Reporter-Legende feiert Geburtstag Harry Valrien wird 85
03.11.2008, 12:04 UhrWenn sich die Skirennfahrer auf zwei Brettern ins Tal stürzten und Kopf und Kragen riskierten, dann war Harry Valrien in seinem Element und der Zuschauer daheim vor dem Bildschirm ganz nah dabei. "Sappradi. Bursch' pass' auf!", rief er mit so viel Erstaunen und Entsetzen ins Mikrofon, dass es den TV-Zuschauern in der warmen Stube kalt den Rücken herunter lief. Die Reportagen des großen Wintersport-Experten sind Kult, sein liebenswerter, aber auch unerbittlicher Umgang mit den Gästen im "Aktuellen Sportstudio" im ZDF legendär. Am 4. November feiert der Grandseigneur der Sportreportage seinen 85. Geburtstag.
Mit großem Fachwissen, Neugier und Charme prägte Valrien Jahrzehnte lang den Sportjournalismus im deutschen Fernsehen. Seine Mischung aus brillantem Journalismus, Leidenschaft und bayerischem Wortwitz wurde oft kopiert, aber nie erreicht. Zahlreiche Auszeichnungen von der "Goldenen Kamera" bis zum "Bambi in Gold" sind Zeichen für Valriens Einmaligkeit. "Reporter war mein Traumberuf", hat er einmal gesagt.
Über Umwege zum Traumberuf
Dabei hatte der Sohn eines Pressefotografen zunächst mit Sport und Journalismus wenig am Hut. Mit 14 verlor er seine Mutter durch einen Autounfall, ein Jahr später starb sein Vater an den Folgen eines Herzleidens. Valrien wurde von seinem Großvater erzogen, der ihn in eine Lehre zum Mechaniker steckte, um als Geselle dann in einem "kriegswichtigen Betrieb" zu arbeiten. Nach Kriegsende machte der begeisterte Skifahrer und Schwimmer seine Leidenschaft zum Beruf und begann 1946 seine journalistische Laufbahn an der damals neu eröffneten Deutschen Journalistenschule. Einigen Jahren als Volontär und Redakteur beim "Münchner Merkur" folgte die Arbeit beim Bayerischen Rundfunk, bei dem er sich zunehmend auf den Sportjournalismus spezialisierte.
1952 in Oslo berichtete Valrien erstmals von den Olympischen Winterspielen, mit Ausnahme von 1956 war er dann bis 1996 bei allen Olympischen Spielen als Kommentator für Hörfunk und Fernsehen dabei. 1963 erlangte der beliebte Vollblutjournalist als Moderator und Mitbegründer des "Aktuellen Sportstudios" noch größere Popularität. Mit buntem, oft knallgelbem Pullover führte er 283 Mal durch die abendliche Sendung. "Ich mach' keine Reportagen auf Kosten anderer, und auch bei Interviews soll keiner als Sieger oder Verlierer den Ring verlassen", lautete sein Motto.
Reporter aus Leidenschaft und Familienmensch
"In seiner kontrolliert provokanten Art schaffte er es fast immer, seine Gesprächspartner hartnäckig zu bedrängen. Er hakte nach, formvollendet im Ton, doch unerbittlich in der Sache", hat Dieter Kürten, früher selbst Sportstudio-Moderator, einmal über seinen langjährigen Kollegen geschrieben. Als er 1983 ZDF-Sportchef werden sollte, lehnte Valrien ab: "Ich bleibe lieber Reporter, das sagt mir mehr zu als jede Verwaltung."
Seine Vielseitigkeit stellte Valrien auch als Golf-Kommentator bei SAT.1 und Premiere sowie als Moderator der Verkehrssendung "Telemotor" oder Gastgeber des "Sonntagsgespräch" und der Talkshow "Live" im ZDF unter Beweis. Valrien lebt mit seiner norwegischen Frau Randi am Starnberger See. Aus der Verbindung mit der ehemaligen Skirennfahrerin stammen die Töchter Tanja und Laila. Tochter Laila starb Anfang Februar 2007 an Krebs.
Quelle: ntv.de, Martin Pohl, dpa