Tennis-Ikone, Krebs-Überlebende Chris Evert lebt, weil ihre Schwester gestorben ist
26.12.2024, 18:03 Uhr
Chris Evert hat einen langen Kampf hinter sich.
(Foto: IMAGO/USA TODAY Network)
Auf dem Tennis-Feld wurde Chris Evert zu einer Legende. Ihrem Sport ist sie bis heute verbunden. Doch die Amerikanerin ist auch Fürsprecherin für Krebs-Vorsorge-Untersuchungen. Eine solche hat ihr das Leben gerettet.
Vor einigen Tagen postete Chris Evert ein Foto auf ihrem Instagram-Kanal. Es zeigte sie mit kurzen Haaren. "Noch gar nicht so lange her! Dankbar für jeden Tag, alles und jeden", schrieb sie darunter und setzte ein Herz hinter diese Worte. Es war eine Erinnerung an jene dunkle Zeit, in der Evert den größten Kampf ihres Lebens führte - gegen einen unberechenbaren Gegner: den Krebs.
Die US-Amerikanerin, die am Samstag ihren 70. Geburtstag feierte, hat ihn besiegt, zweimal sogar. Doch sie hat auch gelernt, dass diese Siege gegen den Krebs keine Garantie für ein sorgloses Leben sind. Alle drei Monate geht sie deshalb zur Untersuchung, muss zudem für die nächsten zwei Jahre täglich vier Tabletten nehmen. "Wenn etwas ein zweites Mal wiederkommt, ist die Chance natürlich da, dass dies erneut passiert", sagte sie gegenüber der "New York Times".
"Du kannst den Krebs nicht kontrollieren"
In ihrer Tennis-Karriere war Evert es gewohnt, Rückschläge hinzunehmen, Niederlagen einzustecken, daraus zu lernen und stärker zurückzukommen. So wurde sie zu einer Legende, gewann 90 Prozent ihrer Einzel, 18 Grand-Slam-Titel und prägte zusammen mit Martina Navratilova in den Siebzigern und Achtzigern ihren Sport. Aber Krebs ist kein Tennis. "Du kannst ihn nicht kontrollieren wie deine Gegnerin auf dem Platz", sagte Evert.
Im Februar 2020 war ihre Schwester Jeanne an Eierstock-Krebs gestorben, im Alter von 62 Jahren. "Aufgrund ihres Todes bin ich noch am Leben", betonte Evert. Denn ihr Doktor hatte sie anschließend dazu gedrängt, sich untersuchen zu lassen. Ergebnis: Evert hatte ebenfalls Eierstock-Krebs, allerdings noch im Anfangsstadium und somit gut zu behandeln. Sie spricht von einem "heimtückischen, hässlichen Krebs." Denn man spüre ihn nicht, sagte Evert. Und die meisten Frauen, bei denen er diagnostiziert werde, hätten ihn bereits im vierten und somit letzten Stadium.
Gebärmutter und Brüste entfernt
Sie behielt ihre Krankheit nicht für sich, sondern ging damit an die Öffentlichkeit, um sie somit ins Bewusstsein der Menschen zu bringen. Im Dezember 2021 ließ sich die Mutter von drei Söhnen vorsorglich die Gebärmutter und beide Brüste entfernen und unterzog sich sechs kräftezehrenden Runden Chemotherapie. Die Chance, dass sie erneut an Krebs erkranken würde, läge bei 6 Prozent, meinten ihre Ärzte anschließend. "Mir wären 100 Prozent natürlich lieber", antwortete Evert, als sie im Januar 2022 die erfreuliche Nachricht bekam, krebsfrei zu sein.
Vor zwölf Monaten dann der Schock: die Krankheit war zurück, wieder im Beckenbereich. "Machen Sie Witze", entgegnete Evert, als ihr Doktor ihr den Befund mitteilte. Heute spricht sie rückblickend von "einem zweiten Weckruf". Es war, zum Glück, erneut Krebs im Anfangsstadium, ohne Metastasenbildung. Und es folgte eine erneute OP und wieder Chemotherapie. Der Unterschied: Diesmal wusste Evert, was auf sie zukam. Diese ersten "vier, fünf Tage" zum Beispiel, "an denen du dich schwach fühlst und widerlich. An denen es dir beschissen geht, die Knochen schmerzen."
Unterstützung von Dauerrivalin Navratilova
Wegen der Behandlung musste Evert, die seit langem als Kommentatorin für verschiedene TV-Sender von den großen Tennis-Turnieren der Welt berichtet, zu Jahresbeginn auf die Australian Open verzichten. Unterstützung bekam sie in dieser Zeit von jener Frau, mit der sie sich einst in 60 Endspielen duelliert und mitunter denkwürdige Matches geliefert hatte: Martina Navratilova.
Ihre einstige Dauerrivalin sprach ihr Mut zu, baute sie auf, hörte zu. Denn Navratilova wusste genau, was Evert durchmachte, wie sie sich fühlte, wie miserabel es ihr trotz alles Zuspruchs und des enormen Willens mitunter ging. Denn sie war 2010 an Brustkrebs und 2023 an Kehlkopfkrebs erkrankt. "Chrissie war für mich da, und nun konnte ich ihr helfen. Wir sind auch so viele Jahre nach unseren Tennis-Karrieren irgendwie immer noch eng verbunden", so Navratilova.
Nur noch 80 Prozent Leistungsfähigkeit
Im Mai kehrte Evert auf ihren Kommentatorin-Platz zurück, für Eurosport, bei den French Open. Jenem Turnier, das sie 1974, als damals 19-Jährige, erstmals gewonnen hatte. Insgesamt triumphierte sie siebenmal in Roland Garros. Das war Rekord, bis 2013, als Rafael Nadal seinen achten Titel holte. Evert berichtete anschließend auch aus Wimbledon und von den US Open.
Sie lacht wieder, hat Freude an ihrem Beruf und an der Arbeit mit Kindern in ihrer Tennis-Akademie in Florida. Doch der Krebs hat Spuren hinterlassen, ihr Körper ist von den Therapien und Medikamenten geschwächt. Sie könne nur noch 80 Prozent von dem machen, was sie vor der Krankheit leisten konnte, sagt Evert. Dennoch ist sie stark genug, um Sport zu treiben, ihren sieben Monate alten Enkel in die Luft zu heben, Tennis zu kommentieren und zu reisen. Man könne halt kein Leben in Angst führen, betont Evert.
Neben ihren Tätigkeiten als Tennis-Kommentatorin und Tennis-Lehrerin ist ihr noch eine weitere Sache ganz wichtig: ihre Arbeit als Fürsprecherin für Krebs-Vorsorge-Untersuchungen. Evert lässt keine Gelegenheit aus, auf die Check-ups hinzuweisen, Frauen und Mädchen daran zu erinnern, wie wichtig diese sind. Und sie hebt hervor, dass diese Untersuchungen mitunter Leben retten können. Das hat sie selbst erfahren.
Quelle: ntv.de