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"In Deutschland gibt's nur vier" Deutscher Exot kämpft bei WM um Anerkennung

Nun tanzt Frithjof Seidel zusammen mit Michelle Zimmer durchs Wasser.

Nun tanzt Frithjof Seidel zusammen mit Michelle Zimmer durchs Wasser.

(Foto: IMAGO/ZUMA Wire)

Erst seit zwei Jahren ist Frithjof Seidel Synchronschwimmer. Doch in seiner neuen Karriere braucht er keine lange Anlaufzeit: Mit dem Team holte er EM-Silber. Jetzt geht es erstmals zur WM für ihn.

Über sein Dasein als Exot muss Frithjof Seidel ab und an schmunzeln. "Manchmal finde ich es schon amüsant, dass sich ausnahmsweise Männer ihre Rechte bezüglich der WM-Teilnahme erkämpfen müssen", sagt der Synchronschwimmer über die seltene Minderheitsrolle seines Geschlechts: "In der Gesellschaft ist es ja häufig andersherum."

Seidel war bereits bei Welt- und Europameisterschaften am Start, damals jedoch als Wasserspringer. Der Berliner wurde 2021 nach dem eigentlichen Karriereende aber für das Synchronschwimmen abgeworben und kann sich nach einer rasanten Leistungsentwicklung bereits EM-Silbermedaillengewinner nennen.

Bei den Titelkämpfen im Rahmen der Europaspiele in Krakau holte er mit dem gemischten Team die erste Synchron-Medaille seit 40 Jahren für Deutschland. Nun steht er vor seiner ersten WM als Synchronschwimmer - und ist in Fukuoka damit ein echter Pionier: "Ich war froh und dankbar, dass wir diesen Schritt gegangen sind, dass man das Risiko auf sich genommen hat, mich als unerfahrenen Sportler mit ins Team zu nehmen."

Ziel ist das WM-Finale

Erst seit dieser Saison sind Männer in den Teamwettbewerben international zugelassen. Zwar durften bei den Weltmeisterschaften 2015 Männer zum ersten Mal im Mixed-Duett mitmachen, so war der Bochumer Niklas Stoepel 2017 der erste deutsche männliche Synchronschwimmer bei einer WM. Die Titelkämpfe in Japan markieren nun aber den nächsten Schritt auf dem Weg zu mehr Vielfalt im Becken.

Seidel will dabei Vorreiter und vor allem "sichtbar" sein, sagt er. Der 26-Jährige verfolgt bei seinen Starts am Samstag im Team in der neuen Disziplin Akrobatik (3 Uhr MESZ) und im Mixed Duett (7 Uhr MESZ) eine klare Mission: "Ich hoffe, ich kann ein Vorbild für kommende Athleten sein."

Mit Silber in der Freien Kombination bei den Europaspielen verschaffte er seinem Anliegen bereits eben jene Öffentlichkeit, holte als erster Mann der EM-Geschichte eine Medaille im Team. Bei der WM sind die Ambitionen andere. Das Ziel mit seiner Mixed-Partnerin Michelle Zimmer, die ihn vor drei Jahren überhaupt erst zum Synchronschwimmen holte, und auch in der Akrobatik ist der Finaleinzug.

Sichtbarkeit soll Bewusstsein schaffen

Seit diesem Jahr wird im Synchronschwimmen mehr Wert auf Akrobatik gelegt. Das kommt den Männern dank ihrer größeren Kraftwerte zugute. Deshalb legt man im Team auch besonderen Wert auf Seidels Feedback. "In der Team-Kür spiele ich aufgrund meiner körperlichen Voraussetzungen als Mann gerade bei Hebefiguren eine Schlüsselrolle", berichtete Seidel.

Er blickt aber optimistisch nach vorn - auch, was weitere Mitstreiter angeht. "Ich glaube, viele Menschen sind sich nicht bewusst, dass das ein Sport ist, den alle betreiben können. Aber es ist ein Prozess, und ich hoffe, dass die aktuelle Sichtbarkeit ein bisschen was an dem Bewusstsein der Menschen ändert", sagt er. In Deutschland kenne er derzeit vier Synchronschwimmer: "Inklusive mir."

Das Ziel am Horizont ist Olympia. 2024 in Paris dürfen erstmals Männer im Teamwettbewerb starten. "Nächstes Jahr ist das eher noch unrealistisch", ordnet Seidel ein: "Aber 2028 wäre ein Ziel, zudem besteht Hoffnung, dass auch das gemischte Duett als Disziplin aufgenommen wird. Das wäre eine große Chance."

Quelle: ntv.de, ses/tsi/sid/dpa

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