Ralf mit Heidfeld und Vettel einig Deutsche tippen auf Schumi
28.09.2006, 11:14 UhrDer Abschied naht und die alten Zwistigkeiten sind ad acta gelegt: Nun gönnt auch Ralf Schumacher seinem Bruder einen triumphalen Abgang aus der Formel 1 mit dem achten WM-Titel. "Ich drücke ihm die Daumen", sagte der Toyota-Pilot in Schanghai und sah Rekordchampion Michael Schumacher im Duell mit dem spanischen Renault-Piloten und Titelverteidiger Fernando Alonso auf der Zielgeraden der Saison im Vorteil. "Das Paket spricht klar für Michael. Reifen und Auto sind eindeutig stärker".
Drei Tage vor dem Großen Preis von China tippten Nick Heidfeld und Newcomer Sebastian Vettel, denen Ferrari-As Schumacher zutraut, die Lücke aus deutscher Sicht nach seinem Karriereende einmal schließen zu können, ebenfalls auf die Rückkehr des deutschen Dominators auf dem WM-Thron. "In den vergangenen Rennen zeichnete sich schon eine Tendenz pro Ferrari ab. Sie sind einen Schritt voraus und haben am Ende den längeren Atem", meinte der Heppenheimer Vettel. "Er hat das stärkere Auto", ergänzte BMW-Sauber-Kollege Heidfeld, der zugleich bereits ein sinkendes Interesse an der Formel 1 nach der Schumacher-Ära befürchtet. "Ich vergleiche das mit dem Rücktritt von Boris Becker im Tennis, auch wenn bei uns wohl nicht so drastisch wird."
Doch noch ist es nicht so weit. Drei Kontinente in vier Wochen, knapp 1.000 Rennkilometer auf dem Asphalt und weit über 30.000 Flugmeilen in der Luft und so gut wie keine Verschnaufpause stehen für Schumacher noch an. In gewisser Hinsicht seien diese letzten drei Rennen schon etwas besonderes, gab er nun zu. "Wenn man es etwa so bezeichnen will, ist es nicht business as usual. Da freu ich mich besonders drauf", sagte Schumacher, der in China mit leicht rötlich gefärbtem Haar auftauchte.
Optische Akzente setzte aber auch Rivale Alonso. Mit Kinnbärtchen im Musketier-Look trat der spanische Renault-Pilot vor die Weltpresse und verströmte große Zuversicht. Das Auto, das ihn zuletzt in Monza noch im Stich gelassen hatte, sei am Maximum, der fatale Fehler am Motor gefunden. Während der Ärger über die vermeintliche Bevorzugung von Ferrari in Monza noch nicht vergessen, aber zumindest verraucht ist, betrachtet er den in den vergangenen Monaten um 23 Punkte auf nur noch zwei Zähler geschmolzenen Vorsprung in der WM-Wertung mit kühlem Kopf. "Als es 25 Punkte waren, wollte ich das nächste Rennen gewinnen und genießen und das ist jetzt genauso. Es gibt keinen Vorsprung, der komfortabel ist", betonte Alonso, der ebenso wie Schumacher mit einem verbesserten und stärkeren Aggregat antreten wird.
"Vom Motor her sind wir vielleicht ein bisschen hinterher", meinte Schumacher, der sich dafür aber im Vorteil in der Aerodynamik der schnittigen "Roten Göttin" wähnt. "Unser Auto ist sehr gut, ob es überlegen ist, würde ich vielleicht nicht sagen. Das Gesamtpaket ist auf gleichem Niveau", behauptete der gern tief stapelnde 37 Jahre alte Kerpener vor seinem drittletzten Grand Prix.
Was danach für ihn selbst kommt, will Schumacher per se nicht preisgeben. Einfache Erklärung: Er wisse es nicht. Was die "Königsklasse" des Motorsports nach dem Ende des langjährigen Regenten droht, schildert Nico Rosberg, der in dieser Saison bei Williams in die Formel-1 einstieg. "Die Formel 1 und die Fans werden ihn vermissen." Andere Piloten würden aber die Lücke, die er hinterlässt, füllen, glaubt Rosberg.
"Man kann nur allen deutschen Fahrern und Deutschen überhaupt wünschen, dass einer von uns um die WM mitfahren kann", sagte Ralf Schumacher, der selbst auch noch immer von seinem ersten Titel träumt. Ebenso wie der zwei Jahre jüngere Heidfeld: "Ich hoffe, dass ich zu einem kleinen Teil so erfolgreich sein kann wie er (Michael Schumacher), ein Siebtel wäre schon nicht schlecht."
Von Jens Marx, dpa
Quelle: ntv.de