Neues aus Frankreichs Tollhaus Spieler boykottieren Training
20.06.2010, 19:24 UhrDie Affäre um Nicolas Anelka zieht bei Vizeweltmeister Frankreich weitere Kreise. Nach seinen Beleidigungen gegen Trainer Raymond Domenech muss der Stürmer vorzeitig nach Hause fahren. Das Team um Franck Ribéry tritt daraufhin in den Streik: Kein Training.

Und tschüss: Die französischen Spieler verlassen den Platz.
(Foto: dpa)
Fußball-Vizeweltmeister Frankreich verkommt in Südafrika zum Tollhaus. Mit einem Trainings-Streik haben Franck Ribéry & Co. gegen den Ausschluss von Nationalstürmer Nicolas Anelka protestiert. Anelka soll Trainer Raymond Domenech wüst beleidigt haben und musste deshalb vorzeitig die Heimreise antreten. Ein handfester Streit zwischen Kapitän Patrice Evra und Konditionstrainer Robert Duverne sowie die Kündigung von Delegationschef Jean-Louis Valentin machten das Chaos komplett.
"Ich bin empört und angewidert, ich gebe meinen Job hier auf. Was hier passiert, ist ein Skandal für den Verband, für die französische Mannschaft und für das gesamte Land. Die wollen nicht trainieren. Das ist inakzeptabel", erklärte Valentin sichtlich erschüttert. Beim Streit zwischen Evra und Duverne musste Domenech die beiden Männer trennen, um eine Eskalation zu verhindern. Duverne warf seine Stoppuhr zu Boden und ging verärgert davon.
Trainer verliest Erklärung der Spieler

Und der Trainer verließt ihre Erklärung.
(Foto: dpa)
Und die Mannschaft? Bestieg den Bus und verschwand. Als die Mannschaft verschwunden war, las Domenech in deren Namen sogar eine Stellungnahmne vor. "Alle Spieler, ohne Ausnahme, protestieren gegen die Entscheidung der FFF (französischer Verband, Anm. d. Red.), Nicolas Anelka zu suspendieren", zitierte der Coach. Die Weigerung des Verbandes, sich vor dem Rauswurf von Anelka mit diesem auszutauschen, habe zu dem Trainingsboykott geführt. Am Ende des Briefes hieß es: "Wir sind uns unserer Verantwortung bewusst. Wir werden alles geben, damit Frankreich seine Ehre wiederfindet."
Die Delegation des Vize-Weltmeisters, der am Dienstag gegen den WM-Gastgeber Südafrika eigentlich seine letzte kleine Chance auf den Einzug in das Achtelfinale nutzen wollte, ist in heller Aufruhr. Ausgelöst hatte den jüngsten Skandal die Sporttageszeitung L'Equipe. Auf der Titelseite stand der ungehörige Satz: "Va te faire enculer, sale fils de pute." ("Fick dich in den Arsch, du dreckiger Hurensohn"). Mehr als die Worte selbst erregte allerdings deren Veröffentlichung die Gemüter.
Gesagt haben soll den Satz so oder ähnlich Anelka zu Domenech. Zeitpunkt: Pause beim Spiel zwischen Frankreich und Mexiko (0:2), Ort: die französische Kabine. Was die Equipe Tricolore fast rasend macht, ist die Tatsache, dass Streit und Obszönitäten nach draußen drangen. "Das Problem ist nicht Anelka, sondern der Verräter, der unter uns ist", betonte Kapitän Evra. "Wir bedauern, was passiert ist, aber noch mehr bedauern wir die Veröffentlichung des Streits." Derartige Vorfälle gehörten "zum Leben eines Weltklasse-Teams".
Quelle: ntv.de, dpa/sid