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Boxstar mit "Angst in den Augen" Angeklingelter Fury blamiert sich trotz Sieg gegen Ngannou

Spektakuläre Hauerei in Riad.

Spektakuläre Hauerei in Riad.

(Foto: REUTERS)

Schwergewichts-Weltmeister Tyson Fury gewinnt den Showkampf gegen Francis Ngannou trotz eines Niederschlags nach Punkten. Der Brite hatte im Duell mit dem früheren UFC-Fighter, der von Box-Legende Mike Tyson trainiert wurde, unerwartet große Probleme.

Brot und Spiele in einer neuen Dimension: Der Showkampf zwischen Box-Superstar Tyson Fury und dem früheren UFC-Star Francis Ngannou in der saudischen Hauptstadt Riad ist an Gigantismus kaum zu toppen. In Massen war die Weltelite des Sports in die Kingdom-Arena geströmt. Der Plan der saudischen Organisatoren ging nach wochenlangem Marketing auf, das Sportswashing-Event lockte - und scheffelte Millionen ein. Der portugiesische Ronaldo war da, der brasilianische ebenfalls. Auch Promis aus der Unterhaltungswelt waren zuhauf am Ring, etwa Rapper Eminem oder Kanye West.

Wer sich das gehypte Duell um den Titel "baddest man of the planet" aus Deutschland aus angucken wollte, musste dagegen bei DAZN trotz Abo zusätzlich 14,99 Euro zahlen. Irgendwo muss das Geld ja herkommen: Von einer 50- bis 100-Millionen-Dollar-Börse für den Kampf war die Rede. Den gewann nach zehn wilden Runden zwar der Boxer Fury hauchdünn nach Entscheidung der Kampfrichter (96:93, 95:94, 94:95), den Titel als "bösester Mann der Welt" verdiente sich indes Ngannou.

Im Netz wurde das Urteil heftig diskutiert. Viele User sprachen gar von einem Skandal. Fury war als absoluter Favorit in das ungleiche Duell gegangen, im Vorfeld sprach der 35-Jährige davon, sein Gesicht im Falle einer Niederlage "nie wieder in der Öffentlichkeit zeigen zu können". Der Franko-Kameruner Ngannou hatte zuvor nie nach herkömmlichen Boxregeln gekämpft - und in Riad alle mehr als nur überrascht.

"Ngannou hat Angst und Schrecken verbreitet"

Mike Tyson hatte Francis Ngannou bestens vorbereitet.

Mike Tyson hatte Francis Ngannou bestens vorbereitet.

(Foto: REUTERS)

"Dieser Sieg ist eine Blamage für Fury", urteilt ntv.de-Boxanalyst Martin Armbruster. Der 35 Jahre alte Brite, der ein vorzüglicher Kämpfer und ein noch größeres Großmaul ist, bekam gegen seinen ungewöhnlichen Gegner kaum was auf die Kette. In der dritten Runde wurde der bislang noch ungeschlagene Fury mit einem linken Haken sogar niedergestreckt, konnte sich aber davon erholen. Fast schon eine Sensation. Denn niemand hatte im Vorfeld gedacht, dass der seit langer Zeit inaktive UFC-Kämpfer auch nur den Hauch einer Chance haben würde. Im Ring geschah nun aber das Gegenteil. "Ngannou hat Angst und Schrecken verbreitet. Es ist ein absoluter Prestigesieg für ihn. Den Titel als bösester Mann des Planeten hat er definitiv gewonnen. Als in der achten Runde erneut eine Linke bei Fury anklingelte, da habe ich Angst bei ihm gesehen."

Es sollte eigentlich die große Show des Briten werden, der mit einem spektakulären Sieg knallige Grüße an den Ukrainer Oleksander Usyk senden wollte. Am 23. Dezember, so war der Plan, sollte es zum Duell der Box-Stars kommen, der derzeit besten Schwergewichte der Welt. Doch die Grüße waren nicht knallig, sie waren in keinster Weise Angst verströmend. Phasenweise hatten die Versuche von Fury fast Mitleid verdient. "Er hat auf mich gewirkt wie ein irischer Kneipenschläger, seine Versuche waren plump, Ngannou ist auf seine Finten überhaupt nicht eingestiegen. Das hat Fury überhaupt nicht verstanden", urteilt Armbruster. Das ist dann vielleicht auch die schmeichelndste Erklärung für die ganz schwache Leistung des Briten, dass er gegen einen Mann boxte, der das klassische Boxen nicht gelernt hat.

Einen Skandal sah Armbruster in dem Urteil allerdings nicht. "Ich habe Fury in sechs Runden knapp vorne gesehen, aber das war boxerisch überhaupt keine gute Leistung. Immerhin hat er indes die größtmögliche Blamage gerade noch abgewendet." Und womöglich musste der Brite diesen Kampf auch gewinnen, um das Duell mit Usyk nicht zu torpedieren.

"Das war definitiv nicht geplant"

In der Vorbereitung auf dieses Duell ließ sich der ehemalige UFC-Superstar von Mike Tyson coachen, dem einst "bösesten Mann des Planeten". Der Käfigkämpfer wagte sich zum ersten Mal überhaupt gegen einen Profi in einen klassischen Boxring. "Er hat viel Wissen über das Boxen. Er wird Francis eine Menge beibringen", lobte Fury die Legende Tyson im Interview mit der "Daily Mail". Und so war es auch. Ngannou, der laut "Guinessbuch der Rekorde" den härtesten Schlag der Welt besitzt, setzte Fury immer wieder zu. Andersrum prallten die Schläge des Briten an dem Hünen aus Kamerun ab, als wären sie nicht mehr als Streicheleinheiten.

Tyson Fury sagte: "Das war wahrscheinlich mein härtester Kampf seit zehn Jahren."

Tyson Fury sagte: "Das war wahrscheinlich mein härtester Kampf seit zehn Jahren."

(Foto: REUTERS)

"Das war definitiv nicht geplant", sagte Fury nach den zehn Runden vor den Augen von Usyk, dem Champion der Verbände WBA, WBO und IBF. Ngannou habe ihm "hier den Kopf abgeschlagen", kommentierte Fury: "Das war wahrscheinlich mein härtester Kampf seit zehn Jahren. Francis ist ein besserer Boxer, als wir alle gedacht haben." Der fachfremde Ngannou dagegen war nicht nur verärgert über das Urteil, sondern richtig angefixt von seinem Ausflug auf neues Terrain: "Ich weiß, dass ich zu kurz gekommen bin, ich werde zurückkommen und härter arbeiten. Mit etwas mehr Erfahrung in diesem Spiel werde ich noch besser. Jetzt weiß ich, dass ich es kann", sagte Ngannou. Fury soll übrigens eine Gage von rund 50 Millionen US-Dollar verdient haben, auch Ngannou wurde fürstlich entlohnt.

Was dieses Duell nun für den erwarteten Gigantenkampf zwischen Fury und Usyk aussagt? Nicht zu viel, warnt Armbruster. "Man sollte auf keinen Fall den Fehler machen und Fury jetzt abschreiben. Es kann sehr gut sein, dass er mit Usyk, einem klassischen Boxer, sehr viel besser zurechtkommt. Zumal er riesige physische Vorteile hat. Und er wird nun im Training eine ganz andere Gangart an den Tag legen." Legen müssen.

Quelle: ntv.de

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