Von wegen Arschbombenweltmeisterin Anna Bader hat WM-Gold im Blick
30.07.2013, 10:47 Uhr
"Warum macht man das?" Klippenspringerin Anna Bader.
(Foto: dpa)
Sie startet bei den Schwimm-Weltmeisterschaften in Barcelona, um bei der Premiere ihrer Sportart für Deutschland eine Medaille zu gewinnen. Doch das ist nicht alles. Anna Bader ist Klippenspringerin. Und versteht sich auch als Künstlerin. Ungefährlich ist das nicht.
Bei den Schwimm-Weltmeisterschaften in Barcelona wird sich die Mainzer Klippenspringerin Anna Bader heute ab 18 Uhr aus über 20 Metern in die Tiefe stürzen. Die spektakuläre Sportart ist erstmals im WM-Programm und die 29-jährige Anna Bader als Serien-Europameisterin die Topfavoritin.
20 Meter über dem Wasser hat auch Klippenspringerin Anna Bader Ba mmel. "Ja klar, jedes Mal", sagte die 29-Jährige und lacht. "Gerade wenn man 'ne längere Trainingspause hatte, denkt man vor dem ersten Sprung, warum macht man das? Aber nach dem ersten Sprung geht es eigentlich." Die Augen der mehrmaligen Europameisterin leuchten, wenn sie über ihre Sportart und deren WM-Premiere spricht.
Dabei zeigen die Frauen je einen Pflichtsprung und zwei Kürsprünge. Anders als beim Turmspringen von der Zehn-Meter-Plattform geht es aus der doppelten Höhe mit den Füßen zuerst ins Wasser, da die Kräfte beim Eintauchen insbesondere auf die Nackenmuskulatur zu hoch wären. "Das ist schon eine gefährliche Sportart", betont Leistungssportdirektor Lutz Buschkow, hat aber Vertrauen in die waghalsigen Athleten. "Es ist nicht so, dass die von der Fina ins Freibad gegangen sind und sich den Arschbombenweltmeister geholt haben. Das sind schon die Besten, die hier mitmachen, das ist Qualität."
Die Männer springen gar aus 27 Metern Höhe und erreichen dabei Geschwindigkeiten von über 80 Kilometern in der Stunde. Etwa zweieinhalb Sekunden drehen sich die Sportler dabei durch die Lüfte, ehe sie eintauchen und die Noten der Wertungsrichter gezeigt bekommen. Großartig passiert ist Anna Bader noch nichts, wie sie erzählt. Vor ein paar Jahren hat sie sich einmal das Steißbein geprellt.
Buschkow ist froh über die "neue Tochter", die dem Deutschen Schwimm-Verband als eine Favoritin im Teilnehmerfeld von nur sechs Springerinnen mit großer Wahrscheinlichkeit eine Medaille beschert. "Man kann ja Erbschaften ablehnen oder annehmen - und wir nehmen sie an", erklärte der Wassersprung-Bundestrainer. Anna Bader hat als Kind geturnt, ihre Mutter startete bei den Turnwettkämpfen bei den Olympischen Spielen 1972 in München. Später war Anna Bader eine begabte Kunst- und Turmspringerin, schaffte es in den erweiterten Nationalkader. Nun startet sie, nach Jahren ohne Kontakt zu den Funktionären, erneut für den DSV.
"Vom schroffen Gestein in wilde Fluten zu stürzen"
Für Anna Bader ist Klippenspringen mehr als nur ein sportlicher Wettbewerb. Sie versteht sich auch als Künstlerin. Sich in eine "Schublade" zu stecken, dazu habe sie "nie das Bedürfnis" gehabt, betont die Artistin. In Macau beim ehemaligen Cirque du Soleil-Regisseur Franco Dragone wirkte sie in einer millionenschweren Aquatic Show mit. Und daher liebt sie auch in Barcelona die Gunst der Zuschauer. "Es ist ein Wettkampf, aber das Publikum ist trotzdem ganz wichtig für mich", sagt die frühere Kunstturnerin. "Ich versuche deswegen auch so schön und ästhetisch wie möglich zu springen, damit man das genießen kann."
Genuss pur bedeutet für Anna Bader der freie Fall - und erstmals hatte sie im zarten Alter von 17 Jahren in Jamaika die Chance, sich "vom schroffen Gestein in wilde Fluten zu stürzen", wie sie auf ihrer Internetseite schilderte. "Schon damals verliebte ich mich in die kahlen Felswände, die atemberaubende Höhe, den Wind und das eisige Wasser in einen Moment ungewöhnlicher Lebendigkeit." Auch in Barcelona sei es "fantastisch", die Wassertemperatur "perfekt", die Aussicht "super", sagt die 29-Jährige, die sich kurz vor der WM für den Playboy auszog.
Klippenspringen ist in Barcelona aber eher der falsche Begriff für die Sportart, die noch weit weg von olympischen Ehren ist und offiziell auch High Diving heißt. Denn in der katalanischen Metropole wird von einer Stahlgerüst-Anlage gesprungen. "Die Plattform ist extrem gut für uns, solide, breit. Es ist nicht wie auf einer abschüssigen Klippe und man muss dann noch weit hinausspringen", erklärte Anna Bader. Die zeitweise schlechte Wasserqualität im Hafen machte ihr nichts aus. "Es ist salzig, ich habe Fische gesehen. Irgendwas lebt da drin, es kann nicht so schlecht sein."
Quelle: ntv.de, Christian Kunz und Marc Zeilhofer, dpa