WM-Aus für Leader Rieder Hagers "Killer" sorgt für Ärger beim DEB
09.05.2017, 12:07 Uhr
Patrick Hager hat der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft einen Bärendienst erwiesen.
(Foto: imago/Horstmüller)
Der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft droht bei der WM gegen Russland lange ein Debakel. Doch ein starkes Schlussdrittel verwässert den Eindruck. Der Bundestrainer ist zufrieden, ärgert sich aber über seinen Top-Stürmer.
In Köln, da wo die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft derzeit um das WM-Viertelfinale kämpft, haben sie Patrick Hager erst vor wenigen Wochen aus dem Haie-Kader geschmissen. Über die Gründe schwieg sich der DEL-Klub aus. Medienberichten zufolge soll sich der 28-Jährige teamschädigend verhalten haben. Sein Benehmen habe der Stimmung innerhalb des Teams geschadet. Hager soll Mitspieler zu hart kritisiert haben. Die Haie flogen ohne ihren Top-Stürmer gegen Wolfsburg aus den Playoffs. Nun, sieben Wochen später, sorgt Hager wieder für Aufregung. Diesmal im Trikot der Nationalmannschaft.
- Elf Spieler, die in der laufenden Saison NHL-Einsätze absolviert haben, wären für die Slowakei zum Turnierstart verfügbar gewesen.
- Aber weder Zdeno Chara (Boston Bruins) oder Marian Hossa (Chicago Blackhawks), noch jüngere Stars wie Tomas Tatar (Detroit Red Wings) oder Richard Panik (ebenfalls Chicago) gaben ihre Zusage.
- Vorbei sind die Zeiten um die Jahrtausendwende, als 2002 die Mannschaft um Miroslav Satan oder Peter Bondra sensationell Gold gewann.
- Die letzte WM in Deutschland war mit Rang zwölf eine Katastrophe, Silber im Jahr 2012 eine seltene Ausnahme.
Es läuft das dritte Vorrundenspiel der Weltmeisterschaft. Deutschland trifft auf den großen Titel-Favoriten Russland. Alles andere als eine klare Niederlage für die Mannschaft von Bundestrainer Marco Sturm wäre eine Überraschung. Dass es am Ende nur 3:6 heißt, ist für die Auswahl des DEB schmeichelhaft. Ein starkes Schlussdrittel verwässert den schwachen Eindruck der ersten beiden Abschnitte, nach denen es hochverdient 0:5 gestanden hatte.
An der Aufholjagd längst nicht mehr beteiligt ist Hager. In Minute 14 hatte der Angreifer den russischen Kapitän Sergej Mosjakin mit einem Schlittschuhtritt ausgehebelt. Der knallt mit dem Hinterkopf aufs Eis und muss die Halle verlassen. Hager fängt sich eine Matchstrafe ein, ist damit auch für das nächste Spiel gegen die Slowakei (Mittwoch, 20.15 Uhr) gesperrt - und entscheidend an der Pleite gegen Russland beteiligt.
"Dann kam die Strafzeit gegen Hager ..."
"Jede Niederlage tut einfach weh, egal gegen wen. Ich finde trotzdem, dass die Jungs am Anfang bis zum 0:2 gut drauf waren, voller Energie", lobte der Bundestrainer. "Doch dann kam die Strafzeit gegen Hager, das hat unser Spiel durcheinandergebracht. Wir haben dann leider in Unterzahl zwei Tore kassiert, das tut dann schon weh."
Die Niederlage lediglich an der Strafzeit aufzuhängen, das wollte niemand im Team. Weil sie aber halt genau in jene Phase fiel, als Deutschland erstmals gut im Spiel war, sagte Sturm: "Hager muss sich besser benehmen. Er hat uns in Schwierigkeiten gebracht. Er muss sich einfach besser kontrollieren." Sturmkollege Philipp Gogulla, ebenfalls Kölner, kritisierte: "Das war der Killer."
Allerdings war es auch so: Die Russen beeindruckten bei ihrem dritten Turnier-Auftritt erneut mit Spielfreude und Einsatzhärte – wenn die Bereitschaft zum Körperspiel oft auch an der Grenze war. Die deutschen Spieler bemühten die russische Robustheit dann auch nicht als Entschuldigung für ihren phasenweise fahrigen Auftritt. "Uns ist es zwei Drittel lang nicht gelungen, an unsere Leistungsgrenze zu gehen", erklärte Youngster und WM-Tordebütant Frederik Tiffels (60., zum 3:6) selbstkritisch. "Wir sind noch lange nicht am Maximum."
Bundestrainer Sturm kritisierte die immer selben Fehler seiner Jungs: "Wir müssen einfach schlauer spielen. Das vermisse ich ein bisschen. Es waren heute wieder sechs Gegentore und wieder waren Gegentore - nicht alle sechs, aber doch viele Gegentore - unsere Schuld."
"Das ist sehr, sehr bitter"
Beim 2:1-Sensationssieg zum Auftrakt gegen die USA hatte vor allem Keeper Thomas Greiss weitere Gegentore verhindert. Gegen die Topnationen Russland und Schweden (2:7) setzte es dann herbe Klatschen. Mindestens so schwer wie die anhaltende Abwehrschwäche wiegt die Verletzung von Tobias Rieder. Der Stürmer der Arizona Coyotes erlitt gegen die Sbornaja einen Riss der vorderen Syndesmose im rechten Fuß.
"Das ist sehr, sehr bitter für uns, weil er einer unserer NHL-Spieler und ein absoluter Leader ist", sagte Sturm im ZDF-Morgenmagazin. Der 24-Jährige hatte sich die Verletzung im ersten Drittel bei einem Zusammenprall mit Teamkollege Brooks Macek zugezogen. Bereits bei der WM im vergangenen Jahr in Russland hatte er einen Teileinriss des Innenbandes im linken Knie erlitten und war nach nur vier Spielen für den Rest des Turniers ausgefallen.
Gegen die Slowakei, die ohne elf lustlose NHL-Stars ins Turnier gestartet ist, fallen nun also gleich zwei deutsche Top-Stürmer aus. Zwei Plätze hat der DEB im WM-Aufgebot für Feldspieler indes noch frei. Mannheims David Wolf ist bereits beim Team in Köln, aber noch nicht gemeldet, da Sturm eigentlich auf Unterstützung aus der NHL wartet. In der Nacht auf Donnerstag scheiden in den Playoffspielen zwischen Korbinian Holzers Anaheim Ducks und Leon Draisaitls Edmonton Oilers sowie Philipp Grubauers Washington Capitals und Tom Kühnhackls Pittsburgh Penguins definitiv zwei Nationalspieler aus. Das Duo würde dann allerdings wohl erst im letzten Vorrundenspiel gegen Lettland auflaufen. Da ist auch Patrick Hager dabei – wenn er sich im Griff hat.
Quelle: ntv.de