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Nach Springer auch Smith raus Darts-WM hat erstes Spektakel - und einen Rekord-Absturz

Michael Smith verliert in der Weltrangliste fast eine halbe Million Pfund Preisgeld.

Michael Smith verliert in der Weltrangliste fast eine halbe Million Pfund Preisgeld.

(Foto: PDC/Taylor Lanning)

Gleich zwei Deutsche scheiden am fünften Tag der Darts-WM aus, doch einer überzeugt trotzdem und kratzt sogar am deutschen Allzeit-Rekord. Weit weg von seiner Topform ist dagegen Ex-Weltmeister Michael Smith, der eine brutale Niederlage kassiert.

Unterschiedlicher können Niederlagen bei der Darts-WM kaum sein. Nachdem am späten Donnerstagnachmittag im Londoner Alexandra Palace mit Gabriel Clemens der erste von sechs Deutschen ausgeschieden war, erwischte es mit Debütant Niko Springer am späten Abend direkt den nächsten. Doch während Clemens als gesetzter Spieler völlig überraschend gegen den Weltranglisten-77. Rob Owen mit 1:3 verliert und die Weltmeisterschaft als herbe Enttäuschung verbuchen muss, sieht die Welt für Springer trotz des Ausscheidens deutlich besser aus. Auch der Mainzer verliert mit 1:3, hat sich aber kaum etwas vorzuwerfen.

Gegen den exzentrischen Engländer Scott Williams, voriges Jahr sensationell im WM-Halbfinale, begeistert Springer mit sieben 180er-Aufnahmen, einem attraktiven Spieltempo und für ihn untypisch viel Emotionen.

Der erste Satz geht direkt glatt mit 3:0 an den Deutschen. Williams startet schwach, doch das ändert sich schnell. Zum Leidwesen von Springer, der beim Stand von 1:2 im zweiten Satz enorm viel Pech hat. Bei zwei aufeinanderfolgenden Aufnahmen fällt jeweils ein Dart vom Board. 120 statt die maximalen 180 Punkte. Trotzdem bekommt Springer Sekunden später eine Chance auf Doppel, kann sie aber nicht nutzen. Williams gleicht zum 1:1 in den Sätzen aus.

Nach der Werbeunterbrechung nimmt die Partie noch weiter an Fahrt auf. Der dritte Satz ist der beste des bisherigen Turniers. Springer wirft pro Aufnahme im Schnitt unfassbare 114 Punkte. Blöd nur, dass er die Doppel nicht trifft. So verliert der 24-Jährige auch diesen Durchgang mit 1:3 gegen einen ebenso stark aufgelegten Williams. Im vierten Satz lässt Springer erneut zu viele Doppel liegen. Sein englischer Gegner ist beim Wurf auf den acht Millimeter schmalen äußeren Ring konstanter. Williams gewinnt den Satz mit 3:2 und beendet damit die Partie, ohne dass es in einen für Springer verdienten Entscheidungssatz geht.

"Druck von Außen hat mich noch nie gestört"

"Ich genieße trotzdem den Moment, auch wenn es mir schwerfällt. Insgesamt habe ich schon ein gutes Spiel gemacht", bilanziert Springer, der an diesem Tag anders als Clemens trotz einer Niederlage den Medienvertretern Rede und Antwort steht. "Ich habe mich wohlgefühlt auf der Bühne. Gestern Abend war ich schon in der Halle, da war ich geschockt von der Lautstärke. Heute auf der Bühne hat es sich aber gar nicht so laut angefühlt", sagt Springer, der in der kommenden Saison erstmals auf der gesamten Profitour an den Start gehen wird und nicht nur in Deutschland als größtes deutsches Darts-Talent gilt. "Klar, das höre ich auch hier. Das ist auch sehr schön, aber es beeinflusst mich nicht so sehr. Druck von Außen hat mich noch nie gestört", so Springer, dessen Punkteschnitt von 98,93 die historisch drittbeste Leistung eines Deutschen in der Geschichte der Darts-WM bedeutet. Damit liegt Springer nur einen Wimpernschlag hinter den 99,94 Punkten von Gabriel Clemens vor zwei Jahren.

Unglücklich verloren, viel Respekt gewonnen: Niko Springer

Unglücklich verloren, viel Respekt gewonnen: Niko Springer

(Foto: PDC/Taylor Lanning)

Dass es für Springer noch nicht früher auf die WM-Bühne ging, liegt unter anderem daran, dass er sich in den vergangenen Jahren auf seine Berufsausbildung zum Justizfachwirt konzentriert hat. Inzwischen wurde Springer aber auf eigenen Wunsch nach seinem ersten vollen Jahr im Job aus dem Beamtenverhältnis entlassen. Im kommenden Jahr will Springer seine Startberechtigung für die Profitour voll ausnutzen, nebenbei jedoch in Teilzeit als Justizfachwirt weiterarbeiten. "Ich will die Sicherheit nicht aufgeben. Trotzdem werde ich alles versuchen, um mich mit den Besten der Welt zu messen."

Nummer 51 besiegt Nummer 2 der Welt

Dabei wird Springer dann unter anderem auch auf den Weltmeister von 2023 treffen. Michael Smith, der "Bully Boy", gewann bei der vorletzten Ausgabe das Turnier im "Ally Pally". Im Vorjahr schied der Engländer als Titelverteidiger schon im Achtelfinale aus. Diesmal erlebte Smith ein noch viel größeres Waterloo.

Gegen den Niederländer Kevin Doets, in der Weltrangliste vor der WM auf Rang 51 notiert, war Smith trotz eines bestenfalls mäßigen Jahres als klarer Favorit ins Spiel gegangen. Am Ende jubelt aber nur Doets, obwohl die Partie aus Sicht des in Schweden lebenden Niederländers desaströs beginnt. Im ersten Satz verpasst Doets satte elf Darts auf die Doppelfelder. Smith bedankt sich mit der schnellen Führung.

Das bringt dem Noch-Weltranglisten-Zweiten aber keinen Funken Sicherheit. Im Gegenteil. Doets schnappt sich den zweiten Satz und kann auch die erneute Führung von Smith ausgleichen und das Match in den Entscheidungssatz hieven. Dann wird es spektakulär: Zunächst geht Doets 2:0 in Führung. Nur noch ein Leg fehlt zum Sieg. Im vierten Leg erspielt sich der Niederländer den ersten Matchdart, verpasst diesen aber. Smith checkt unter riesigem Druck. Der neue Spielstand: 2:2 in den Sätzen und 2:2 in den Legs.

Vollkatastrophe für den Ex-Weltmeister

Bei diesem Spielstand greift bei der Weltmeisterschaft eine Sonderregel. Es braucht zwei Legs Vorsprung für den Sieg. In der Verlängerung wechselt die Führung hin und her. Beim Stand von 4:4 trifft Doets den winzigen roten Punkt in der Mitte des Dartboards. Bullseye, das am schwierigsten zu treffende Doppel. Im folgenden Leg nutzt "Hawk Eye", so der Spitzname des 26-Jährigen, seinen insgesamt vierten Matchdart für die bisher dickste Überraschung dieser WM.

"Es ist der absolute Wahnsinn. Das werden die besten Weihnachten meines Lebens", frohlockt Doets nach dem größten Sieg seiner Karriere mit Blick auf die Feiertagspause. Nach Weihnachten geht es für ihn um den Einzug ins Achtelfinale. "Dieser Sieg wird mir viel Selbstvertrauen geben." In seinem nächsten Spiel, entweder gegen den Polen Krzysztof Ratajski, Richard Veenstra aus den Niederlanden oder gegen Alexis Toylo von den Philippinen, ist Doets kein Außenseiter mehr.

Hat die größte Überraschung des Turniers geschafft: Kevin Doets

Hat die größte Überraschung des Turniers geschafft: Kevin Doets

(Foto: PDC/Taylor Lanning)

Für den unterlegenen Smith ist die Niederlage eine Vollkatastrophe. Als Weltranglisten-Zweiter ins Turnier gestartet, wird der "Bully Boy" nach der WM bestenfalls noch auf Platz 15 geführt, wahrscheinlich aber sogar noch weiter hinten. Der Grund ist die Berechnung der Darts-Weltrangliste. Das Preisgeld der jeweils letzten zwei Jahren zählt in die Wertung. Weil Smith die WM vor zwei Jahren gewonnen und 500.000 Pfund (circa 600.000 Euro) eingestrichen hat, diesmal aber mit gerade mal 15.000 Pfund (18.000 Euro) vorliebnehmen muss, verliert er in Summe fast sein gesamtes Weltmeister-Preisgeld in der Rangliste.

Einen derart großen Preisgeld-Absturz hat es in der Geschichte des Dartsports erst ein einziges Mal gegeben, als Paradiesvogel Peter Wright bei der letzten WM ebenfalls sein Auftaktspiel verlor.

Quelle: ntv.de

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