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Mahomes bricht Bradys NFL-Rekord Chiefs überleben wilden Ringkampf, Lions feiern Malocher-Märchen

Patrick Mahomes und seine Kansas City Chiefs zogen gegen die Buffalo Bills gerade noch den Kopf aus der Schlinge.

Patrick Mahomes und seine Kansas City Chiefs zogen gegen die Buffalo Bills gerade noch den Kopf aus der Schlinge.

(Foto: IMAGO/USA TODAY Network)

Drama und Tragik: In einem Thriller kegeln die Kansas City Chiefs mal wieder die Buffalo Bills aus den NFL-Playoffs. Der Meister sendet ein Statement, Patrick Mahomes und Travis Kelce sorgen für einen Rekord. In Detroit kämpfen die Lions mit ihrem Malocher-Märchen gegen das ewige Loser-Image.

Vor beinahe genau zwei Jahren, in der zweiten Runde der NFL-Playoffs, am 23. Januar, führte Patrick Mahomes seine Kansas City Chiefs zu einem dramatischen Heimsieg in der Verlängerung gegen die Buffalo Bills. 2024, am Sonntagabend empfangen Josh Allen und Co. bei minus zehn Grad Celsius den in der regulären Saison strauchelnden Meister - und das mit Spannung erwartete Duell der Quarterback-Rivalen enttäuscht wieder nicht. Der Champion zähmt in einem fesselnden Ringkampf die Büffelherde und zieht mit einem 27:24-Thriller ins sechste AFC-Championship-Game in Serie ein. Kurz vor Schluss regieren Drama und Tragik.

Es geht spannend hin und her, von Anfang an. Beinahe jeder Drive bringt einen Führungswechsel, das späte Drama bahnt sich früh an. Nach jeweils einem Field Goal gelingen den Bills und Allen, der unbedingt wieder so fehlerlos wie vergangene Woche gegen die Pittsburgh Steelers spielen wollte, ein dominanter Drive mit dem ersten Touchdown, den der Quarterback selbst in die Endzone läuft. Die Bills haben im ersten Viertel mehr First Downs (8) als die Chiefs Spielzüge (6).

Die Chiefs kommen im zweiten Viertel aber stärker auf, auch über wütende Läufe von Runningback Isiah Pacheco. Und dann zeigt endlich Mahomes, der in seinem ersten Auswärtsspiel überhaupt in seiner Playoff-Karriere mit lauten Buhrufen bedacht wird, sein Können mit einem exquisiten tiefen Pass über 29 Yards genau in den Lauf seines Tight Ends Travis Kelce. Dessen Partnerin Taylor Swift und vor wenigen Tagen in Rente gegangene Bruder Jason Kelce jubeln in ihrer VIP-Box fleißig mit den wenigen Chiefs-Fans im Rund.

Zwar lässt Mahomes anschließend zweimal die Genauigkeit in Würfen in die Endzone vermissen und es springt nur ein erneutes Field Goal zum 6:10 heraus. Doch im Drive darauf macht es der Quarterback besser und findet den sträflich freigelassenen Kelce, der nach sieben Spielen ohne Touchdown gleichzeitig mit seinem Bruder, oberkörperfrei und mit Bierdose in der Hand auf der Tribüne, einen Urschrei in den eiskalten Abendhimmel brüllt. "Brot und Butter. Die Chiefs gehen in Führung", schreibt die NFL auf X über die Kombo der Superstars.

Aber Allen wäre nicht der Ober-Büffel, wenn er nicht noch einmal mit genialen Läufen in kürzester Zeit über das Feld pflügen und 26 Sekunden vor der Halbzeit mit seinem zweiten Rushing-Touchdown auf 17:13 stellen würde. Der Quarterback jubelt mit einer Bodybuilderpose, um zu zeigen, wer in seinem Zuhause der Boss ist.

Ein Patzer der Gier

Die zweite Hälfte geht fesselnd weiter. Mahomes startet einen Lauf über 24 Yards, auf den selbst Allen neidisch sein dürfte, inklusive genialem Fake-Pass. Kurz darauf schmeißt sich Kelce nach Zuspiel seines Spielmachers mit dem Ei im Arm zum Touchdown und zur erneuten Führung. Wieder die Superstar-Kombination. Mit diesem Touchdown haben Mahomes und Kelce den NFL-Postseason-Rekord von den Ikonen der New England Patriots Tom Brady und Rob Gronkowski mit 15 Receiving-Touchdowns für ein Duo geknackt.

Die Bills kontern mit der Magie des Josh Allen, dessen Wurfhand nach einem Hit mittlerweile blutet. Er findet Khalil Shakir tief in der Ecke der Endzone. Der Wide Receiver fängt den Ball ebenso zauberhaft zum Touchdown. Natürlich schlagen Mahomes und Co. sofort zurück, Pacheco tankt sich für die nächsten sieben Punkte in die Endzone zum 27:24. Dass dies den Endstand bedeuten sollte, ahnt da noch niemand.

Denn am Ende wird es dramatisch. Mit noch 13 Minuten auf der Uhr begehen die Bills den ersten wirklichen Fehler. Es ist ein Patzer der Gier. An der eigenen 31-Yard-Linie spielt Buffalo beim vierten Versuch einen Fake-Punt, der jedoch schiefgeht. Die Chiefs übernehmen und kommen der Vorentscheidung nah - doch können den Fauxpas nicht bestrafen, weil eine VAR-Unterbrechung auf einen Fumble Zentimeter vor der Endzone und Ballbesitz Bills entscheidet, der aber ebenfalls zu keinen Punkten führt.

Auf Drama folgen Tragik und die nächsten Fehler: Mit noch knapp zwei Minuten auf der Uhr steht die Büffelherde kurz vor der Führung, aber Allens Wurf auf Shakir in der Endzone gerät zu tief. Statt Führung dann wenigstens der späte Ausgleich? Nein, Kicker Tyler Bass zeigt Nerven und setzt das entscheidende Field Goal aus 44 Yards weit daneben. Die Chiefs sind erneut eine zu große Hürde für die Bills und zeigen, aus welchem harten Playoff-Holz sie geschnitzt sind. Nun wartet die größte Hürde in dieser Saison: die Baltimore Ravens mit MVP-Topfavorit Lamar Jackson.

Lions kämpfen gegen Loser-Image

Die Detroit Lions sind eines der erfolglosesten Teams der NFL-Historie. Jahrelang der Prügelknabe der Liga haben sie es als einzige Mannschaft, die seit Beginn der Super-Bowl-Ära existiert, noch nie in das Endspiel geschafft. Sehnsüchtig warten die Fans aus der Malocher- und Motorstadt Detroit seit gefühlten Ewigkeiten auf solche Momente wie an diesem Sonntagabend: Das Duell gegen die Tampa Bay Buccaneers ist das teuerste Divisional-Round-Spiel aller Zeiten: Der durchschnittliche Ticketpreis auf dem inoffiziellen Markt beträgt laut "TickPick.com" 1186 US-Dollar, das günstigste Ticket kostet immer noch mehr als 700 Dollar.

Trotzdem verwandeln 65.000 frenetische Fans von Anfang an das Ford Field zum ohrenbetäubenden Tollhaus und das Motorcity-Märchen geht weiter. Mit dem 31:23-Sieg ziehen die Lions zum ersten Mal seit 1991 in ein NFC-Titelspiel ein, nachdem sie am vergangenen Sonntag mit einem Heimsieg gegen die Los Angeles Rams ihre 32-jährige Durststrecke ohne Playoff-Sieg beendet hatten. Die lange Zeit äußerst spannende Partie ist auch das Duell zweier Quarterbacks, die vormals verstoßen und jeweils endlich eine neue Heimat gefunden haben: Detroits Jared Goff, erster Pick im Draft 2016 und der zwei Jahre später ebenfalls als erster ausgewählte Baker Mayfield.

Gleich zu Beginn sorgt die Lions-Defensive für noch bessere Stimmung: C.J. Gardner-Johnson fängt nach nicht einmal vier Minuten einen tief in die Höhe abgefälschten Pass von Mayfield in der Mitte des Spielfeldes ab. Ausgerechnet Gardner-Johnson muss man sagen, denn der Safety lieferte sich ein Trash-Talk-Duell mit Mayfield in der vergangenen Woche. Die Interception bringt die Lions in eine sehr gute Feldposition und zu einem ersten Field Goal. Die Buccaneers antworten jedoch im direkt darauffolgenden Drive mit einem eigenen Field Goal und stellen auf 3:3.

Nun kommen die Quarterback-Stars immer besser in den Rhythmus: Mit 14 Spielzügen führt Goff seine Löwen 75 Yards über das Feld. Er sucht und findet dabei ein aufs andere Mal den deutschen Wide Receiver Amon-Ra St. Brown oder den Tight End Sam LaPorta mit fast blindem Verständnis, besonders, wenn die gegnerische Defensive den Quarterback unter Druck setzt. Zu Beginn des zweiten Viertels findet Goff den völlig allein gelassenen Joshua Reynolds mit einem Pass über neun Yards zum ersten Touchdown. Das Tollhaus flippt nun endgültig aus.

Die Löwen schlagen in Gazellen-Manier zurück

Die Buccaneers spielen durchaus ebenbürtig mit. Doch weil ihr Kicker Chase McLaughlin ein Field Goal aus 50 Yards mit einem lauten "Doink" gegen den Torpfosten nagelt, dürfen die frenetischen Anhänger im Ford Field gleich noch einmal jubeln. Dann aber folgt der erste Stimmungsdämpfer: Innerhalb von 73 Sekunden überbrückt Mayfield in einem sensationellen Drive 92 Yards kurz vor der Halbzeit. Mit 19 Sekunden auf der Uhr fängt Wide Receiver Mike Evans sensationell im Fallen einen feinen Pass des Quarterbacks zwei Yards vor der Endzone. Dort findet Mayfield mit dem nächsten Spielzug Cade Otton, das Ford Field verstummt erstmals und beim Stand von 10:10 geht es in die Halbzeit.

In der zweiten Hälfte überzeugen zunächst die Defensiven. Dann erweckt ein Lions-Touchdown die Partie wieder zum Leben, von nun an geht es rasant hin und her. Nach einem abwechslungsreichen Drive spielt Detroit kurz vor der Endzone einen vierten Versuch aus - und das Risiko wird belohnt. Runningback Craig Reynolds läuft zur erneuten Führung, das Motorcity-Tollhaus ist sofort wieder da. Doch erneut können die Buccaneers antworten und dank grandioser Würfe von Mayfield kurz vor dem letzten Viertel wieder auf Unentschieden stellen.

Direkt darauf schlagen die Löwen in Gazellen-Manier zurück: Jahmyr Gibbs zaubert einen unglaublich flinken und wendigen Sprint auf den Rasen und tänzelt einen 31-Yards-Lauf zum 24:17 in die Endzone. Und wenige Minuten später legt St. Brown mit einem Catch in der Endzone sieben Punkte nach, nachdem er zuvor den Drive schon mit einem tollen Fang am Leben gehalten hatte.

Trotz eines weiteren Touchdowns kann Tampa Bay sich davon nicht mehr erholen, weil der an diesem Abend eigentlich so starke Mayfield (349 Yards und drei Touchdowns) zu Beginn des letzten Drives seine zweite Interception wirft. Das Motorcity-Märchen geht weiter: Der jahrelange Underdog kämpft am nächsten Sonntag für die ganze Malocherstadt Detroit sensationell um den Einzug in den Super Bowl.

Quelle: ntv.de

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