Eskalierende Fan-Gewalt In Deutschland undenkbar
13.11.2007, 10:01 UhrAuch nach der erneuten Eskalation der Gewalt im italienischen Fußball hat der Fan-Beauftragte Thomas Weinmann keine Sorge vor ähnlichen Zwischenfällen in Deutschland. "So etwas wäre bei uns nicht denkbar, weil es in Deutschland viel bessere Strukturen gibt", sagte der Fanbetreuer von Borussia Mönchengladbach in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa.
"Die Anhänger in Italien wurden jahrelang alleingelassen. Eine Betreuung wie in Deutschland gibt es in Italien gar nicht", sagte Weinmann, der als einer der Fan-Koordinatoren für den Deutschen Fußball-Bund (DFB) auch bei Länderspielen der Nationalmannschaft im Einsatz ist.
Abschreckende Überwachung
Dass die Belange der Fans in Deutschland inzwischen ernster genommen werden, hat für Weinmann viel mit DFB-Präsident Theo Zwanziger zu tun. "Seit er im Amt ist, hat sich viel verändert. Das hat sich schon bei der Frage der Stadionverbote gezeigt", meinte der gelernte Diplom-Kaufmann. Zwanziger hatte beim 1. Fan-Kongress in Leipzig (23./24. Juni) eine Überarbeitung der umstrittenen Stadionverbots-Richtlinien zugesagt.
"Zudem sind die Stadien in Deutschland inzwischen so gut überwacht, dass jede Auffälligkeit sofort geahndet wird." Die starke Sicherheitsausstattung der Arenen ist für Weinmann auch ein Grund dafür, dass es in England, wo es in den 80er Jahren sehr häufig zu Ausschreitungen gekommen war, seit Jahren keine Vorfälle mehr gab.
Fans als Fremdkörper
Die Stadien in Italien seien dagegen veraltet. "Zudem werden die italienischen Fans immer noch nicht als Bestandteil des Fußballs gesehen. Sie haben sich deshalb isoliert und leben gefährliches Eigenleben", erklärte Weinmann. Kurzfristig sei dieses Problem nur mit weiteren Repressalien zu lösen. "Darüber hinaus müssen die Clubs aber anfangen, die Anhänger einzubinden und Fanbeauftragte zu installieren. Diese Veränderungen werden aber erst in einigen Jahren Früchte tragen."
In Deutschland habe die Einbindung der Fans in die Vereine bereits Ende der 80er und Anfang der 90er Jahre begonnen. Inzwischen hätten fast alle Vereine der 1. und 2. Liga einen Fanbeauftragten, zudem gebe es in den meisten Clubs ehrenamtliche Fanprojekte. "In den Szenen kennt fast jeder jeden. Diese 'Entanonymisierung' sorgt dafür, dass die Hemmschwelle zur Gewalt sehr hoch ist."
Gewalt in sozialen Brennpunkten
Die Probleme vieler ostdeutscher Vereine mit der Gewalt ihrer Fans führt Weinmann auf die Probleme vor Ort zurück. "Dort wo es soziale Brennpunkte gibt und die Leute nichts zu verlieren haben, wird es immer Probleme geben." Zudem habe die Politik dort versagt, indem Fanprojekte nicht ausreichend unterstützt werden.
"Wenn es zu Randalen kommt, kann der Fanbeauftragte nichts mehr machen und sich dazwischen stellen. Das muss mit Prävention im Vorfeld verhindert werden." Einen Kontakt zwischen den einzelnen europäischen Fanszenen gibt es nach Auskunft Weinmanns nicht. "Dafür sind die Fußballfans auch zu unterschiedlich. In Spanien fährt zum Beispiel niemand zu Auswärtsspielen. Da braucht man ganz andere Sicherheitsstrukturen."
von Lars Reinefeld, dpa
Quelle: ntv.de