Sport

Wachsende Teamstärke Klinsmann-Effekt

Bei den Aufnahmen der Mannschaftsfotos wird das Gedrängel immer größer. Wo früher neben den Profis nur der Coach und der Masseur posierten, füllen nun üppige Trainerstäbe und umfangreiche medizinische Abteilungen die Reihen. Nie zuvor war in der Fußball-Bundesliga die Mannschaft hinter der Mannschaft so groß wie in der 45. Saison, die am kommenden Wochenende beginnt.

Je sechs Trainer leisten sich Meister VfB Stuttgart, Vize Schalke 04, Topfavorit Bayern München und der runderneuerte VfL Wolfsburg unter dem Chefcoach, Manager und Geschäftsführer Felix Magath. Spezialisten aus anderen Sportarten, Leistungsdiagnostiker, externe wissenschaftliche Berater, sogar Psychologen, Osteopathen oder Ökotrophologen stehen zur Verfügung, um die Fußballer in Topform zu bringen.

Spezialisiertes Training

"Die Bundesliga hat jahrelang geschlafen", sagt Stuttgarts Meistermacher Armin Veh. Beim VfB ist er Herr über fünf weitere Trainer und im medizinischen Bereich wird er von zwei Ärzten und drei Physiotherapeuten unterstützt. "Als einzelner Trainer kann man nicht jeden Spieler verbessern, da braucht man Spezialisten." Sprinttrainer, Konditions- und Reha-Trainer haben in der Bundesliga Konjunktur, seit Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann vor der WM 2006 mit seinen Fitness-Coaches für Aufsehen sorgte.

"Er hat uns damit geholfen, weil durch den medialen Druck auch die Leute in den Führungsebenen der Vereine verstanden haben, dass man in den Trainerstab investieren und ihn erweitern muss", sagt Veh. 81 festangestellte Trainer beschäftigen die 18 Erstligisten mittlerweile, dazu kommen noch mehrere Spezialisten auf Honorarbasis. Vor zehn Jahren waren es lediglich 51. Während in der Saison 1997/98 vier Klubs noch mit der Minimalbesetzung Mannschaftsarzt, Masseur, Trainer und Co-Trainer auskamen (Bochum, Köln, Wolfsburg, Hertha), umfassen nun schon bei fünf Vereinen medizinische Abteilung und Trainerstab zehn oder mehr Personen (Stuttgart, Schalke, Bayern, Leverkusen, Wolfsburg).

"Jetzt ist beim Training jede Position besetzt, die Profis haben kein Schlupfloch mehr, um sich irgendwo auszuruhen", erklärt Schalkes Trainer Mirko Slomka, zu dessen Stab unter anderem der ehemalige Sprinter Rouven Schirp, der serbische Techniktrainer Nestor El Maestro und der brasilianische Konditions- und Reha-Trainer Elliot Alves gehören.

Ernährungsberater, Individualisierung und Manpower

Als Koordinator für Leistungsdiagnostik, Konditionstraining und Reintegration verletzter Spieler berät zudem Bewegungswissenschaftler Professor Jürgen Freiwald von der Universität Wuppertal die Königsblauen. "Ich stellte Mirko Slomka und seinem Stab lediglich Daten zur Verfügung, aber auf dem Platz gilt immer noch das alte Sepp-Herberger-Prinzip", sagt Freiwald. Sogar ein Ökotrophologe berät die Schalker Profis in Sachen Ernährung.

Auch Bayern-Coach Ottmar Hitzfeld will wie seine jungen Kollegen "nichts dem Zufall überlassen". Der italienische Sportwissenschaftler Riccardo Proietti nahm in der Vorbereitung leistungsdiagnostische Messungen vor, aufgrund derer das Training individuell aufgebaut wird. "Der Trend geht zur Individualisierung", hat auch Hitzfeld erkannt: "Dafür brauchen wir eine gewisse Manpower."

Auf einen Mentaltrainer setzt Thomas Doll bei Borussia Dortmund. Den Diplom-Sozialpädagogen Jürgen Lohr, der auf Honorarbasis arbeitet, brachte er vom Hamburger SV mit. Hansa Rostock und der HSV versuchen auch alternative Behandlungsmethoden: Osteopathen, die mit ihren Händen Blockaden im Körper lösen, unterstützen die klassischen Physiotherapeuten.

Die Fitness der Hansa-Profis hat Frank Pagelsdorf in die Hände des Leichtathletik-Trainers Ralf Skopnik gelegt, der beim 1. LAV Rostock unter anderem den Speerwurf-WM-Achten Mark Frank betreut. Weibliche Hände machen beim HSV und Aufsteiger Karlsruher SC die Profis wieder fit: Andrea Müller und Anja Sabban sind die einzigen Physiotherapeutinnen in der Männer-Domäne Bundesliga.

Quelle: ntv.de

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