"Boxen war sein dritter Sohn" Der große Sauerland wird 80 - oder nicht?
29.02.2020, 08:32 Uhr
Box-Legende Wilfried Sauerland erlangte nach der Wende den großen Durchbruch.
(Foto: imago images/masterpress)
Er ist der bekannteste deutsche Box-Manager und hat den Sport in Deutschland erst aus der Schmuddelecke geholt und dann groß gemacht. Jetzt feiert Wilfried Sauerland seinen 80. Geburtstag. Doch statt der großen Party gibt es erstmal Safari in Kapstadt ohne Handyempfang.
Wilfried Sauerland gönnt sich am Wochenende Antilope. Und Giraffe, Löwe und Elefant. Der Box-Manager geht auf Tierbeobachtung in einem südafrikanischen Nationalpark. "Da bleiben wir drei, vier Tage, stehen um fünf Uhr auf und sehen in aller Stille den Tieren zu. Da gibt es kein Telefon, keinen Trubel, keine Hektik. Das ist das Schönste überhaupt." So feiert der Jubilar an diesem Samstag seinen 80. Geburtstag. "Nur mit meiner Frau. Mit den Kindern und Enkelkindern holen wir die Feier im Sommer nach, wenn wir in Europa sind."
Streng genommen ist das mit dem 80. ein Etikettenschwindel. Je nach Blickwinkel könnte es auch der 20. Geburtstag sein. Am Schalttag 29. Februar geboren zu sein, das hat so seine Tücken. "Manchmal hat das auch seinen Vorteil", berichtet Sauerland. "Früher habe ich am 28. Februar und 1. März gefeiert." Der gebürtige Wuppertaler, der in den 90er-Jahren mit dem mitunter brachialen und blutigen Boxen die deutschen Wohnzimmer via RTL kaperte und daraus seriöse Familien-Unterhaltung machte, lebt seit vielen Jahren in Kaptstadt. "Hier kann man das Leben genießen." Das muss man sich leisten können. Sauerland kann es.
Nisse, links, und Kalle Sauerland sind in die Fußstapfen seines Vaters getreten.
(Foto: imago/Mausolf)
Als gelernter Exportkaufmann hat er jahrelang in Afrika Geschäfte gemacht, verkaufte Anlagen zur Getränke- und Lebensmittelproduktion, in der Düngemittel- und Textilindustrie. "Ich bin mit meinem Leben sehr zufrieden." Das betrifft auch seine Leidenschaft Boxen. Zwar hatte er in Deutschland schon in Graciano Rocchigiani und René Weller sehr erfolgreiche Athleten, den Durchbruch aber brachte ihm der Mauerfall und die Verpflichtung von Ost-Boxern wie Henry Maske und Axel Schulz.
Sauerland vererbt die Leidenschaft
Bis zu 18 Millionen Fernsehzuschauer schalteten sich ein - auch solche, die Faustkampf früher scheußlich fanden. Boxen war plötzlich schick. "Seine wahre Leistung lag vor der Maske-Ära. In den 70er- und 80er-Jahren, als er mit Boxen kein Geld verdient, sondern nur investiert hatte", sagt sein Sohn Kalle. "Das war echte Liebe, er war boxsüchtig. Boxen war schon immer sein dritter Sohn." Die Kinder Kalle und Nisse wurden infiziert. "In meinem Zimmer hingen keine Pop-Gruppen an der Wand, alles war mit Box-Postern zugepflastert", erinnert sich Kalle Sauerland. Heute sind die Söhne Boxpromoter. So wie Maske als Gentleman hofiert wurde, so wurde Sauerland als Saubermann gefeiert. Er holte das zwischen unseriöser Halb- und krimineller Unterwelt dümpelnde Profiboxen aus der Schmuddelecke und machte es stubenrein.
Neben Rocchigiani, Maske und Schulz waren Sven Ottke, Markus Beyer, Arthur Abraham, Marco Huck, Yoan Pablo Hernandez, Alexander Powetkin und Nikolai Walujew die Helden. "Er hat sehr, sehr viel für das deutsche Boxen getan. Gemeinsam mit seinem Konkurrenten Klaus-Peter Kohl hat er die Boxwelt verändert und dazu beigetragen, dass dieser Sport gesellschaftsfähig geworden ist", lobt Thomas Pütz, Präsident des Bundes Deutscher Berufsboxer.
"Er hat vieles sehr gut gemacht", sagt Jean-Marcel Nartz, einst Technischer Direktor bei Sauerland. "Er war ein Pfundskerl. Wir waren Freunde." Seit Nartz sich dem Konkurrenten Universum angeschlossen hatte, sind sie es nicht mehr. Das war 2003. Die heutige Lage des deutschen Boxens ärgert Sauerland. "Es fehlt der Nachwuchs. Es kommt nichts von den Amateuren." Seine Söhne Kalle und Nisse führen die Geschäfte, in die sich Vater Sauerland regelmäßig einmischt. "Aber die Jungs sollen im Vordergrund stehen. Natürlich habe ich an ihnen immer wieder etwas auszusetzen. Aber sie sind auf Zack." Sauerland macht ihnen Mut: "Das deutsche Boxen ist nicht so tot wie vor 40 Jahren."
Quelle: ntv.de, Franko Koitzsch, dpa