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Volleyballer spielen um Olympia Die letzte Mission des "Hammer Schorsch"

Grozer ist gereift. Früher eher auf sich bedacht, ist er heute Führungsspieler.

Grozer ist gereift. Früher eher auf sich bedacht, ist er heute Führungsspieler.

(Foto: imago images / Conny Kurth)

Deutschlands Volleyballer versuchen, in Berlin ein Ticket für die Olympischen Spiele zu ergattern. Doch die Aufgabe in einem Klassefeld wird knüppelhart. Um sich durchzusetzen, wird der beste Spieler des Landes in Bestform benötigt, der sich mit 35 Jahren im Herbst seiner Karriere befindet.

Man kennt das ja mit dieser hektischen Zeit vor dem Fest, das erst wenige Tage zurückliegt: Es müssen die Geschenke besorgt, das Essen zubereitet, das Haus geschmückt und der Tannenbaum aufgestellt werden. Das kann ganz schön in Hektik ausarten und einen auf Trab halten. Wenn Georg Grozer von Weihnachtsstress spricht, meint er allerdings etwas völlig anderes: Deutschlands bester Volleyballer hatte am heiligen Abend Training bei seinem Arbeitgeber im russischen St. Petersburg. Am ersten Weihnachtstag trat er zum Pokal-Halbfinale an, um am 26. Dezember das Finale gegen Kazan zu bestreiten, das er verlor, obwohl er zum besten Angreifer des Turniers gewählt wurde.

Langeweile kam bei Grozer über die Feiertage nicht auf.

Langeweile kam bei Grozer über die Feiertage nicht auf.

(Foto: imago images / Conny Kurth)

Danach ging es für den Ausnahmeangreifer fast direkt aus der Umkleidekabine zum Flughafen, um nach Berlin zu jetten, wo sich Grozer mit seinen Kollegen aus der Nationalmannschaft traf. Vor den Toren der Hauptstadt bereitete sich die deutsche Auswahl in der Sportschule Kienbaum auf die Olympia-Qualifikation vor, die für Grozer zur letzten großen Mission seiner langen und ereignisreichen Karriere wird. Der Profi war bereits vor vier Jahren nach der verpassten Qualifikation für die Spiele in Rio de Janeiro zurückgetreten, ließ sich dann jedoch zur Rückkehr überreden. Das soll es kein zweites Mal geben, "dieses Jahr ist für mich in der Nationalmannschaft definitiv Schluss."

Sein Programm der letzten Wochen empfand der Routinier als "knallhart und ziemlich straff". Was immerhin den Vorteil mit sich bringe, "dass ich sehr gut im Rhythmus bin". Für das Team des italienischen Bundestrainers Andrea Giani ist das eine gute Nachricht, denn Deutschlands Volleyballer benötigen einen Grozer in Bestform, wenn sie in der kommenden Woche ihr großes Ziel in der Berliner Max-Schmeling-Halle erreichen wollen.

Eine Mini-EM als Ausscheidungsturnier

Deutschland ist eine von acht Nationen, die sich bei der europäischen Ausscheidung um ein einziges noch zu vergebendes Ticket streiten. Das Turnier wird also zu einer Art Mini-EM, wobei hochkarätige Teams wie Europameister Serbien, Vize-Europameister Slowenien und die mit Weltklasseakteuren gespickte Mannschaft aus Frankreich mit im Rennen sind.

Deutsche Spiele in der Olympia-Quali

Sonntag, 5. Januar: Deutschland - Tschechien (19.30 Uhr)
Montag, 6. Januar: Deutschland - Belgien (20.10 Uhr)
Dienstag, 7. Januar: Deutschland - Slowenien (20.10 Uhr)

Die Halbfinals finden am Donnerstag, 9. Januar statt, das Finale am Freitag, 10. Januar.

Auf die deutsche Auswahl wartet also eine Herkulesaufgabe, und Grozer ist auch mit 35 Jahren immer noch der Hoffnungsträger. "Wenn Georg fit ist, ist er die Motivationsmaschine auf dem Feld", sagt René Hecht. Der Berliner muss es wissen, denn er ist nicht nur der Präsident des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV), sondern mit 385 Spielen auch Rekord-Nationalspieler: "Er reißt die Leute mit, übernimmt Verantwortung und ist in der Lage, die entscheidenden Punkte zu machen", betont Hecht.

Dazu kommt, dass der gebürtige Ungar im Herbst seiner Karriere auch als Persönlichkeit so sehr gereift ist, dass er ein Team führen kann. DVV-Sportdirektor Christian Dünnes, der einst mit Grozer gemeinsam in der Nationalmannschaft auflief, findet es "erstaunlich, wie er sich außerhalb des Volleyballfeldes entwickelt hat". Wer den bärenstarken Hünen von früher kenne, der zolle Respekt, "welch riesige Schritte er gemacht hat". Der Brachial-Aufschläger sei inzwischen "nicht nur wegen seiner Angriffsgewalt fundamental wichtig" für die deutsche Mannschaft, "sondern vor allem auch für seine Art, wie er das Team gemeinsam mit Lukas Kampa als Persönlichkeit führt". Das sieht Hecht genauso. Er bezeichnet Grozer und Zuspieler Kampa als "Leuchttürme der Nationalmannschaft".

Es geht nicht mehr um das eigene Vergnügen

Neben Grozer der zweite "Leuchtturm der Nationalmannschaft": Kapitän Lukas Kampa.

Neben Grozer der zweite "Leuchtturm der Nationalmannschaft": Kapitän Lukas Kampa.

(Foto: imago images / Conny Kurth)

Die beiden Protagonisten des deutschen Teams sind eng befreundet, seit sie einst beim Moerser SC ihre Karriere starteten. Damals, zu Beginn des neuen Jahrtausends, war Grozer jemand, der die ewige Jugend propagierte und sich im Keller seines Hauses eine Spielwiese mit Pokertisch und Bacardi-Bar einrichtete. Während seiner zahlreichen Auslandsengagements in Italien, Polen, Russland, China und Südkorea ist er zum Mann gereift, der nicht mehr nur das eigene Vergnügen, sondern auch das große Ganze im Blick hat.

"Hammer Schorsch" empfindet es "definitiv als extrem wichtig, in eine Mannschaft seinen Charakter reinzubringen. Für mich zählt nicht mehr nur, wie hart ich auf den Ball haue und wie viele Asse ich schlage, sondern auch, wie ich mit meinen Mitspielern umgehe." Die Zeiten, in denen sich Grozer einzig und allein über seine Rolle als Volleyballer definierte, sind längst vorbei. Mit Spielmacher und Kapitän Kampa weiß der Angreifer einen engen Vertrauten an seiner Seite. Die Kumpels haben inzwischen beide Kinder, die Rolle als Vater schärft offenbar die Sinne und befähigt die Protagonisten, in ihrer Mannschaft Führungsaufgaben zu übernehmen.

Nationalspieler Moritz Reichert vom Deutschen Meister aus Berlin, der erstmalig zum "Volleyballer des Jahres" gewählt wurde, hat verinnerlicht, "wie immens wichtig es für uns ist, dass Georg bei der Olympia-Qualifikation topfit ist", so der 24-Jährige: "Schließlich ist er bei uns weiterhin der Spieler, der den Unterschied machen kann."

Quelle: ntv.de

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