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"Bedrohung der Sicherheit"Die "Eiserne Front" wird zum MLS-Politikum

18.09.2019, 18:44 Uhr
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Um diese Frage entbrennt in der Major League Soccer ein heftiger Streit. (Foto: imago images / Icon SMI)

In der amerikanischen Major League Soccer herrscht Aufregung: In mehreren Stadien werden Fahnen geschwenkt, mit denen an das 1933 von den Nazis verbotene Bündnis "Eiserne Front" erinnert wird. Die Liga wertet das als "politische Stellungnahme". Das ist eine durchaus kuriose Begründung.

Es ist wohl nicht vermessen zu behaupten, dass 99,99 Prozent der Amerikaner bis vor knapp vier Wochen nichts mit der "Eisernen Front" anzufangen wussten. Doch spätestens seit dem 23. August, seit dem ohnehin emotional aufgeladenen Derby zwischen den Portland Timbers und den Seattle Sounders, läuft in der Fußball-Profiliga MLS eine heftige Debatte über die 1931 gegründete, von der SPD dominierte Bewegung, die im März 1933 von den Nationalsozialisten verboten wurde.

Tatsächlich geht es um eine Fahne. Das Symbol der Eisernen Front waren drei von rechts oben nach links unten gerichtete Pfeile, meist in schwarzer oder weißer Farbe auf rotem Grund. Das Bündnis bekämpfte neben den Nationalsozialisten auch die Kommunisten und Monarchisten. In Fußball-Stadien in den USA wird nun zunehmend eine grüne Fahne geschwenkt, auf der drei gelbe Pfeile von rechts oben nach links unten zeigen. Sie ist nicht zuletzt ein Symbol der militanten Antifa-Bewegung.

Besonders heftig diskutiert wird über die "Iron Front" in Portland und in Seattle. In Portland tauchte die Fahne schon vor Jahren im Block der "Timbers Army" auf, seit Saisonbeginn jedoch stuft die MLS sie als eine "politische" Stellungnahme ein: Beim Spiel gegen Seattle am 23. August schwiegen daraufhin die Fangruppierungen beider Mannschaften in Erinnerung an das Jahr 1933 für 33 Minuten, um gegen das Verbot der Fahne durch die Liga zu protestieren.

Fan-Gruppen ignorieren das Verbot

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Politische Stellungnahmen in MLS-Stadien sind durchaus erlaubt. (Foto: imago images / Icon SMI)

Eine zunehmende Anzahl von Fan-Gruppierungen ignoriert das Verbot freilich - mit kuriosen Folgen. In Seattle wurde am Wochenende der Anführer der "Emerald City Supporters" (ESC) des Stadions verwiesen, weil er die Iron-Front-Fahne schwenkte: Aus Protest verließen sämtliche ESC-Mitglieder zu Beginn der zweiten Halbzeit ihre angestammten Blöcke. Fangruppen aus mehreren MLS-Standorten haben sich mittlerweile unter dem Hashtag "#AUnitedFront" solidarisiert.

Auch in der Frauen-Profiliga ist die Iron-Front-Fahne in verschiedenen Farbvarianten mittlerweile präsent; Weltstar Christine Sinclair, kanadische Kapitänin der Portland Thorns, ließ sich sogar mit einem T-Shirt fotografieren, auf dem die drei Pfeile zu sehen sind. Derlei politische Stellungnahmen laufen "konträr zur tief verwurzelten Annahme der Amerikaner, dass Sport frei von Politik sein sollte", schrieb die Zeitung "Washington Post". Die Fan-Kultur im Fußball ist vielen in den USA suspekt.

Die "Timbers Army" lässt sich nicht stoppen

Immerhin: Es wird gesprochen. An diesem Donnerstag treffen sich Vertreter der Fanklubs und der MLS zum Meinungsaustausch. Da wird wohl auch zur Sprache kommen, dass andere als politisch einzustufende Meinungsäußerungen in den Stadien erlaubt sind - etwa die Regenbogenfahne oder das im Stadion von Seattle nach wie vor zu sehende Banner: "Anti-Fascist, Anti-Racist, Always Seattle". Dagegen hält die MLS die Iron-Front-Fahne für eine "Bedrohung der Sicherheit" der Spiele.

Den Mund hat sich die "Timbers Army" derweil nicht verbieten lassen. Sie singt nach wie vor inbrünstig "Bella Ciao": Das Protestlied in der Version italienischer Partisanen im Zweiten Weltkrieg gilt als eine Hymne antifaschistischer, anarchistischer, kommunistischer und sozialdemokratischer Bewegungen.

Quelle: Thomas Häberlein & Mike Woitalla, sid

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