
Weniger als sechs Monate nach den Olympischen Spielen ist die Bronzemedaille von Ruderin Pia Greiten in bemitleidenswertem Zustand.
(Foto: Privat)
Seit den Olympischen Spielen in Paris stellen immer mehr Sportlerinnen und Sportler fest, dass an ihren Medaillen Schäden auftreten. Die Ruderin Pia Greiten holte in Frankreich mit dem Doppelvierer Deutschlands erste Bronzemedaille - und ist unsicher, ob sich die Reklamation lohnt.
Der 31. Juli 2024 ist der wohl größte Tag im Sportlerinnenleben von Pia Greiten. Bei den Olympischen Spielen in Paris gewinnt sie als Schlagfrau des deutschen Doppelvierers gemeinsam mit Maren Völz, Tabea Schendekehl und Leonie Menzel die erste Bronzemedaille für die deutsche Mannschaft. Bei der Siegerehrung in der französischen Hauptstadt posiert das Quartett stolz, es ist die Belohnung für jahrelanges Training und zahlreiche Entbehrungen. Doch das Edelmetall, das eigentlich für immer an diesen Triumph erinnern soll, sorgt inzwischen für zwiespältige Gefühle.
"Das ist leider wirklich ein bisschen schade", sagt Pia Greiten im Gespräch mit ntv.de, "weil man sich die Medaille natürlich mit sehr viel Freude anschaut. Aber irgendwie auch mit ein bisschen Wehmut, dass sie jetzt so aussieht, wie sie aussieht." Denn auch die Bronzemedaillen der Ruderinnen gehören zu den Exemplaren, die mittlerweile schwer ramponiert aussehen, was seit den Sommerspielen zu zahlreichen Reklamationen geführt hat. Und nun sogar dazu, dass das Internationale Olympische Komitee einen offiziellen Prozess aufsetzt, um den Austausch gegen makellose Medaillen sicherzustellen.

Holten die erste Bronzemedaille für Deutschland: (v.l.) Pia Greiten, Leonie Menzel, Tabea Schendekehl und Maren Völz.
(Foto: IMAGO/PanoramiC)
Betroffen sind anscheinend hauptsächlich die Bronzemedaillen, die Greiten und ihre Teamkolleginnen als erste aus dem deutschen Aufgebot in Paris überreicht bekommen hatten. Und damit auch zu den ersten gehörten, die das Qualitätsproblem entdeckten. "Bei Tabea [Schendekehl; Anm.d.Red.] hat man schon kurz nach der Siegerehrung an manchen Stellen gesehen, dass es abblättert", sagt Greiten. Das ist auch an ihrer eigenen Medaille unschwer zu erkennen, die Gravur am Rand ist schon kaum mehr zu lesen. Eigentlich stehen dort in französischer Sprache die Sportart, die Disziplin und das Geschlecht.
Zur Olympia-Medaille gehören Echtheitszertifikat und Garantieschein
Auch bei der aus Wissingen bei Osnabrück stammenden Sportlerin traten die ersten Schäden noch im Olympischen Dorf auf. "An den ersten Tagen war das Auffälligste, dass man so kleine Blättchen an der Hand hatte, wenn man die Medaille in der Hand hatte oder sie in die Schatulle gelegt hat", erzählt Greiten und vergleicht die sich lösende "klare, dünne Beschichtung" mit Klarlack. "Und dadurch, dass in Bronze Kupfer ist, oxidiert es dann eben." Ähnlich schildern es diverse internationale Stars, der französische Schwimmer Clement Secchi beschrieb die Oberfläche gar bildhaft als "Krokodilhaut".
Die deutsche Olympionikin überlegt allerdings noch, ob sie ihre Bronzemedaille nachträglich reklamiert. Maren Völz hatte das noch vor Ort im August gemacht, Greiten sich indes zunächst dagegen entschieden: "Einerseits, weil es ja trotzdem die Medaille ist, die mir überreicht wurde und die mit diesem Moment verbunden ist. Da fände ich es irgendwie komisch, die umzutauschen. Und andererseits war auch ein Gedanke, wenn das doch bei allen Medaillen so ist - was bringt es dann, sie zu tauschen?"
Zumal ein nachträglicher Tausch bei etwaigen Schäden auch dann realisierbar wäre, wenn diese nicht eine große Zahl an Sportlerinnen und Sportlern betreffen würden. "Man bekommt zur Medaille nicht nur ein Echtheitszertifikat, sondern auch einen klassischen Garantieschein", sagt Greiten. Zudem hätten die Verantwortlichen in Paris versichert, dass auch nach Ende der Wettbewerbe eine Reklamation möglich sei: "Wir waren gemeinsam mit einem Mitarbeiter vom Deutschen Olympischen Sportbund bei der Stelle, die sich um Probleme mit den Medaillen kümmert."
"Dann behalte ich lieber die, die ich bei der Siegerehrung bekommen habe"
Dabei seien sie und ihre Mannschaftskolleginnen pfleglich mit den Bronzemedaillen umgegangen, transportierten diese sicherheitshalber sogar in Socken, jedoch offensichtlich ohne Erfolg. "Das Bewusstsein ist von Anfang da gewesen, aber wir mussten leider feststellen, dass die Beschichtung sich ablöst." Beim Hersteller Monnaie de Paris, der staatlichen Münzprägeanstalt Frankreichs, läuft derweil laut Medienberichten bereits länger die Fehlersuche. Der Publikation "La Lettre" zufolge sind drei für die Produktion verantwortliche Personen bereits entlassen worden.
Entworfen hatte die Medaillen der Luxus-Juwelier Chaumet, eingearbeitet ist darin ein Originalstück aus dem Eiffelturm als außergewöhnliche Erinnerung an die Wettbewerbe in Paris. Mehr als 100 dieser Erinnerungsstücke sind jedoch inzwischen reklamiert worden, Tendenz klar steigend, wie die Schilderungen von Pia Greiten nahelegen. Zumal das IOC den offiziellen Prozess dafür jetzt erst anschiebt, weshalb womöglich viele Athletinnen und Athleten in diesen Tagen erst davon erfahren, dass es diese Option gibt. "Beschädigte Medaillen werden systematisch von Monnaie de Paris ersetzt und in identischer Weise wie das Original graviert", hieß es vom IOC auf Anfrage der britischen "Daily Mail".
Der Hersteller versucht aktuell nach eigener Aussage, den Fehler zu finden und zu beheben, der zu den Schäden geführt hat. Die Produktion sei inzwischen angepasst worden, damit in den kommenden drei Monaten alle beschädigten Medaillen ausgetauscht werden können. Pia Greiten und auch ihre Teamkolleginnen überlegen noch, ob sie dieses Angebot annehmen. Denn das Original müssten sie dann abgeben. "Ich würde sie nicht umtauschen, um dann eine zu bekommen, die in 20 Jahren genauso aussieht", sagt Greiten im Gespräch mit ntv.de: "Dann behalte ich lieber die, die ich bei der Siegerehrung bekommen habe." In diesem Zwiespalt dürften sich einige derer befinden, die in Paris mit Bronze ausgezeichnet worden waren.
Quelle: ntv.de