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Superstar geht am Zahltag unter Canelos Pleite "schockt die Box-Welt"

Saul "Canelo" Alvarez (links) erlebte eine unerwartete Pleite.

Saul "Canelo" Alvarez (links) erlebte eine unerwartete Pleite.

(Foto: IMAGO/Agencia EFE)

Saul "Canelo" Alvarez ist einer der größten Stars des Boxens. Doch in der Nacht läuft für den Mexikaner nichts nach Plan: Gegen den Russen Dmitry Bivol kassiert er an seinem großen Zahltag eine überraschende wie eindeutige Niederlage.

Der mexikanische Box-Champion Saul "Canelo" Alvarez gilt als einer der besten Boxer der Welt, im Supermittelgewicht ist der Mexikaner unschlagbar. Doch im Halbschwergewicht erlebte Canelo einen bitteren Abend, an dessen Ende die zweite Niederlage seiner langen Karriere. Gegen den Russen Dmitry Bivol musste er den Ring zum ersten Mal seit knapp neun Jahren geschlagen verlassen. Der 31-jährige Bivol siegte einstimmig nach Punkten, und "schockt die Welt", wie die spanische Sportzeitung "AS" dramatisch notierte. Zumindest gemessen an den Erwartungen von Fans und Beobachtern ist der Sieg des Russen eine der größeren Überraschungen der jüngeren Box-Geschichte aber doch.

Alvarez ist einer der größten Stars des Boxen, der Mexikaner kassiert gewaltige Börsen und mobilisiert gewaltige Fanmassen. Der Kampf gegen Bivol sollte eigentlich nur eine Zwischenstation auf seinem Siegeszug durch die Gewichtsklassen sein. Der Fight in Las Vegas sollte der erste von drei Kämpfen sein, die Canelo 2022 bestreiten will - und die ihm unglaubliche 160 Millionen Dollar bringen sollen. Es ist der gewaltigste Deal, der im Profiboxen dieser Tage abgeschlossen wurde. Spätestens mit dem Sieg gegen den US-Amerikaner Caleb Plant im November vergangenen Jahres hatte sich Alvarez zu einem der größten Idole seines Sports gemacht: Seit dem hält er alle vier Titel.

Klitschko forderte Absage

Nun lief alles nicht nach Plan. Sportlich nicht, zudem hatte es rund um den Kampf eine Menge Ärger gegeben: Der Ali-Biograph Thomas Hauser schrieb in einem Aufsatz, dass der Kampf nicht stattfinden solle. "Canelo gegen Bivol ist nicht nur ein Kampf", schrieb Hauser. "Wegen Canelos Prestige wäre ein Sieg für Bivol ein mächtiges Symbol der russischen Macht und würde als großer Sieg Russlands gepriesen werden." Der ukrainische Ex-Weltmeister Wladimir Klitschko hatte in der Zeitung "The Guardian" gefordert, dass der Kampf wegen des Ukraine-Kriegs abgesagt wird.

Der Mexikaner hatte den Kampf wenige Tage nach Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine angekündigt. Mit IBF, WBO und WBC verhängten drei der vier größten Box-Verbände der Welt Sanktionen gegen russische Sportler, die WBA schloss sich dem nicht an - und winkte den Kampf durch. Bivol, Sohn eines Rumänen und einer Kasachin, wohnt zwar in Russland, fühlt sich aber in Kirgisistan heimisch. "Ich bin im Sport, also weiß ich nichts über Politik oder das Corona-Virus", hatte er erklärt.

Bivol nutzte seinen Größenvorteil, um seinen gleichaltrigen Gegner auf Distanz zu halten und die entscheidenden Treffer zu landen. "Ich habe mir heute selbst bewiesen, dass ich der Beste in meiner Klasse bin", sagte der Russe nach dem 20. Sieg in seinem 20. Kampf. Alle drei Punktrichter sahen Canelo in einem zwischenzeitlich hochklassigen Fight 113:115 hinten. Der enge Ausgang auf den Punktrichterzetteln dürfte da noch einem Bonus für den Mexikaner geschuldet sein, die sportliche Realität war deutlicher.

Canelo "völlig gedemütigt"

Spätestens mit Beginn der fünften Runde übernahm der Russe das Kommando. Sein Gegner wirkte in den letzten Runden extrem müde, "er wurde heute von einem Kämpfer, der in einer ganz anderen Gewichtsklasse ist, völlig gedemütigt", schrieb die spanische "Marca". "Heute wurde wieder klar, warum es in diesem schönen Sport verschiedene Gewichtsklassen gibt. Die Canelo-Fans waren sich sicher, dass er tatsächlich eine Chance hatte, und selbst Alvarez wurde an einem bestimmten Punkt ein wenig übermütig." Das bestrafte Bivol gnadenlos mit harten Treffern.

Bivol kontrollierte den Kampf mit seiner großen Reichweite, Canelo, der im Mittelgewicht alle vier bedeutenden WM-Titel hält, kam nie ernsthaft in die Nähe des WM-Gürtels eine Gewichtsklasse oben drüber. Canelo enttäuschte in einem guten Kampf nicht, sein erstes Fazit aber überraschte doch: "Ich hatte das Gefühl, dass ich gewonnen habe, ich habe genug getan, aber so ist das beim Boxen, man gewinnt und man verliert. Ich habe einen großartigen Kampf gemacht und am Ende sind es die Menschen, die gewinnen."

Bivol habe seine Reichweite "wirklich gut eingesetzt", kommentierte Canelo, der zuletzt 2013 gegen Superstar Floyd Mayweather verloren hatte, seine Niederlage dann enttäuscht aber fair. "Keine Ausreden, ich habe heute verloren. Er ist ein großartiger Boxer ... ich habe sein Power gefühlt." Zu selten hatte Canelo den Weg in die Nahdistanz gefunden, zu oft war er an der Verteidigung des Weltmeisters hängen geblieben.

Aber: "Das ist noch nicht das Ende", sagte der geschlagene Herausforderer. "Natürlich will ich den Rückkampf", kündigte Álvarez, der unter dem Kampfnamen "Canelo" in den Ring steigt, nach der Niederlage an. Eine entsprechende Option soll auch im Vertrag zwischen beiden Parteien stehen. Sein Gegner steht einer Revanche offen gegenüber. "Kein Problem. Lass uns darüber reden", antwortete Bivol - und richtete noch einen Gruß an Canelos mächtigen Promoter Eddie Hearn: "Sorry, dass ich deine Pläne mit Gennadi Golovkin zerstört habe."

Gegen den Kasachen sollte Canelo im Rahmen seines mächtigen Drei-Kämpfe-Kontrakts mit dem unfassbaren Volumen im September zum dritten Mal antreten. Beide Boxer hatten sich zuvor zwei spektakuläre Kämpfe geliefert: Einer endete mit einem höchst umstrittenen und für Canelo schmeichelhaften Remis, in der zweiten Auflage fügte der Mexikaner seinem Gegner die erste Niederlage im 40. Profikampf zu.

Durchmarsch ins Schwergewicht gebremst

Vor der deutlichen Niederlage gegen den schwereren und deutlich größeren alten und neuen Weltmeister im Halbschwergewicht hatten Canelo und sein Promoter Hearn sogar mit einem Durchmarsch ins Schwergewicht kokettiert. "Ich mag die Idee", hatte Canelo gesagt, als er auf einen möglichen Kampf gegen den Ukrainischen Schwergewichtsweltmeister Oleksandr Usyk angesprochen wurde. Der Champion der Verbände WBA, WBO und IBF wird im Sommer gegen Anthony Joshua seine Titel verteidigen.

Hearn, der Promoter von Canelo, stimmt zu, dass sein Mann den Kampf annehmen würde. "Ich glaube, dass 'AJ' den Kampf gewinnen wird, aber wenn er es nicht tut, würde Canelo zu einer Million Prozent bei 201 Pfund kämpfen." Das ist das Limit, ab dem Boxer im Schwergewicht unterwegs sind. Der große Zahltag in der Gewichtsklasse darunter fiel für Cancelo dann enttäuschend aus. Finanziell nicht, aber sportlich.

"Dies ist definitiv ein Rückschlag für Alvarez, aber eine Niederlage gegen einen Kämpfer, der über seiner üblichen Gewichtsklasse liegt, beweist nur, dass er definitiv am besten in seiner Gewichtsklasse aufgehoben ist", appellierte "Marca" beinahe an den Mexikaner, Pläne außerhalb des Supermittelgewichts zu beerdigen. Er werde "gegen jeden kämpfen. Das ist mir völlig egal", hatte Canelo vor dem Kampf gesagt. Nun muss er darauf hoffen, dass es erstmal im Rematch gegen Bivol deutlich besser läuft.

Quelle: ntv.de, ter

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