Goldschwimmer bei WM in Budapest Gejagter Wellbrock verspürt "Hunger auf mehr"
15.06.2022, 19:59 Uhr
Schwimmer Florian Wellbrock jubelte bei Olympia in Japan 2021 über Gold.
(Foto: Oliver Weiken/dpa)
Als Doppelweltmeister und Olympiasieger ist Florian Wellbrock bei der WM in Budapest der Gejagte. Auch aus dem eigenen Team erwächst große Konkurrenz - doch das stachelt den Schwimmstar nur noch mehr an. Ein Top-Trio will sich zu Höchstleistungen pushen.
Die erste Niederlage kassierte Florian Wellbrock schon vor der WM - gegen den zwölfjährigen Vincent. Das Schulkind zog bei der ARD-Show "Klein gegen Groß" mit einem Wasserbecher auf der Stirn deutlich mehr Bahnen als der Schwimm-Olympiasieger. "Vincent war ganz groß und hat mir gezeigt, dass man Konkurrenten niemals unterschätzen darf", sagte Wellbrock schmunzelnd.
Das soll ihm bei der am Freitag beginnenden Schwimm-WM (bis 3. Juli) nicht passieren. In Budapest will der 24-Jährige seine zwei WM-Titel im Becken (1500 Meter) und Freiwasser (10 Kilometer) erfolgreich verteidigen und endlich auch den 800-Meter-Fluch beenden. Die Zeiten des Unterstatements sind nach seinem Coup von Tokio vorbei. "Auf meinem Niveau geht man an den Beckenrand und will Gold. Ich brauche da nicht zu stehen und die Hosen voll zu haben", sagte Wellbrock dem NDR.
Man merkt: Als Olympiasieger und Doppelweltmeister hat Wellbrock ein anderes Selbstverständnis entwickelt, auch wenn er "immer noch nach links und rechts" schaue. Der Magdeburger liebt den Konkurrenzkampf - und der könnte in seiner eigenen Trainingsgruppe größer nicht sein. Der vier Jahre jüngere Lukas Märtens schwamm im April mit drei Weltjahresbestzeiten und deutschem Rekord über 800 Meter Freistil aus Wellbrocks Schatten. Dazu gesellte sich nach Kriegsbeginn der ukrainische Doppel-Europameister Michailo Romantschuk.
Nicht zufrieden nach Olympia-Gold
Das Top-Trio pusht sich zu Höchstleistungen, und nicht selten zieht Wellbrock dabei den Kürzeren. "Aber er kämpft sich dann zurück und nimmt es als Ansporn", lobte Cheftrainer Bernd Berkhahn. Eifersüchteleien gebe es keine, versicherte Wellbrock. "Wir geben uns nach jeder harten Einheit die Hand und gucken uns nochmal in die Augen", sagte er im SID-Interview, "egal, wer der Schnellste war".
In Budapest will aber er als Nummer eins anschlagen - zuerst in der Duna Arena über 800 und 1500 Meter Freistil und später bei seinem Dreifachstart im Lupasee. Um diesen Marathon zu bestehen, legte Wellbrock in der Vorbereitung mehr Wert auf Grundlagenausdauer und Regenerationsfähigkeit. "Man wird sehen, inwieweit das Einfluss auf seine Geschwindigkeit im Becken hat", sagte Berkhahn, "da bin ich gespannt."
Wellbrock hat noch viel vor. Anders als bei seiner Frau Sarah, die sich zurzeit auf ihr Jura-Studium konzentriert, bleibt sein Fokus auf dem Leistungssport. In den kommenden drei Jahren gibt es viel zu gewinnen, allein vier Weltmeisterschaften und Olympia in Paris stehen an. "Man könnte denken, dass man mit olympischem Gold zufrieden ist und Ruhe haben will", sagte Wellbrock, "aber bei mir macht das Hunger auf mehr."
Seine Goldmedaille für das nahezu perfekte 10-Kilometer-Rennen in Tokio liegt mittlerweile "in einem Bankschließfach", verriet der Immobilienkaufmann, "ich schaue gar nicht mehr drauf." Aber die Videos von seinem Rennen und der anschließenden Siegerehrung laufen oft auf seinem Laptop. "Daraus ziehe ich viel Kraft", sagte er. Das verlorene Duell gegen den kleinen Vincent wird sich Florian Wellbrock aber eher nicht mehr anschauen.
Quelle: ntv.de, dbe/sid