Buffalo-Quarterback Josh Allen: "Bester Footballer des Planeten" reißt Titel-Fenster auf
22.12.2024, 06:08 Uhr
Josh Allen ist die größte Gefahr für die Abwehrreihen der NFL.
(Foto: IMAGO/USA TODAY Network)
Er ist der überragende Spieler der Saison. Josh Allen spielt so gut, wie noch nie. Der Quarterback führt die Buffalo Bills von Sieg zu Sieg. Allerdings muss er noch beweisen, dass er mit den Büffeln von den Niagara Fällen auch Meister werden kann.
Sie glauben dran. So sehr, wie schon lange nicht mehr. Diesmal, so heißt es bei den Buffalo Bills, sei endlich was möglich. Ein Run in den Play-offs. Ein richtig tiefer Run. Am besten natürlich bis nach New Orleans. Dort wird am 9. Februar der NFL-Champion gekrönt, im Super Bowl LIX.
Der Glaube dieser Buffalo Bills hat ein Gesicht und einen Namen: Joshua Patrick Allen. Der 28 Jahre alte Quarterback spielt so gut, wie noch nie in seiner NFL-Karriere. "Wenn ich ihn sehe, sehe ich etwas Besonderes", sagte Linebacker Von Miller in dieser Woche. The Athletic bezeichnet Allen als "derzeit besten Footballer des Planeten" und der bekannte Sportjournalist Colin Cowherd verneigte sich regelrecht. "Wir haben das Glück, in einer Zeit geboren zu sein, um Josh Allen spielen zu sehen", meinte er in seiner TV-Sendung "The Herd with Colin Cowherd" auf Fox Sports 1.
Größe, Wurfarm, Beweglichkeit - Allen hat alles
Es sind zwar noch drei Wochen in der Punktrunde zu spielen, doch die Frage nach dem "wertvollsten Akteur" (MVP) ist bereits jetzt beantwortet. Es kann nur Josh Allen sein. Der 28-Jährige ist eine Klasse für sich in dieser Saison. Eine Klasse besser als all die anderen. Ja, auch besser als Patrick Mahomes. Größe (1,96 Meter), Wurfarm, Beweglichkeit - Allen hat alles, was einen grandiosen Quarterback ausmacht.
"Ich fühle mich so gut wie noch nie", sagte er auf seiner allwöchtentlichen Mittwochs-Medienrunde. Was er derzeit mache, mache ihm Spaß. Und er wolle, so Allen, "so viel Spaß haben, wie möglich." Vor einer Woche hatten er und seine Bills das ultimative Vergnügen. Spaßfaktor 100. Buffalo gewann das lange erwartete und viel gehypte Spitzenspiel bei den Detroit Lions 48:42. Und Allen drehte richtig auf.
Zwei Touchdown-Vorlagen, zweimal trug er den Football selbst in die Lions-Endzone und warf zudem Pässe für 362 Yards Raumgewinn. Wow, wow und nochmals wow. Doch seine coolste Aktion tauchte in keiner Statistik auf. Eine Aktion, die von den Schiedsrichtern zwar zurückgenommen wurde, die aber trotzdem zeigte, wie viel Spaß der Büffel-Boss mit der Rückennummer 17 derzeit hat.
In der 58. Minute, Buffalo führte 45:35, waren die Bills bis wenige Yards vor die Lions-Endzone gekommen. Allen erhielt den Football, täuschte einen Pass an, narrte somit zwei Verteidiger, lief dann aber nach vorne und bediente schließlich seinen völlig alleinstehenden Mitspieler Dalton Kincaid in der Endzone. Allerdings warf er ihm den Football nicht zu, sondern servierte ihn mit einer beidhändigen Stoßbewegung von der Brust weg. Spontan, frech, genial, einzigartig. Kurzum: Josh Allen.
Diggs-Weggang war Addition durch Substraktion
Seine Bilanz der vergangenen drei Spiele: 14 Touchdowns, Pässe über 1027 Yards, keine Interceptions und kein einziges Mal zu Boden gerissen worden. Buffalos von ihm angeführte Offensive (445 Punkte) ist die zweitstärkste der Liga. Nur Detroit (459 Zähler) ist noch besser. Und im direkten Duell haben die Bills gegen die Lions gewonnen. Für die Gastgeber war es die erste Niederlage seit Mitte September, für Buffalo der Beweis, dass in dieser Saison der große, der sehnsüchtige Traum vom ersten Titel durchaus wahr werden könnte.
Dabei waren die Zweifel im Sommer groß. "Ist das Meisterschafts-Fenster geschlossen" war eine der vielen bohrenden Fragen. Denn Stefon Diggs hatte die Bills Richtung Houston Texans verlassen. Der Wide Receiver war Allens go to guy gewesen, hatte in 66 gemeinsamen Spielen 37 Touchdowns erzielt. Doch sein Weggang erwies sich als positiv. Als Addition durch Subtraktion. Denn ohne den egozentrischen Diggs, der sich stets als Nummer-1-Anspielstation wähnte und schnell schlechte Laune verbreitete, sobald er nicht bedient wurde, ist der Bills-Angriff vielseitiger, flexibler - und somit unberechenbarer geworden.
Vom Play-off-Zuschauer zum Nonplusultra der AFC East
Buffalo hat elf von 14 Spielen gewonnen und steht bereits als Sieger der AFC East Divsion fest. Zum sechsten Mal nacheinander. Diese Konstanz war vor gar nicht allzu langer Zeit noch undenkbar. Denn zwischen 2000 und 2016 hatten die Bills 17 Jahre nacheinander die Play-offs verpasst. So oft wie kein anderer Verein der vier großen Nordamerikanischen Profiligen.
Mittlerweile ist Buffalo das Nonplusultra der AFC East. Und das ist vor allem ein Verdienst von Allen. In der Draft 2018 hatte der Verein von den Niagara-Fällen ihn an siebter Stelle ausgewählt. Es war eine Entscheidung, die die Franchise verändert hat. Buffalo ist keine Lachnummer mehr. Kein Verein, über den man vor allem wegen seiner verrückten Fans spricht, die es lieben, beim Tailgaiting aus dem Kofferraum, vom Autodach oder auch schon mal von einem Truck auf einen Tisch zu springen und ihn so unter dem Jubel zu zerschmettern.
Allen will endlich "the big one" gewinnen
Buffalo ist ein sehr guter Verein, ja sogar ein möglicher Titelanwärter. Allerdings sind es die Bills und Allen bislang in der K.-o.-Runde noch schuldig geblieben, zu beweisen, dass sie auch im Januar die ganz wichtigen Spiele gewinnen können. Und deshalb revidiert Allen den Divisions-Titel. "Wenn du die Division gewinnst, hast du ein Heimspiel in den Play-offs und gibst dir eine Möglichkeit auf den Super Bowl. Mehr aber auch nicht." Worte, die deutlich machen, dass in Buffalo niemand mehr das Erreichen der K.-o.-Runde bejubelt. Nein, macht Allen klar, man spiele, um "the big one" zu gewinnen, also den Super Bowl.
Und genau das ist der Unterschied zwischen ihm und Patrick Mahomes. Letzterer stand mit Kansas City in vier Endspielen - und gewann drei davon. Allen hingegen hat bislang überhaupt erst einmal, am 24. Januar 2021, das Halbfinale erreicht und 24:38 verloren - gegen Mahomes. Ein scheint sein großes Pech zu sein, dass er im selben Zeitraum spielt, wie dieser acht Monate ältere Patrick Lavon Mahomes II. So wie der in den Play-offs nicht gegen Tom Brady gewinnen konnte (0:2), hat Allen bislang alle drei Partien in der K.-o.-Runde gegen Mahomes verloren. In der Hauptrunde hingegen steht es 4:1 für ihn.
Sollten die Playoffs nach Plan verlaufen, wird es wohl ein weiteres Duell zwischen Allen und Mahomes geben. So weit schaut Allen aber noch nicht voraus. Ihm ist das Spiel heute gegen die New England Patriots wichtiger als ein möglicher Giganten-Gipfel irgendwann im Januar. Allerdings weiß er natürlich, dass die bisherige super Saison mit all den Komplimenten und Lobpreisungen so nutzlos sein wird, wie sein beidhändiger Brustpass in Detroit zu Dalton Kincaid, wenn die Bills erneut in den Play-offs scheitern - und der Super Bowl in New Orleans ohne sie stattfinden sollte.
Quelle: ntv.de