Im Schatten des Flaggschiffs Die leise Rückkehr des Frauen-Achters
14.05.2021, 16:01 Uhr
Der Weg zurück in die Weltspitze ist lang.
(Foto: imago images/Laci Perenyi)
Der deutsche Frauen-Achter war über Jahre von der Bildfläche verschwunden. Doch nach Silber bei der Europameisterschaft im Vorjahr hofft das Team nun gar auf ein Ausrufezeichen in Tokio. Es wäre auch ein Schritt heraus aus dem Schatten der Männer im Deutschland-Achter.
Die Faszination, die Begeisterung oder das große Interesse der Öffentlichkeit - an all das hat sich der Deutschland-Achter längst gewöhnt. Während das Flaggschiff nahezu alles im deutschen Rudern überstrahlt, war der Frauen-Achter lange von der Bildfläche verschwunden. Bei den Olympischen Spielen will das Team nun aber an frühere Erfolge anknüpfen - und aus dem Schatten der Männer treten.
Es geht darum, das Boot voranzubringen, "damit irgendwann ein Raunen durch die Menge geht, wenn der Frauen-Achter vorbeifährt", sagt Crewmitglied Marie-Catherine Arnold. Die Erfolge, das Standing, aber vor allem die Leistungen des Paradebootes im Männerbereich seien "natürlich etwas, wo man hinkommen will. Aber das ist gar nicht unser heutiger Anspruch."
Teilnahme in Tokio könnte "Schub" geben
Der Fokus liegt zunächst auf der finalen Regatta in Luzern und auf der Qualifikation für die Sommerspiele vom 23. Juli bis 8. August. Mit fünf anderen Nationen, darunter Europameister Rumänien, kämpfen die deutschen Frauen im Finale am Montag um die letzten beiden Tickets. Eine Teilnahme in Tokio wäre ein "sehr gutes Zeichen" und könnte "einen Schub" geben, glaubt Arnold.
Dass sich nun eine realistische Chance ergibt, ist keinesfalls selbstverständlich. Lange galt der Frauen-Achter als Sorgenkind im Deutschen Ruderverband (DRV). Die großen Zeiten, etwa mit Goldmedaillen bei Weltmeisterschaften oder Olympia-Bronze 1992, sind längst vorbei. 18 Jahre liegt der letzte große Erfolg mit WM-Gold in Mailand inzwischen zurück, die Weltspitze war enteilt.
Erfolg sorgt für Euphorie
Mit der völlig überraschenden Fahrt zu EM-Silber meldete sich der Frauen-Achter im Vorjahr aber zurück. "Mehr Euphorie" habe dieser Erfolg reingebracht, sagt Arnold, "und uns vor Augen geführt, dass das Ziel Olympische Spiele realistisch ist und keine Träumerei." In Rio war das Großboot nicht einmal dabei, doch die Sorgen im Riemenbereich der Frauen sind der Zuversicht gewichen.
Neuen Schwung brachte die Verlegung zum Bundesstützpunkt nach Potsdam vor rund zwei Jahren. Im Australier Tom Morris kommt dazu ein Bundestrainer, der eine "andere Herangehensweise" und "andere Schwerpunkte" mitbringt, erklärt Arnold. Der Frauen-Riemenbereich sei vorher "nicht so fokussiert angegangen worden. Da ist jetzt ein anderer Zug drin."
Tokio ist eigentlich nicht einmal das primäre Ziel, das Projekt richtet sich vielmehr auf die Spiele in Paris 2024 - das gilt für den Zweier, den Vierer und vor allem für den Achter. "Aber in den letzten Wochen kann ich auch eine sehr positive Entwicklung erkennen, über die ich sehr glücklich bin", sagt Morris. Der Weg aus dem Schatten der Männer wird kürzer.
Quelle: ntv.de, tno/sid