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"Der Blinde hört endlich auf" Kevin Kurányi kickt nicht mehr

Kevin Kurányi tritt leise ab.

Kevin Kurányi tritt leise ab.

(Foto: picture alliance / dpa)

Seine legendäre Stadionflucht beendet 2008 seine DFB-Karriere abrupt. Jetzt hört Kevin Kurányi komplett mit dem Profifußball auf. Nach Stationen in Stuttgart, Schalke, Moskau und Sinsheim sagt er: "Ich hatte eine gute Karriere."

Kevin Kurányi hat seine bewegte Karriere als Fußballprofi beendet und will sich künftig in der schwäbischen Heimat mehr um seine Familie kümmern. "Irgendwann kommt die Zeit dafür. Ich bin 35 geworden und möchte mehr Zeit haben für andere Dinge", sagt der zuletzt vereinslose Offensivspieler der Deutschen Presse-Agentur.

Den nötigen Abstand zum Fußball-Zirkus hat Kurányi nach seinem im vergangenen Sommer beendeten glücklosen Abschlussengagement bei 1899 Hoffenheim offenbar schnell gefunden. Gleich am ersten Tag nach dem Profileben konnte der 35-Jährige schon Späße über den wohl schwierigsten Moment seiner Karriere machen. "Der Blinde hört endlich auf", heißt es beispielsweise im Abschiedsbrief auf seiner Homepage.

Bei Bundestrainer Joachim Löw geriet Kevin Kurányi 2008 ins Abseits.

Bei Bundestrainer Joachim Löw geriet Kevin Kurányi 2008 ins Abseits.

(Foto: picture alliance / dpa)

Oder auch: "Ich will dem Fußball erhalten bleiben und meine Erfahrungen weitergeben. Ein paar wertvolle Tipps hätte ich für junge Fußballer ja auf Lager. Zum Beispiel, bei Länderspielen bis auf den Schlusspfiff zu warten, bevor man das Stadion verlässt", schreibt Kurányi in einem offenen Brief an seine Fans. Es ist eine humorvolle Anspielung auf sein jähes Ende als Nationalspieler. Im Oktober 2008 hatte Kurányi noch vor der zweiten Halbzeit das Stadion in Dortmund tief enttäuscht verlassen, nachdem ihn Bundestrainer Joachim Löw gegen Russland nicht einmal für den 18er-Kader aufgeboten hatte und er als Schalker im BVB-Stadion angepöbelt wurde.

"Das Ende war bitter"

Kurányi fiel wegen seiner Stadionflucht in Ungnade und spielte - obwohl das Verhältnis mit Löw offiziell wieder gekittet ist - nie wieder für Deutschland. 52 Länderspiele und 19 Tore stehen in seiner Bilanz. "Das Ende war bitter, aber ich habe daraus viel gelernt. Wünschen möchte ich diese Erfahrung aber niemandem. Das hat mich die ganze Karriere lang begleitet", sagt der Mann mit dem modischen Bart.

Kurányis Karriere wirkt unvollendet. Der ganz große Coup gelang letztlich nie. Besonders bitter bleibt die Erinnerung an die Tage vor der Heim-WM 2006. Bundestrainer Jürgen Klinsmann verkündete ihm in einem Telefonat, dass er nicht zum deutschen Kader gehört. Kurányi glaubte an einen schlechten Scherz - doch der Zwangsurlaub zur Sommermärchen-Zeit war bittere Realität.

Zuverlässiger Torlieferant

Dabei hatte Kurányi im August 2004 mit seinem einzigen DFB-Dreierpack beim 3:1 gegen Österreich in Wien Klinsmann einen perfekten Einstand als DFB-Chefcoach beschert und auch anschließend zuverlässig getroffen. Der in Brasilien geborene und in Panama aufgewachsene Stürmer kehrte nach 15 Monaten unter Löw ins DFB-Team zurück. Vor genau zehn Jahren - am 24. März 2007 - machte Kurányi mit seinem Doppelpack beim damals extrem wichtigen 2:1 in der EM-Qualifikation in Prag gegen Tschechien das wohl beste Länderspiel seiner Karriere.

Bei der folgenden EM 2008 gehörte er zum Vize-Team. Auch in der Bundesliga steht zweimal Platz zwei, einmal mit dem VfB Stuttgart (2003) und einmal mit Schalke 04 (2007), als beste Platzierung in der bewegten Fußball-Vita.

Keine Lust auf Tingelleben

Nach fünf Jahren Königsblau ging Kurányi nach Russland, wurde bei Dynamo Moskau zum Leistungsträger. Die Rückkehr nach Deutschland läutete das Karriereende schon ein. Bei Hoffenheim stand er im Abseits, kein einziges Tor gelang in nur 15 Einsätzen. Ein weiteres Tingelleben wollte sich Kurányi nicht mehr antun.

"In den Monaten ohne Verein habe ich gefühlt, dass sich meine Familie in Stuttgart einlebt. Und wie glücklich meine Familie und ich sind, wenn ich zum Beispiel an Geburtstagen zuhause bin", betont er. "Es gab zwar verschiedene Angebote, über die ich tagelang nachgedacht habe. Zum Beispiel aus Brasilien, meinem Geburtsland. Am Ende des Tages habe ich mich aber für die Familie entschieden. Und für meine Heimat Stuttgart. Ich hatte eine gute Karriere", sagt Kurányi.

Quelle: ntv.de, Wolfgang Jung und Arne Richter, dpa

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