Jagd auf Phil Taylor bei Dart-WM "Gänsehaut am ganzen Leib"
23.12.2014, 10:01 Uhr
Max Hopp hat noch viel vor: Mit 18 Jahren ist er der jüngste Teilnehmer bei der PDC-Darts-WM 2015.
(Foto: picture alliance / dpa)
In London sucht die Darts-Welt in diesen Tagen nach ihrem Meister: Bei der Darts-WM der Professional Darts Corporation (PDC) kämpfen 64 Teilnehmer um die Krone, die am 4. Januar 2015 vergeben wird. Mit dabei: Ein deutsches Ausnahmetalent. Max "The Maximiser" Hopp, der mit 18 Jahren in diesem Jahr bereits zum dritten Mal hintereinander in den "Alexandra Palace" (von Spielern und Fans liebevoll "Allypally" genannt) fährt, ist einer von drei deutschen Teilnehmern bei der WM. Neben Hopp sind auch Jyhan Artut und Sascha Stein mit dabei.
Während Artut gegen Rekordweltmeister Phil Taylor zum Auftakt mit 0:3 unterlag, schaffte es Stein mit einem 3:1 gegen Stuart Kellet aus England überraschend in die zweite Runde. Dort trifft er am 27. Dezember auf Titelverteidiger Michael van Gerwen aus den Niederlanden. Für Max Hopp steht das erste Spiel noch an. Der Hesse ist einer von nur fünf Deutschen, die als Darts-Profis ihr Geld verdienen. Bei der WM wird von Anfang an im Ko-System gespielt - in Runde eins erwartet Hopp gleich eine große Aufgabe: Mervyn King, aktuelle Nummer zehn der Welt. Mit n-tv.de sprach "The Maximiser" über seine Vorbereitung, die Titelfavoriten - und über Psychotricks beim Darts.
n-tv.de: Herr Hopp, sind Sie aufgeregt?
Max Hopp: Aufgeregt ist man immer. Die WM ist was Spezielles. Auch wenn man schon dabei war – man ist zwar routinierter und kennt die Abläufe. Aber wenn man dann im Allypally steht, hat man Gänsehaut am ganzen Leib.

Wer wird Darts-Weltmeister?
Bei den letzten beiden WMs sind Sie nicht über die erste Runde hinausgekommen. Gibt es denn Dinge, aus denen Sie gelernt haben?
Da gibt es viele Erkenntnisse. Ich war jung und hab' halt einfach mal draufgeworfen. Aber ein Spiel muss man gestalten. Man muss sich auch Zeit nehmen, wenn es nicht so läuft. Für mich waren vor allem die Anfänge wichtig. Ich habe meistens anfangs ein paar Legs ganz gut gestartet und auch ein paar 180er geworfen, aber das nie über die Ziellinie gebracht. Die folgenden Sets hab ich mich schleifen lassen und dann trotz einer Führung verloren. Das trainiere ich auch in der Vorbereitungsphase: Wenn es am Anfang läuft, sich trotzdem weiter reinbeißen und das Ding auch ins Ziel bringen.
Wie muss man sich die Vorbereitung eines Dartsspielers vorstellen?
Ich habe einen Wochenplan, in den auch Fitness und Physiotherapie mit einfließt. Täglich trainiere ich vier Stunden Darts mit einem Computersystem, das mir die genaue Trefferquote ausrechnet und auch zum Beispiel zeigt, welche Doppelfelder man üben sollte und welche nicht. Dreimal in der Woche gehe ich ins Fitnessstudio, ansonsten gehe ich noch zweimal in der Woche zur Physiotherapie, dass die Muskeln und Sehnen sich richtig entspannen - die aufrechte Wurfhaltung ist sehr wichtig beim Darts.
Mit 18 Jahren sind Sie der der jüngste Teilnehmer im Feld. Sehen Sie das Alter eher als Vor- oder Nachteil?
Ich sehe das eher als Vorteil. Ich bin noch jung und habe nichts zu verlieren, ich kann befreit aufspielen. Ich muss nicht so sehr beweisen wie ein 40- oder 50-Jähriger, dass ich wirklich seit 10 Jahren ein guter Spieler bin.

Die Spieler müssen auf der Scheibe genau 501 Punkte werfen.
(Foto: Wikipedia/IIVQ unter cc-by-sa 3.0)
"Ausnahmetalent" ist eines der Worte, das man hört, wenn man Leute wie Phil Taylor oder Raymond van Barneveld über Sie sprechen hört. Wo sehen Sie Ihre besonderen Stärken?
Meine besondere Stärke ist, dass ich in einem Spiel die Ruhe bewahre. Ich verliere nicht so schnell die Nerven. Ich bin von Natur aus unheimlich ehrgeizig. Selbst wenn mein Gegner vorne ist und ich weiß, dass ich nicht gut spiele, dann registriere ich das zwar - aber ich glaube trotzdem noch an mich. Ich gebe nicht auf, bis der letzte Dart im Board steckt.
Bei der Weltmeisterschaft duellieren sich die Kontrahenten in der am weitesten verbreiteten Darts-Variante "501". Jeder Spieler beginnt mit 501 Punkten und muss diese genau auf 0 Punkte herunterspielen. Geworfen wird immer im Wechsel mit je drei Pfeilen. Der letzte Pfeil um auf 0 zu kommen, muss ein Doppelfeld treffen. Die höchstmögliche Punktzahl, die mit einem Pfeil geworfen werden kann, ist 60. Dafür müssen die Spieler in das Triple-20-Feld treffen. Ein Treffer in das Bull's Eye wird mit 50 Zählern belohnt.
Wer als Erster genau 0 Punkte erreicht, gewinnt ein sogenanntes Leg. Drei gewonnene Legs bringen den Gewinn eines Satzes. Die Anzahl der Gewinnsätze erhöht sich im Laufe des Turniers. Im Finale gilt es, sieben Sätze für sich zu entscheiden. Kommt es zu einem finalen 13. Entscheidungsset, braucht der Sieger zwei Legs Vorsprung. Wem das als Erstem gelingt, der gewinnt den Titel.
Besonders begeistert sind die Zuschauer von einem "9-Darter". Man benötigt mindestens 9 Pfeile, um von 501 auf 0 Punkte zu kommen. Ein 9-Darter ist also das bestmögliche Spiel. Er wird bei der WM mit bis zu 25.000 Pfund prämiert.
Ein komplettes Darts-ABC zum Mitreden finden Sie hier.
Sie sprechen es selbst an: Welche Rolle spielt die Psychologie beim Darts?
Darts wird nicht umsonst ein Mentalspiel genannt – zu 70 Prozent ist das ein Kopfspiel. Auf der Bühne hat man den Einfluss von mehreren Tausend Zuschauern, die grölen und singen.
Gibt es psychologische Tricks, mit denen man sein Gegenüber aus dem Konzept bringen kann?
Oh, da gibt es einige. Der Gegenspieler kann einen natürlich aus dem Rhythmus bringen. Man kann langsamer spielen, langsamer zum Board vorlaufen oder antäuschen, dass man einen Dart wirft. All das stört so ein bisschen den Rhythmus. Diese Tricks kann man zwar einfließen lassen, ich habe da aber eine andere Einstellung dazu: Man sollte sein Spiel spielen. Psychotricks sind natürlich erlaubt, aber ich will besser sein als der Gegner und nicht durch irgendeinen Trick gewonnen haben.
Sie haben gleich zu Beginn ein hartes Los gezogen: Mervyn King, Nummer 10 der Welt. Studieren Sie Ihre Gegner vor einem Spiel oder lassen Sie das Match einfach auf sich zukommen?
Ich stelle mich immer auf meine Gegner ein. Man analysiert zum Beispiel Videos. Es gibt ja auch Spiele, die er verloren hat, aber die er eigentlich hätte gewinnen müssen. Da achtet man dann ganz genau drauf, wie er in solchen Situationen wirft: dass er ein bisschen verkrampft, dass er hinter dem Gegner gestikuliert oder die Augen verdreht. Und man hört sich auch die Interviews an, die er gibt und stellt sich ein bisschen drauf ein. Mervyn King ist ein harter Gegner. Ich sehe es aber so: Er muss wirklich beweisen, dass er die Nummer 10 der Welt ist. Ich bin der junge Deutsche, von dem nicht so viel erwartet wird. Deshalb kann ich ganz befreit aufspielen.
Phil "The Power" Taylor hat in den letzten Jahrzehnten die Darts-Welt wie kein anderer geprägt. Als Laie sieht man zwar, dass er sehr gut Darts werfen kann. Was macht ihn aber aus der Sicht eines Darts-Profis zu einem solchen Ausnahmespieler?
Phil Taylor macht insbesondere aus, dass er ein ordentlicher Arbeiter ist. Er geht millimetergenau auf die Felder: Er platziert die ersten Pfeile am untersten Rand des Triples, damit er sich die anderen dann drauflegen kann. Und er geht beim Training erst vom Board, wenn er zufrieden ist. Mal trainiert er dann auch nur eine Stunde, wenn es passt. Und wenn er nicht zufrieden ist, dann trainiert er so lange, bis alles sitzt, wie er es möchte. Viele andere Spieler machen da eher einen Tag Pause und legen die Pfeile weg, wenn sie merken, dass es nicht läuft.
Max "The Maximiser" Hopp ist einer von nur fünf deutschen Darts-Profis. Der 18-jährige Hesse aus Idstein begann im Alter von 12 Jahren nach einem Handballunfall mit dem Darts-Sport – und entpuppte sich als Ausnahmetalent. Nach drei Monaten gewann er sein erstes Turnier. Er spielte im Jugendnationalteam. Mit 16 fuhr er zum ersten Mal zur WM nach London – als zweitjüngster WM-Teilnehmer aller Zeiten.
Was ist Ihr Ziel bei der WM?
Jedes Spiel ist für mich ein Finale. Ich gebe alles. Und natürlich ist jetzt erstmal das Ziel, die erste Runde zu überstehen, das wird eine sehr schwierige Aufgabe. Die Chancen, die ich kriege, die werde ich nutzen.
Wer ist für Sie der Favorit auf den Titel?
Dieses Jahr gibt es glaube ich eine Favoritengruppe, die auf einem Top-Niveau spielen kann. Es ist nicht mehr diese Dominanz des Phil Taylors. Ich glaube, es wird dieses Jahr zu viel von Van Gerwen und Taylor erwartet, sodass vielleicht eher Gary Anderson oder James Wade, die beide momentan sehr gut spielen, eine Chance auf den WM-Titel haben.
Mit Max Hopp sprach Fabian Maysenhölder
Quelle: ntv.de