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Ein Trainer rockt die EURO Bilic greift nach EM-Titel

Am Montagabend war es wieder soweit: Slaven Bilic betrat im Wörtherseestadion in Klagenfurt seine Bühne. Beim letzten Gruppenspiel gegen Polen hüpfte und tanzte der Trainer der kroatischen Fußball-Nationalmannschaft wieder an der Seitenlinie herum wie ein wildgewordener Derwisch.

Die kurzen Harre zerzaust, das Sakko nassgeschwitzt und mit einem dicken Ring im linken Ohr rockte Bilic zum dritten Mal die Europameisterschaft – und nicht zum letzten Mal. Der 39-Jährige ist der jüngste EM-Coach und so etwas wie die Entdeckung des Turniers.

Mit Siegen gegen England hatte er bereits in der Qualifikation auf sich aufmerksam gemacht. Bei der Endrunde machte er sein Meisterstück mit dem 2:1-Sieg gegen Deutschland und dem damit verbundenen Einzug ins Viertelfinale. "Er hat als junger Trainer bewiesen, dass er seine Mannschaft in die richtige Richtung geführt hat", lobte selbst Bundestrainer Jochaim Löw.

Kompromissloser Profi

Bilic ist ein positiv Verrückter und seine Veitstänze in der Coachingzone Ausdruck seiner Persönlichkeit. "Ich bin nach Spielen völlig erschöpft, obwohl ich selbst nicht mehr spiele. Aber das ist meine Art. Ich weiß, dass die Spieler gewinnen oder verlieren. Aber ich will sie wissen lassen, dass ich bei ihnen bin", sagt er. Bilic sieht sich als Teil der Mannschaft, etwas in ihm ist immer noch der hart arbeitende, kompromisslose Profi, der er einst war.

Und er war einer der härtesten. Beim Karlsruher SC grätschte und rackerte er sich durch 66 Bundesligaspiele und das legendäre 7:0 im UEFA-Cup gegen den FC Valencia. Deutschen Fans blieb er aber vor allem wegen einer Szene bei der EM 1996 in Erinnerung: Damals trat er im Viertelfinale den am Boden liegenden Christian Ziege. "Das war eine Ausnahme", beschwichtigt Bilic, er habe nie jemanden schwer verletzt. Stolz sei er aber nicht auf seine Tat.

Nach dem Karriere-Ende suchte er Abstand bei einem Jurastudium, doch die Leidenschaft packte den Fußballverrückten bald erneut. "Die Bildung weitete meinen Blick über die Dinge. Aber ich würde nie als Jurist arbeiten", sagt er. Bilic' Heimat ist der Rasen – oder die Bühne, auf der er als Gitarrist der Band "Rawbau" (Rohbau) rockt.

"Kroatischer Klinsmann"

Bilic überzeugt auch fachlich. Auf das müde 1:0 zum EM-Auftakt gegen Österreich reagierte er mit einer Umstellung des Systems, die den Sieg gegen Deutschland brachte. "Er lässt modern spielen, das ist ein großer Fortschritt", sagt Ex-Kollege Zvonimir Boban.

Zu seinen Spielern pflegt Kettenraucher Bilic ein besonderes Verhältnis. "Er ist unser Chef, ohne es herauskehren zu müssen, es gibt keine großen Vorschriften", sagt Niko Kovac. Der Kapitän lobt Bilic' "frische, gesunde Denkweise und Weitsicht. Er ist sozusagen unser Jürgen Klinsmann." Jung, dynamisch, visionär.

Das kommt an. Die Spieler trugen Bilic nach dem 3:2-Sieg auf ihren Schultern durch das Wembley-Stadion, Kroatien wählte ihn zum "Mann des Jahres 2007", UNICEF engagierte ihn als Botschafter. Der Hamburger SV fragte ebenso an wie der FC Chelsea, der kroatische Verband reagierte und verlängerte seinen Vertrag bis 2010. Bilic hat mit den "Feurigen" noch viel vor. "Ich glaube daran, dass wir bei der EM den Titel holen können", sagt er.

Quelle: ntv.de

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