Brown ist "nicht länger ein Buc" Bradys Kumpel dreht schon wieder durch
03.01.2022, 07:51 Uhr
Antonio Brown verlor erst die Lust am Spiel, dann seinen Job.
(Foto: picture alliance/dpa/NJ Advance Media via AP)
Antonio Brown fügt seiner wilden Biografie in steter Regelmäßigkeit neue Kapitel hinzu. Der Football-Profi sorgt immer wieder für Ärger, nun muss er sich mal wieder einen neuen Klub suchen. Da wird auch sein Kumpel Tom Brady nicht mehr helfen können.
Bruce Arians hat schon viel erlebt in seinem langen Leben in der NFL: 70 Jahre alt wird der Headcoach der Tampa Bay Buccaneers in diesem Jahr, seit 1989 ist er Teil der Liga, zweimal gewann er den Super Bowl als Assistenztrainer, 2021 schließlich als Head Coach. Aber so was wie am Sonntagabend, nein, "so was habe ich in all den Jahren noch nicht gesehen". Worüber der Veteran mit Fox Sport da sprach, war das nächste Kapitel in der Skandalakte Antonio Brown. Geht es nach Arians, war es das letzte Wort, das er über seinen - neben Quarterbacklegende Tom Brady - zweitprominentesten Spieler verlor. "Ich spreche nicht mehr über ihn. Er ist kein Buc mehr."
Was war passiert? Brown, einer der skandalträchtigsten Spieler der Ligageschichte, gleichwohl einer der besten Passempfänger überhaupt, hatte sich im dritten Viertel der Partie des Titelverteidigers gegen die New York Jets frustriert Trikot und Schutzausrüstung vom Körper gerissen, Teile davon ins Publikum geworfen und das Feld verlassen. Dann rannte er halbnackt durch die Endzone, während beide Teams auf dem Spielfeld waren, und winkte auf dem Weg in die Umkleidekabine noch den Fans zu, ganz so, als ob er auf einem Triumphzug wäre und nicht auf dem Weg zum nächsten Eklat.
Die Polizei hilft auch nicht
Die Situation war so unglaublich, dass die Stadionsecurity zunächst dachte, bei dem millionenschweren Wide Receiver würde es sich um einen Flitzer handeln. Einer der Sicherheitsmitarbeiter sagte ESPN, dass Brown bei seinem Abgang noch einen Polizisten gefragt habe, ob er ihn zum Flughafen fahren könne. Der Beamte habe das verneint, nachdem sich Brown umgezogen hatte, hat er aber offenbar eine andere Mitfahrgelegenheit gefunden. Mit dem Team sei er jedenfalls nicht zurück nach Florida geflogen, berichtet ESPN.
Was den Ausraster ausgelöst hat, zu dem Zeitpunkt stand es 10:24 aus Sicht des Champions, ließ Arians rätseln. Zweimal habe er ihn aufgefordert, aufs Feld zu gehen, sagte der Coach Fox Sports, zweimal habe sich sein Spieler geweigert. Dann kam es zum Eklat. Ob Browns Knöchel eine Rolle bei seiner Spielverweigerung gespielt haben könnte - er war aufgrund der Verletzung offiziell fraglich für das Spiel - Arians sagte: "Nein."
Superstar Tom Brady, der persönlich dafür gesorgt hatte, dass Brown einen Vertrag bei den Bucs bekommen hatte und der den Teamkollegen bei sich im Haus hatte wohnen lassen, führte sein Team wenige Sekunden vor Schluss noch zum 28:24-Sieg - und hatte das ganze Ausmaß des Schlamassels zunächst gar nicht mitbekommen. Eine "schwierige Situation" sei es für seinen Freund, sagte der Quarterback, der erst nach dem Spiel über die ganze Tragweite des Vorfalls informiert worden war. "Jeder sollte tun, was er kann, um ihm so zu helfen, wie er es wirklich braucht. Wir alle lieben ihn. Er liegt uns sehr am Herzen. Wir wollen, dass er in Bestform ist", sagte Brady und fügte hinzu, dass er seine Freundschaft mit Brown fortsetzen wird und die Menschen in seinem Umfeld ermutigen wird, ihm zu helfen.
Antonio Brown ist ein steter Schlagzeilenproduzent, der jüngste Eklat ist nur ein weiterer in einer langen Liste: Im Dezember 2018 wird er von den Pittsburgh Steelers intern gesperrt, weil er im Training einen Mitspieler attackiert haben soll, im gleichen Jahr soll er Möbel aus einem Hotelfenster geworfen und dabei beinahe ein 22 Monate altes Kind und dessen Großvater getroffen haben. Im August 2019 verpasst Brown die Saisonvorbereitung, weil er sich weigert, mit einem neuen, den Regeln angepassten Helm zu spielen. Per Instagram bittet er die Oakland Raiders, entlassen zu werden - und der Klub kommt dem nach. Anfang September 2019 unterschreibt er einen Megakontrakt bei Bradys New England Patriots, zwei Wochen später wird er wieder entlassen, nachdem Anschuldigungen wegen sexuellen Missbrauchs gegen ihn erhoben werden. Teile der Saison 2020 verpasst er wegen einer Acht-Spiele-Sperre, die er aufgrund "zahlreicher Verfehlungen" gegen den Verhaltenscodex der Liga kassiert. Brown wurde inzwischen wegen sexueller Belästigung in mehreren Fällen angeklagt, es gab Vorwürfe wegen häuslicher Gewalt und Verkehrsdelikten.
"Alles mit ihm ist ein Kampf"
In der Saison 2020, als Brown mal wieder vertragslos war, hatte Brady darauf gedrängt, den Kurzzeit-Teamkollegen von den Patriots zu seinem neuen Team zu holen. Sportlich gab es dafür gute Gründe: 2017 sah der "Bleacher Report" in Brown den "aufregendsten Receiver" der Liga, seine Statistiken mit knapp 12.000 erarbeiteten Yards Raumgewinn sind beeindruckend. Und der 33-Jährige lieferte auch durchaus, beim Super-Bowl-Triumph im Februar fing er fünf Pässe, einer davon für einen Touchdown.
Doch dann ging mit ein wenig Verspätung doch das los, womit schon früher gerechnet worden war: Der US-Sender CBS Sports hatte zu Browns Dienstantritt eine nicht namentlich genannte Quelle zitiert, die viel Erfahrung im Umgang mit dem Wide Receiver haben soll: "Ich gebe ihm zehn Tage, bis er verspätet zu einem Covid-Test kommt oder das Protokoll gar nicht erst befolgt. Man kann sich nicht vorstellen, welche Geschichten man über diesen Typen auspacken könnte. Alles mit ihm ist ein Kampf."
Erst in der vergangenen Woche war Brown zu den Bucs zurückgekehrt, nachdem er von der NFL für drei Spiele gesperrt worden war - weil er einen gefälschten Impfpass vorgelegt hatte. Er fing 10 Pässe für 101 Receiving Yards und beschuldigte die Medien, ein "Drama" zu veranstalten. Running Back Le'Veon Bell, der gerade bei den Bucs unterschrieben hat und Browns Teamkollege bei den Pittsburgh Steelers war, wünsche seinem "engen Freund das Beste außerhalb des Footballs oder was auch immer als Nächstes für ihn ansteht." Brown sei "insgesamt ein guter Mensch. Manchmal hat er schlechte Entscheidungen getroffen, aber er ist ein Mensch, nicht perfekt." Brown meldete sich noch in der Nacht via Instagram: "Danke für die Chance", schrieb er. Vielleicht war es die letzte.
Quelle: ntv.de