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Price spielt mit Kopfhörern Gabriel Clemens schafft verrückte Darts-Sensation

Gabriel Clemens hat 100.000 Pfund Preisgeld sicher mit dem Einzug ins Halbfinale.

Gabriel Clemens hat 100.000 Pfund Preisgeld sicher mit dem Einzug ins Halbfinale.

(Foto: Imago)

Das deutsche Darts-Märchen bei der Weltmeisterschaft in London geht weiter: Gabriel Clemens gewinnt sensationell gegen den Weltranglisten-Ersten Gerwyn Price mit 5:1 und zieht ins Halbfinale ein. Der unterlegene "Iceman" zieht im Laufe des Spiels alle Register.

Die Darts-Weltmeisterschaft ist nicht nur aus sportlicher Sicht um einen denkwürdigen Abend reicher. Gabriel Clemens steht sensationell im Halbfinale, er zerlegt den Weltranglisten-Ersten Gerwyn Price im Londoner Alexandra Palace mit 5:1. Der "Iceman" ist nach Satz vier so frustriert und verzweifelt, dass er wegen der Buhrufe aus dem Publikum plötzlich mit riesigen Kopfhörern spielt. Das hat es noch nie gegeben.

Völlig kurios: Gerwyn Price mit Kopfhörern.

Völlig kurios: Gerwyn Price mit Kopfhörern.

(Foto: IMAGO/Pro Sports Images)

Geholfen hat das alles nichts. Die Verzweiflungstat schien Price nur noch mehr vom richtigen Weg abzubringen. Clemens schnappte sich auch Satz fünf, zum sechsten Durchgang erschien Price plötzlich wieder ohne den kuriosen Gehörschutz, dafür aber mit winzigen In-Ear-Ohrenstöpseln. Gebracht hat auch das nichts. Gabriel Clemens nutzte seinen ersten Matchdart zum Sieg und steht nach dem erstmaligen Einzug eines Deutschen ins Viertelfinale nun auch erstmals im Halbfinale.

"Es ist unglaublich. Danke, Deutschland", sprudelte es aus einem völlig überwältigten Gabriel Clemens im ersten Interview auf der Bühne heraus. "Happy new year", schob der 39-Jährige Saarländer noch hinterher. "Das fühlt sich sehr gut an. Ich bin noch ein bisschen sprachlos, aber mega happy", sagte Clemens auf der anschließenden Pressekonferenz.

Clemens gewinnt fünf Sätze in Folge

Price begann vor 3.000 Zuschauern (davon 600 aus Deutschland) zunächst bärenstark. Der "Iceman" gewann den ersten Satz im Eiltempo. Für die drei Legs brauchte er gerade mal 42 Darts, ein überragender Wert. "Das hat er einfach gut gemacht, aber es war auch sein Anwurf-Satz, von daher war ich nicht beunruhigt", sagte Clemens, der seine starke Form aus den bisherigen drei WM-Partien ebenfalls schnell fand. Price bekam ab dem zweiten Satz Probleme, während Clemens immer häufiger das acht Millimeter schmale Triple-Feld traf. Der 1:1-Ausgleich in den Sätzen war folgerichtig.

In Satz drei setzte Price wiederum das erste Signal mit sechs perfekten Darts, doch nachhaltig war das nicht. Vielmehr zog Clemens, der zwischenzeitlich bei einem Punkteschnitt von 107 pro Aufnahme stand, den Satz an sich. Er konnte sich dabei sogar sieben verpasste Darts zum Satzgewinn erlauben, Versuch Nummer acht brachte schließlich die 2:1-Führung für den "German Giant".

In Satz vier ähnelte sich das Bild: Clemens hatte ein besseres Scoring als der Weltranglisten-Erste, konnte sich dadurch erneut sogar viele Fehler beim Wurf auf die Doppel leisten. Der Durchgang ging trotzdem mit 3:1 an den Saarländer.

Dann wurde es absurd: Der "Iceman" war von den vereinzelten Buhrufen des Publikums offenbar derart genervt, dass er nach der Satz-Pause plötzlich mit Kopfhörern aus den Katakomben kam. Es schien ihn nur kurz zu beflügeln. Einen Leg-Gewinn bejubelte er mit einer hämischen Geste Richtung der Zuschauer, die er ja nicht mehr hören konnte. Clemens ließ sich aber nicht beeindrucken, zog auch den fünften Satz auf seine Seite.

Clemens wurde nach dem Spiel gefragt, was er gedacht habe, als Price mit Gehörschutz auf die Bühne zurückkehrte. "Dass ich den Satz unbedingt gewinnen muss", so die vielsagende Antwort. Die beispiellose Aktion des Weltranglisten-Ersten schien Clemens zusätzlich motiviert zu haben. "Ich wollte ihm unbedingt zeigen, dass es nicht nur am Gehörschutz liegt."

Der Saarländer zeigte sich auch überrascht, dass die Aktion überhaupt erlaubt ist. Entscheidend ist laut Regelbuch aber, dass keine Musik oder Podcasts abgespielt werden, reiner Gehörschutz ist dagegen erlaubt. Manche Spieler nutzen Gehörschutz längst seit vielen, dann aber eben kleine Ohrenstöpsel, keinen Gehörschutz, als würde es auf den Bau oder aufs Flughafenrollfeld gehen.

Auch Van den Bergh, Smith und van Gerwen weiter

Im Halbfinale am Montagabend trifft Clemens nun auf Michael Smith. Der "Bully Boy" gewann am Nachmittag das Duell mit seinem englischen Landsmann Stephen Bunting mit 5:3. Seine Leistung war aber kein Ruhmesblatt, vielmehr hätte Außenseiter Bunting die Partie eigentlich gewinnen müssen. Doch seine zuletzt starke Doppelquote ließ "The Bullet" diesmal im Stich. Smith, der deutlich seltener als Bunting die Triple-Felder traf, profitierte von vielen Fehlern seines Gegners. "Das war nicht meine beste Leistung heute. Die Hälfte des Spiels habe ich Müll gespielt, aber manchmal gewinnt man eben dreckig", so das Fazit von Smith, der sich nach eigener Aussage "zu stark unter Druck gesetzt" habe.

Das erste Viertelfinale am Neujahrstag wurde ebenfalls nach acht Sätzen entschieden. Dimitri Van den Bergh schrieb mit seinem 5:3-Sieg über Jonny Clayton belgische Darts-Geschichte. Der 28-Jährige zog im dritten Versuch erstmals in die Vorschlussrunde ein und ist nun der erste Belgier im Halbfinale der Darts-WM. "Ich bin so glücklich. Ich durfte das Hotel um eine weitere Nacht verlängern, muss morgen früh nicht um 06.45 Uhr aufstehen, kann ausschlafen. Das bedeutet, ich habe gute Sachen gemacht bei dieser WM", sagte Van den Bergh zu ntv.de.

An den letzten beiden Turniertagen gibt es keine der bei den Akteuren eher unbeliebten Nachmittagsspiele mehr. Van den Bergh kann den Tag also ganz entspannt angehen, bevor er es am Abend im Halbfinale mit Topfavorit Michael van Gerwen zu tun bekommt. Der Darts-Superstar aus den Niederlanden hatte beim 5:0 gegen Chris Dobey überhaupt keine Probleme.

Quelle: ntv.de

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