Sport

430 Millionen für BaseballerGehalt-Wucher und Stadion-Ebbe in der MLB

28.03.2019, 16:18 Uhr
imageVon Heiko Oldörp, Boston
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Mike Trout (links) führt die Gehaltsliste der Baseball-Profis an: Bis 2030 verdient er 430 Millionen Dollar. (Foto: imago images / ZUMA Press)

Die Saison der Major League Baseball beginnt, in Nordamerika heißt es wieder: "Play Ball!". Allerdings sorgen weniger die spektakulären Spiele für Schlagzeilen, sondern vielmehr die hohen Gehälter und die wie leer gefegten Stadien. Der Sport hat ein Attraktivitätsproblem.

Der 2. März war für Bryce Harper ein schöner Tag. Der Baseball-Profi hatte mit seiner Unterschrift Sportgeschichte geschrieben. Harper unterzeichnete bei den Philadelphia Phillies einen Vertrag über 13 Jahre. Sein Einkommen wird in dieser Zeit 330 Millionen Dollar betragen. Eine derartige Laufzeit und ein derartiges Gehalt hatte es zuvor noch nicht in der Historie der nordamerikanischen Profiligen gegeben. Im September hatte ihm sein alter Klub, die Washington Nationals, noch eine Vertragsverlängerung für 300 Millionen Dollar und zehn Jahre angeboten - Harper jedoch abgelehnt.

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Bryce Harper durfte sich nicht allzu lange über den Titel "Topverdiener" unter den Baseball-Profis freuen. (Foto: www.imago-images.de)

In Washington müssten sie sich anschließend ziemlich veralbert vorgekommen sein, als Harper am Tag seiner ersten Pressekonferenz im Trainingslager seines neues Arbeitgebers erfreut betonte, es sei "ein gutes Gefühl, zu wissen, dass die Phillies mich unbedingt wollten." Was er nicht sagte: Er wollte vor allem eines - die Rekordsumme von 325 Millionen Dollar überbieten, die Giancarlo Stanton seit 2014 bei den New York Yankees verdient. Und das war ihm mit dem Deal in Philadelphia gelungen.

17 Tage Spitzenreiter der Spitzenverdiener

Harper durfte sich genau 17 Tage darüber freuen, der Spitzenreiter unter Nordamerikas Spitzenverdienern zu sein. Dann griff Mike Trout zum Stift und setzte bei den Los Angeles Angels seine Unterschrift unter einen Vertrag bis 2030. Der 27 Jahre alte Center Fielder wird bis dahin die gigantische Gage von 430 Millionen Dollar einnehmen. "Bei dieser Summe fällt man glatt aus dem Sessel", sagte umgehend eine Reporterin im US-Fernsehen. Trouts Kontrakt ist der größte der Sportgeschichte - und war in den amerikanischen Medien über einige Tage hinweg das beherrschende Thema.

Er sei generell dagegen, Sportler mit Verträgen auszustatten, die eine Laufzeit von mehr als sechs Jahren hätten, betonte der bekannte Sportjournalist Stephen A. Smith. "Aber wenn ich eine Ausnahme machen würde, dann für Mike Trout." Derartig gewaltige Vertragsvolumina sind im Baseball nur aufgrund der langen Laufzeiten möglich. Aufs Jahr gerechnet beträgt Trouts Einkommen 36 Millionen Dollar. Da kommt der bestbezahlte Quarterback der National Football League, Aaron Rodgers von den Green Bay Packers, mit seinem Jahresgehalt von 33,5 Mio Dollar fast heran. Steph Curry von den Golden State Warriors, der Topverdiener der NBA, übertrifft es mit seinen 37,46 Mio Dollar sogar. Doch sein Vertrag gilt nur für fünf Jahre, der von Rodgers nur für vier. Sowohl in NFL als auch NBA wären Zwölf-Jahres-Verträge undenkbar, denn sie wären viel zu riskant.

Geringeres Verletzungsrisiko

Baseball gilt zwar als Kontaktsport, dennoch gibt es hier keine Zweikämpfe und nahezu keine Kollisionen der Spieler wie zum Beispiel im American Football. Zudem ist Baseball konditionell nicht so herausfordernd wie Basketball, sondern eher ein strategisches Spiel. Somit ist die Anzahl der schweren Verletzungen geringer und die Karrieredauer länger. Im Schnitt spielt ein MLB-Profi 5,6 Jahre. Zum Vergleich: In der NBA sind es 4,8 Jahre, in der NFL gar nur 3,5 Jahre. In der Gunst der Fernsehzuschauer ist die MLB in den USA klarer Dritter hinter NFL und NBA - und hat bei weitem nicht ein so cooles Ansehen.

Dennoch gehören Ball, Schläger und Fanghandschuh fest zur amerikanischen Kultur. Liebhaber heben hervor, dass Baseball der Sommersport schlechthin ist. Viele Fans verbinden ihn mit T-Shirts, Shorts und Flip-Flops. Mit lauen Sommerabenden und ein paar Bieren im Freundes- oder Kollegenkreis. Und die MLB spielt jeden Tag. Von Ende März bis Anfang Oktober. Denn allein die Vorrunde umfasst 162 Spiele pro Team.

Miami verliert 52 Prozent der Zuschauer

Das wiederum nehmen viele zum Anlass von Kritik. Zu viele Spiele, zu wenige davon sind wirklich wichtig. Wer in der NFL die ersten drei Saisonspiele verliert, muss sich bereits Sorgen um das Erreichen der Playoffs machen. In der MLB ist die Ko-Runde selbst bei acht Niederlagen zu Beginn noch locker möglich. Andererseits haben einige Teams bereits zur Hälfte der Saison keine Chance mehr, in der entscheidenden Meisterschaftsphase ab Oktober dabei zu sein. Das wiederum sorgt für viele leere Plätze in den Stadien.

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Jose Urena von den Miami Marlins muss sich an weniger Zuschauer gewöhnen. (Foto: www.imago-images.de)

Die Tageszeitung "USA Today" berichtete im Herbst, dass der Zuschauerschnitt in der vergangenen Saison um 4,2 Prozent gesunken sei - von 30.042 Fans pro Spiel 2017 auf 28.774. Acht Teams vermeldeten einen Rückgang von "zwölf Prozent oder mehr". Bei den Miami Marlins blieben gar 52 Prozent der Zuschauer gegenüber dem Vorjahr weg.

Und dann ist da noch das Thema Spielzeit. Bereits 1962 hatte der Präsident der American League, Joe Cronin, in einem Schreiben moniert, dass die Matches zu lange dauern würden. Damals betrug die durchschnittliche Spielzeit 2:34 Stunden. Mittlerweile dauert eine Partie über neun Innings im Schnitt um die drei Stunden. Es können aber auch schon mal fünf Stunden werden. Wer hat in der heutigen, schnelllebigen Zeit noch eine solch lange Aufmerksamkeits-Spanne? Gerade bei den Jugendlichen - der künftigen Baseball-Generation?

Die vielen Wechsel der Werfer. Die lange Einwurfphase, wenn ein neuer Pitcher ins Spiel kommt. Die zahlreichen Versuche, die die Schläger haben, um den Ball zu treffen. Die langen Pausen zwischen den Innings. Die Anzahl der erlaubten Besuche der Trainer auf dem Wurfhügel, um seinem Werfer taktische Anweisungen zu geben. Es gibt viele Möglichen, Zeit einzusparen. Einiges wurde schon getan, doch es könnte alles noch etwas mehr limitiert werden. Am Sinnvollsten wäre jedoch, ein Match von neun auf fünf Innings einzudämmen. Doch zu diesem drastischen Schritt fehlt den Liga-Offiziellen noch der Mut.

BaseballUSA