Sport

"Kultur der Angst" im DOSB Hörmann droht, um Geständnis zu erzwingen

DOSB-Chef Hörmann hat allem Anschein die Anwälte losgeschickt, um gegen die Vorwürfe gegen ihn vorzugehen.

DOSB-Chef Hörmann hat allem Anschein die Anwälte losgeschickt, um gegen die Vorwürfe gegen ihn vorzugehen.

(Foto: picture alliance/dpa/AFP POOL)

Der anonyme Brief von der "Kultur der Angst" ist der Anfang von Alfons Hörmanns Ende als DOSB-Präsident. Nun wird ein Anwaltsschreiben öffentlich, in dem Hörmann eine Ex-Vorständin des Verbandes auffordert, ihre Autorenschaft zu gestehen. Die wehrt sich empört gegen die Vorwürfe.

Zuletzt erweckte Alfons Hörmann den Eindruck, als hätte er seinen Frieden mit seinem anstehenden Ausscheiden als DOSB-Präsident gemacht. Der über die Brief-Affäre gestolperte Spitzenfunktionär gab sich in Interviews reflektiert, beinahe versöhnlich - auch, weil eine "inhäusige Kulturanalyse" ergeben hat, dass im Deutschen Olympischen Sportbund eine Kultur der Angst "als kollektiv getragenes und prägendes Merkmal nicht feststellbar" ist. Hinter den Kulissen teilte der offenkundig tief gekränkte Hörmann allerdings kräftig aus.

Der 61-jährige Allgäuer und DOSB-Spitzenvertreter haben allem Anschein nach ein ehemaliges Vorstandsmitglied unter Androhung juristischer Mittel bedrängt, sich als Autorin des anonymen Briefes vom 6. Mai zu bekennen, in welchem dem Sport-Dachverband unter Hörmanns Führung eine "Kultur der Angst" unterstellt wurde. Das geht aus einem Brief der beschuldigten Karin Fehres vom 9. November hervor, der dem Sportinformationsdienst (SID) vorliegt und der unter anderem an DOSB-Präsidium und -Vorstand sowie die Sprecher der Verbändegruppen adressiert war.

Fehres war bis Ende November 2020 DOSB-Vorstand für Sportentwicklung. In ihrem Schreiben erklärte sie, ihr seien am 13. Oktober von einer Berliner Anwaltskanzlei im Namen Hörmanns sowie des DOSB als Verband, vertreten durch die Vorstände Veronika Rücker und Thomas Arnold, eine Strafanzeige und zivilrechtliche Klage angedroht worden.

"Mail nicht verfasst und nicht daran mitgewirkt"

Demnach liege ein "Gutachten eines Sprachsachverständigen" vor, in dem festgestellt worden sei, dass der offene Brief nur von Fehres stammen könne. "Die zulasten unserer Mandantschaft eingetretene Rufschädigung ist immens", zitierte die 62-Jährige weiter aus dem Anwaltsschreiben.

Der DOSB und sein Präsident böten ihr als "vermeintliches Entgegenkommen" an, schrieb Fehres und zitierte erneut aus dem Brief der Kanzlei, "auf die gerichtliche Geltendmachung von Unterlassungsansprüche und die Erstattung der Strafanzeige zu verzichten, wenn Sie sich zur Autorenschaft (...) bekennen und gemeinsam mit unserer Mandantschaft an einer Erklärung gegenüber der Presse und den Medien mitwirken, in der Sie einräumen, den offenen Brief allein verfasst zu haben". Im Gegenzug für ihr eingefordertes Geständnis seien ihr Anonymität und der Verzicht auf Strafanzeige zugesagt worden.

Fehres weist in ihrem eigenen Schreiben die "Unterstellungen" als "absurd und haltlos" zurück. "Ich stelle unmissverständlich klar: Ich habe die anonyme Mail vom 6. Mai 2021 nicht verfasst, und ich habe in keinster Form daran mitgewirkt", betonte sie. Fehres hat sich in der Zwischenzeit selbst einen Rechtsbeistand genommen. Ein Schreiben von ihrer Seite vom 26. Oktober mit der Bitte um unverzügliche Aufklärung sei bis zum 9. November unbeantwortet geblieben.

Ingo Weiss, Sprecher der Spitzenverbände, bestätigte, den Brief von Fehres erhalten zu haben. "Ich bin sehr verwundert über diesen Vorgang", sagte er. "Ich wäre dankbar, wenn eine saubere Klärung möglichst schnell erfolgen würde." Hörmann hat auf dpa-Anfrage zunächst keine Stellungnahme dazu abgegeben.

Schwere Vorwürfe gegen Hörmann, Rücker und Arnold

Transparency International Deutschland reagierte empört auf die Erklärungen der ehemaligen DOSB-Spitzenfunktionärin. "Der Vorwurf einer 'Kultur der Angst' im DOSB aus dem anonymen Schreiben im Mai wird durch das jetzige Vorgehen gegen Dr. Fehres voll und ganz bestätigt. Das zerstört das Vertrauen in die derzeitige DOSB-Führung endgültig", sagte Nicole Espey, Leiterin der Arbeitsgruppe Sport.

Hörmann, Rücker und Arnold führten "das eigene, von uns mit entwickelte und mit dem DOSB-Ethik-Preis ausgezeichnete Good-Governance-Konzept ad absurdum", führte Espey aus, "wenn sie mit teuren Anwälten die Offenlegung von Hinweisgebern verfolgen, angeblich Verdächtige unter Druck setzen und dazu auffordern, anonym eine falsche öffentliche Erklärung abzugeben".

Transparency International Deutschland behauptete weiter, 25 Prozent der Beschäftigten hätten sich an der inhäusigen Kulturanalyse nicht beteiligt. Deswegen, so die Schlussfolgerung, sei der "Vorwurf von Einschüchterung und mangelndem Respekt" nicht zu widerlegen.

Bei der Mitgliederversammlung am 4. Dezember in Weimar tritt Hörmann bei den auf der Tagesordnung stehenden Präsidentschaftswahlen nicht wieder an. Im Sommer hatte er auf Anraten der DOSB-Ethikkommission angekündigt, sein Amt niederzulegen. Eine Findungskommission schlug Tischtennis-Weltverbandspräsident Thomas Weikert, Präsidentin Claudia Bokel vom Deutschen Fechter-Bund und CSU-Politiker Stephan Mayer, zuletzt Staatssekretär im Bundesinnenministerium, für die Nachfolge vor.

Quelle: ntv.de, tsi/sid/dpa

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