Handschellen statt Ringe China-Kritik wird lauter
07.08.2007, 15:32 UhrChina erlebt genau ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Peking eine gewaltige Protestwelle gegen die Politik der Kommunistischen Partei. Am Dienstag forderte eine Gruppe von 37 chinesischen Regimekritikern die Regierung in einem offenen Brief zur Achtung der Menschenrechte auf. Anwälte, Autoren und Akademiker hatten das Schreiben unterzeichnet und im Internet sowie über die Nachrichtenagentur AFP veröffentlicht.
An der Großen Mauer vor den Toren Pekings starteten zudem ausländische Aktivisten eine Aktion, als sie ein Banner mit der Aufschrift "Free Tibet" entfalteten. Erst einen Tag zuvor hatte die Organisation "Reporter ohne Grenzen" mit einer Aktion vor dem Hauptquartier des Organisationskomitees BOCOG für Aufsehen gesorgt, während die Menschenrechts-Organisationen Human Rights Watch und Amnesty International in aktuellen Stellungnahmen die Lage in China stark kritisierten.
Verweigerte Menschenrechte
In der Petition der Dissidenten hieß es unter anderem, die chinesische Regierung solle umgehend "ihre strategische Verweigerung der Menschenrechte" beenden. Die Gruppe forderte die Kommunistische Partei auf, politische Gefangene freizulassen, chinesischen Dissidenten aus dem Ausland die Rückkehr in ihre Heimat zu ermöglichen und die Medien des Landes aus dem Würgegriff zu entlassen. Sollte das nicht geschehen, würde die Regierung das Olympiamotto "One world, one Dream" als Farce entlarven.
"One world", heißt es in dem Schreiben, "könne immer noch eine Welt bedeuten, in der Menschen diskriminiert, aus politischen und religiösen Gründen verfolgt oder ihrer Freiheit beraubt werden". Zu den Unterzeichnern des Schreibens gehört unter anderem Bao Tong, ein enger Vertrauter des früheren chinesischen Premierministers Zhao Ziyang, der als Sympathisant der Studentenproteste von 1989 galt und bis zu seinem Tod 2005 im Arrest in Peking lebte.
Eingeschränkte Pressefreiheit
Am Montag hatte eine Aktion der "Reporter ohne Grenzen" die Stellungnahmen von Human Rights Watch und Amnesty International flankiert. Ein Quartett der Organisation hatte mit Plakaten, auf denen die olympischen Ringe als Handschellen dargestellt wurden, ihre Forderung nach der Freilassung von in Haft sitzenden Regimekritikern unterstrichen. Ein Dutzend internationaler Journalisten war von der Organisation eingeladen worden, um über die Aktion zu berichten. Die Polizei hielt die Reporter daraufhin mehr als eine Stunde lang fest und befragte sie.
Fortgesetzte Proteste
BOCOG-Vizepräsident Jiang Xiaoyü nahm bei einer Pressekonferenz zu den Kritiken von Menschenrechtlern Stellung. "Wir hören die Stimmen aus verschiedenen Lagern und sind darauf vorbereitet, dass sie noch lauter werden", sagte Jiang. Das BOCOG wolle aber nicht, dass die Olympischen Spiele politisiert würden.
Dem Wunsch des BOCOG zum Trotz planen Organisationen weltweit Aktionen bis zu und auch während der Olympischen Spiele. Für Mittwoch, exakt ein Jahr vor Beginn der Spiele am 8. August 2008, haben Aktivisten Proteste vor chinesischen Botschaften in der ganzen Welt angekündigt. Sie wollen für die Unabhängigkeit Tibets demonstrieren.
Quelle: ntv.de