Siegen - und trotzdem fliegen? Griechisches Endspiel für Otto
17.06.2010, 09:04 UhrDie griechischen Medien spekulieren nach dem peinlichen Fehlstart offen über seinen Abschied und schreiben Abgesänge, Coach Otto Rehhagel ficht das nicht an. Der älteste WM-Trainer ist bestrebt, in Südafrika auch mit der antiquiertesten Taktik spielen zu lassen. Im ersten Endspiel gegen Nigeria soll deshalb ein dritter Innenverteidiger die Viererkette verstärken.
Finale für Otto Rehhagel und seine Griechen. Sollten sie (16.00 Uhr/ZDF und im n-tv.de Liveticker) auch ihr zweites Spiel gegen Nigeria verlieren, droht ihnen bei der Fußball-WM in Südafrika das vorzeitige Aus. Aber selbst ein Wunder könnte den 71-Jährigen wohl nicht mehr vor dem Ende seiner neunjährigen Amtszeit bewahren, denn seinen Spielern soll er schon vor dem Spiel in Bloemfontein verraten haben: "Ich möchte erhobenen Hauptes gehen. Wir haben schöne Momente erlebt. Es kann sein, dass wir in einigen Tagen nicht mehr zusammen sind." Das berichtete die Zeitung "Goalnews".
Rehhagel selbst ließ keine Fragen zu seiner Zukunft zu, verteidigte sich aber gegen die Kritik an seiner Arbeit. "Als mein Assistent und ich hier angefangen haben, war Griechenland auf Platz 65 der Weltrangliste. Jetzt sind wir auf Platz 13 und waren schon einmal Zehnter. Das ist die nackte Wahrheit", sagte er: "Wenn wir eines Tages einen Ronaldo, Kaka oder Messi im Team haben sollten, könnten wir auch den dementsprechenden Fußball spielen."
Immergleiche Kritik
Die Kritik am einstigen Meistercoach ist immer gleich: Er lasse zu defensiven Fußball spielen und halte in Nibelungentreue an "Lieblingen" wie Angelos Charisteas fest. Die Zeitung "Kathimerini" schrieb in einem Kommentar bereits den Abgesang auf den Coach: "Was Rehhagel zu geben hatte, ist vollendet. Auch wenn ein Wunder geschehen sollte und wir würden uns für das Viertelfinale qualifizieren, ändert es nichts daran. Das Verhältnis Rehhagel - Nationalmannschaft muss beendet werden." Sein Nachfolger soll in dem Portugiesen Fernando Santos bereits gefunden worden sein.

"Wenn wir irgendwann mal Ronaldo, Kaka oder Messi haben, dann können wir auch dementsprechenden Fußball spielen." Gegen Nigeria setzt Rehhagel mangels geeigneten Personals wieder auf konsequente Defensive.
(Foto: dpa)
Der früheren Frankfurter Sotirios Kyrgiakos dementierte allerdings, dass Rehhagel sich bereits vom Team losgesagt habe. "Er hat nie gesagt, dass er geht", betonte der Abwehrspieler des FC Liverpool, fügte jedoch an: "Jeder kann die Worte interpretieren, wie er will." Vor dem Duell mit den "Super Eagles", die nach dem 0:1 gegen Argentinien ebenfalls unter Zugzwang stehen, appellierten sowohl Kyrgiakos als auch Rehhagel an den Teamgeist: "Wir müssen zusammenhalten und 100 Prozent geben. Wir haben noch 90 Minuten und werden alles versuchen", sagte der Verteidiger.
Jeder muss alles geben
Sein Trainer meinte in Bloemfontein: "Jeder muss bereit sein, alles für Griechenland und sich selbst zu geben. Die Mannschaft muss zeigen, dass sie noch eine kleine Chance hat, und um diese Chance muss sie mit Leidenschaft fighten." Sollten sie selbst gegen Nigeria verlieren und Argentinien gegen Südkorea mindestens einen Punkt holen, wäre das Ausscheiden der Griechen besiegelt. Um das zu verhindern, müssten sie im Vergleich zum 0:2 gegen Südkorea "die Fehlerquote auf ein Minimum reduzieren", sagte Rehhagel: "Moralisch haben wir uns nach dieser Niederlage aber wieder gefangen."
Taktisch bleibt auch alles beim Alten für die Griechen, Rehhagel verordnet ihnen die totale Defensive. Der älteste WM-Trainer ist bestrebt, auch mit der antiquiertesten Taktik spielen zu lassen. Nach dem Abschlusstraining in Bloemfontein kündigte er an, zusätzlich einen dritten Innenverteidiger aufzubieten. Seine einleuchtende Begründung: "Zuletzt haben wir mit der Viererkette leider zwei Tore kassiert." Wie bei Rehhagels Ultra-Defensive endlich das ersehnte erste WM-Tor der griechischen Fußballgeschichte fallen soll, bleibt sein Geheimnis.
Den Nigerianern ist der Wirbel im gegnerischen Lager egal. Wolfsburgs Stürmer Obafemi Martins behauptete über Rehhagel sogar: "Ich kenne den gar nicht." Zudem droht den Westafrikaner auf dem eigenen Kontinent selbst das vorzeitige Aus. Trainer Lars Lagerbäck ist jedoch optimistisch. "Ich glaube, wir haben eine gute Chance zu gewinnen", sagte der Schwede und plant in der Offensive einige Änderungen. Martins dürfte für Victor Obinna ins Team rücken und Hoffenheims Chinedu Obasi für Osaze Odemwingie Platz machen müssen.
Quelle: ntv.de, dpa/sid