Fußball-WM 2010

Klassiker gegen England perfekt DFB-Team besteht Härtetest

Vom neuen Deutschland ist im WM-Gruppenfinale gegen Ghana nicht viel zu sehen, zu groß ist der Druck. Zum Sieg reicht es trotzdem, weil Chancentod Mesut Özil in der zweiten Halbzeit einmal brilliert, Chancentod Ghana hingegen nicht. Im Achtelfinale wartet jetzt England auf die junge deutsche Mannschaft.

Der Erlöser aus deutscher Sicht heißt Mesut Özil. Sein Tor ebnete den Weg zum Gruppensieg.

Der Erlöser aus deutscher Sicht heißt Mesut Özil. Sein Tor ebnete den Weg zum Gruppensieg.

(Foto: dpa)

Die schlechte Nachricht lautet: Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat auch gegen Ghana nicht an das grandiose und dominante WM-Auftaktspiel gegen Australien anknüpfen können. Die gute Nachricht ist: Sie hat trotzdem gewonnen, mit 1:0 durch ein Traumtor von Mesut Özil. Das junge Team von Bundestrainer Joachim Löw hat damit nicht nur eine neue Qualität gezeigt, sondern auch das erste deutsche Vorrunden-Aus bei einer WM-Endrunde abgewendet. Nach dem satten Schuss des Bremers Özil in den Torwinkel (60.) vor 83.391 Zuschauern im Soccer City Stadion von Johannesburg sind auch die Diskussionen um die Zukunft des Bundestrainers erst einmal hinfällig.

"Die Mannschaft hat sich schwergetan. Ich hatte das Gefühl, da fehlte das Selbstbewusstsein. Aber ich glaube, gegen England wird es eine Leistungssteigerung geben", bilanzierte DFB-Präsident Theo Zwanziger die 90-minütige Zitterpartie. Auch Kapitän Philipp Lahm atmete erleichtert auf: "Es war auch Glück dabei. Der Druck war groß, aber wir haben ihm standgehalten. Die Mannschaft ist jung und hat das bewältigt." Nun sei die Vorfreude auf England groß. Am Sonntag (16.00 Uhr) in Bloemfontein steht im Achtelfinale das 32. Duell gegen den Erzrivalen an.

Sorgenkind: Bastian Schweinsteiger hat sich am Oberschenkel verletzt.

Sorgenkind: Bastian Schweinsteiger hat sich am Oberschenkel verletzt.

(Foto: REUTERS)

Zu einem Problem könnte dabei allerdings eine Blessur des starken Bastian Schweinsteiger werden, der sich zehn Minuten vor dem Ende an den linken Oberschenkel griff und gegen Toni Kroos ausgewechselt werden musste. Bei einer ersten Untersuchung durch Mannschaftsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt wurde bei dem Münchner eine Verhärtung der Oberschenkelrückseite festgestellt. Löw sagte nach der Partie: "Ich hoffe, dass er rechtzeitig rausgegangen ist mit seiner Muskelblessur. Sollte Schweinsteiger ausfallen, wäre das nicht gerade von Vorteil." Immerhin: Eine weitere Gelbe Karte handelten sich die fünf vorbelasteten deutschen Spieler in der Partie gegen die Ghanaer, die durch Australiens 2:1-Sieg über Serbien trotz der Niederlage als einziges afrikanisches Team die K.o.-Runde erreichten, nicht ein.

Druck lange Zeit zu groß

Die Angst vor einem Versagen schien der deutschen Mannschaft im Alles-oder-Nichts-Spiel lange Zeit die Beine zu lähmen, einer schob die Verantwortung auf den anderen. Dann wurde ausgerechnet Özil nach Vorarbeit des jüngsten deutschen Spielers Thomas Müller zum Matchwinner und war entsprechend glücklich. "Ich musste schon vor der Halbzeit das 1:0 machen. Dass ich diese Chance vergeben habe, war sehr bitter für mich. Aber ich wusste, dass ich noch ein Tor mache. Vor mir stand keiner, da habe ich einfach geschossen", schilderte der Bremer die Szene in der 60. Minute, als er das Zuspiel von Müller aus 18 Metern unhaltbar in den Torwinkel gejagt hatte. Neun Minuten zuvor hatte nur eine Klasseparade von Torhüter Manuel Neuer gegen Andre Ayew einen Rückstand verhindert.

Manuel Neuer hatte mehr zu tun, als ihm lieb sein konnte. Hinter sich greifen musste er nicht.

Manuel Neuer hatte mehr zu tun, als ihm lieb sein konnte. Hinter sich greifen musste er nicht.

(Foto: REUTERS)

Löws Schützlinge schienen dem nervlichen Druck kaum gewachsen. Das galt nicht nur für die jungen Spieler, sondern auch für einen Routinier wie Per Mertesacker. Der Bremer erwies sich mehr als Abwehrrisiko denn als Abwehrstütze und eröffnete den Ghanaern mit verlorenen Kopfball-Duellen mehrfach die Chance zum Tor. Gut, dass Neuer bei den Unsicherheiten seiner Vorderleute die Übersicht behielt und mehrfach auf dem Posten war. Auch Jerome Boateng, der auf der linken Abwehrseite anstelle von Holger Badstuber zum Zuge, lieferte bei seinem WM-Debüt gegen das Team seines Halbbruders Kevin-Prince eine solide Vorstellung, wie die Einzelkritik bestätigt.

Nur Schweinsteiger konstant gut

In der Offensive lief das deutsche Spiel alles andere als rund. Zehn Tage nach dem gefeierten 4:0 gegen Australien zum WM-Auftakt drohte auch Özil ein Opfer seiner Nerven zu werden, ehe er sich mit dem goldenen Treffer zum Matchwinner aufschwang. Schweinsteiger war lange Zeit der einzige, der sich im deutschen Mittelfeld um Struktur bemühte, doch dem Münchner fehlte die Unterstützung. Cacau als Vertreter des gesperrten Miroslav Klose und Lukas Podolski waren in ihren Aktionen zu ungenau. Und die Standardsituationen des DFB-Teams verpufften wie eh und je wirkungslos.

Bei den "Stars" unterstrich Kevin-Prince Boateng, dass er in wenigen Wochen schon zum Leistungsträger seiner Mannschaft gereift ist. Der frühere Berliner, der mit seiner bösen Attacke Michael Ballack um die WM-Teilnahme gebracht hatte, war zentrale Anspielstation und leistete sich nicht ein einziges Foul.

Übergroße Nervosität

Bei optimalen Bedingungen, aber empfindlicher Abendkühle waren die ersten Aktionen der deutschen Mannschaft von übergroßer Nervosität geprägt. Wie schon im Serbien-Spiel wurden die Angriffe meist zu zaghaft vorgetragen, nur selten ging es zielstrebig nach vorne. Dennoch wäre in der 10. Minute beinahe das Führungstor gefallen. Nach einer scharfen Hereingabe von Podolski verhinderte nur eine Blitzreaktion von Ghanas Keeper Richard Kingson ein Eigentor von Jonathan Mensah, der den Ball in Richtung kurze Ecke abgefälscht hatte.

Geschlagen: Richard Kingson war bei Özils Geniestreich in Minute 60 machtlos.

Geschlagen: Richard Kingson war bei Özils Geniestreich in Minute 60 machtlos.

(Foto: REUTERS)

Fünf Minuten später beschwor ein Stellungsfehler von Mertesacker erste Gefahr vor dem deutschen Tor herauf, Schweinsteiger klärte nach dem Solo von Kwadwo Asamoah in höchster Not vor dem einschussbereiten Asamoah Gyan. Nach einem mustergültigen Zuspiel von Cacau lief Özil (25.) allein auf das ghanaische Tor zu und hätte das 1:0 machen müssen, doch der Bremer zielte anstatt den Ball zu lupfen mit seinem Flachschuss genau auf den Körper von Kingson. In der 60. Minute machte er es besser und erlöste seine Mannschaft.

Quelle: ntv.de, cwo/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen