischen Begründers Pierre de Coubertin übertroffen. "Samaranch machte die Spiele zu dem, was sie heute sind: das erste Sportereignis der Welt", betonte Rogge.

"Gute Reise in die Ewigkeit!"

Samaranchs Leichnam war vor der Trauerfeier im Palast der katalanischen Regional-Regierung aufgebahrt worden. Beim Eintreffen des mit einer Olympia-Flagge bedeckten Sargs wurde die olympische Hymne gespielt. In dem Regierungsgebäude hatte Samaranch gegen Ende der Franco-Diktatur (1939-1975) als Chef der Provinzverwaltung von Barcelona amtiert.

Der spanische Kronprinz Felipe verabschiedete Samaranch mit den Worten: "Danke, Juan Antonio, und gute Reise in die Ewigkeit!" Samaranchs Tochter María Teresa erinnerte daran, dass der Sport für ihren Vater eine "zweite Familie" gewesen sei. Zum Abschluss der Zeremonie wurde Samaranchs Lieblingslied "Amigos para siempre" (Friends For Life) gespielt, das Andrew Lloyd Webber für die Olympischen Spiele 1992 in Barcelona geschrieben hatte.

Samaranchs Sarg wurde von Sportpersönlichkeiten wie dem Tennisspieler Rafael Nadal getragen.

Samaranchs Sarg wurde von Sportpersönlichkeiten wie dem Tennisspieler Rafael Nadal getragen.

(Foto: AP)

Anschließend erwiesen Hunderte von Bürgern Samaranch die letzte Ehre. "Ich kannte ihn nicht persönlich, aber er war für mich wie ein Mitglied meiner Familie", sagte die 80-jährige Rentnerin Trinidad Monge. Der 72 Jahre alte Josep María Mas hatte sogar eine Plakette für den Gewinn der katalanischen Tischtennis-Meisterschaft 1957 mitgebracht. "Die hat Samaranch mir damals überreicht", sagte er stolz. Aktive und ehemalige Sportler, darunter der Tennisstar Rafael Nadal, trugen den Sarg später aus dem Regierungspalast in die Kathedrale.

Karrierestart unter Diktator Franco

Samaranch hatte seine Karriere als Sportfunktionär während der Diktatur von Francisco Franco begonnen, dem er stets loyal diente und von dem er sich auch später nicht distanzierte. Nach dem Tod des Diktators im Jahr 1975 wurde der überzeugte Franquist als spanischer Botschafter nach Moskau versetzt. Dort wurde er angeblich als KGB-Agent angeworben. Sicher ist, dass er 1980 auf der IOC-Session in Moskau zum IOC-Präsidenten gewählt wurde.

In seiner bis 2001 währenden Amtszeit erneuerte er die Spiele von Grund auf. Er strich den Amateurparagrafen, öffnete die Wettbewerbe für Profis und baute das Olympia-Programm aus. Mit dem wachsenden wirtschaftlichen und politischen Einfluss machte er das IOC aber auch anfällig für Korruption. Am Mittwoch starb Samaranch in seiner Heimatstadt Barcelona an Atem- und Herzstillstand.

Huldigungen von allen Seiten

Persönlichkeiten aus dem Sport und der Politik in aller Welt würdigten das Lebenswerk des Spaniers, die spanische Fußball-Liga lässt am Wochenende bei allen Punktspielen eine Gedenkminute für Samaranch einlegen. Kritische Stimmen gehen im Chor der Lobpreisungen unter. "Es ist kaum möglich, all seine Verdienste um die Entwicklung der olympischen Bewegung aufzuzählen", sagte der russische Regierungschef Wladimir Putin: "Juan Antonio Samaranch trug zur Völkerverständigung bei." Der zweimalige Olympiasieger Sebastian Coe aus Großbritannien rühmte Samaranch als den "intuitivsten Leader, den ich je getroffen habe".

Hunderte nahmen in Barcelona Abschied von Samaranch.

Hunderte nahmen in Barcelona Abschied von Samaranch.

(Foto: AP)

Die Medien im Heimatland des Ex-IOC-Präsidenten verneigten sich wie gewohnt mit Superlativen vor dem wohl wichtigsten Sportfunktionär des 20. Jahrhunderts. Für "Marca" war Samaranch "der Papst des Sports". Das Fachblatt "Sport" schrieb: "Der Herr des Sports sagt adiós. Die olympische Flamme erlischt." Auch die internationale Presse rühmte größtenteils den Katalanen. "Er hat dem olympischen Sport ein neues Gesicht gegeben", meinte die italienische "La Gazzetta dello Sport". Für die schwedische Zeitung "Svenska Dagbladet" war Samaranch "fast ein olympischer Gott. Er hat das IOC und die Spiele gerettet."

Unversöhnlich zeigte sich derweil die norwegische Zeitung "Aftenposten": "Samaranch bleibt in Erinnerung als Symbol für eine undemokratische Bonzenherrschaft, die sich immer weiter von den olympischen Idealen entfernt hat."

Quelle: ntv.de, cwo/dpa

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