Sport

Nerven der Spieler liegen blank Kritik an Werder-Coach Schaaf

Torsten Frings blaffte einen Journalisten an, Tim Wiese übte unverhohlen Kritik und Trainer Thomas Schaaf geriet in Erklärungsnot: Nach rabenschwarzen Tagen liegen bei Werder Bremen im Rennen um den Meistertitel plötzlich die Nerven blank. Nach einem 2:3 (0:1) beim Abstiegskandidaten Arminia Bielefeld sorgte besonders die verblüffende Torwart-Rochade des Werder-Trainers für Reizklima und Dünnhäutigkeit allerorten.

Pierre Wome kanzelte einen Reporter mit angriffslustiger Körperhaltung und einem lauten "Shut up!" ab, und Frings ging der zweite Rückschlag für die Titelambitionen der Hanseaten innerhalb von vier Tagen gehörig an die Nieren. "Ob ich die Entscheidung des Trainers verstehen kann, ist doch scheißegal. So etwas müssen wir als Angestellte des Vereins akzeptieren. Stelle ich die Mannschaft auf oder was?", polterte der Nationalspieler und legte mit bissiger Ironie nach: "Klar, ich renne jeden Abend zum Trainer aufs Zimmer und frage 'Warum lässt du den Andi spielen?' Erzähl doch hier nicht so einen Mist!"

Der Torwartwechsel Andreas Reinke für Tim Wiese - der Ersatztorhüter sollte ausgerechnet im Bundesliga-Endspurt Spielpraxis für die aussichtslos erscheinende Aufholjagd im UEFA-Cup-Halbfinale gegen Espanyol Barcelona (Hinspiel 0:3) sammeln - ging daneben, da Reinke sich den entscheidenden Fehler zum 2:3 leistete.

Doppelt bitter

Wiese, der im Moment des Patzers das Gesicht in den Händen vergrub, schüttelte nach dem Abpfiff nur noch den Kopf. "Es ist scheiße, auf der Bank zu sitzen und zu verlieren. Doppelt bitter. Keiner hat die Entscheidung verstanden", moserte der Stammkeeper, der beim Debakel in Barcelona die Rote Karte gesehen hatte.

Kopfproblem

Schaaf nahm die Diskussion um die T-Frage dagegen mit nordischer Gelassenheit. "Suchen Sie sich da doch jetzt nichts zusammen. Die gesamte Mannschaft hat viele Fehler gemacht", meinte Schaaf unterkühlt. Die Bremer Führungsetage machte sich lieber ihre Gedanken darüber, wie die erneute Niederlage zustande gekommen war. Sportdirektor Klaus Allofs attestierte den Profis ein Kopfproblem. "Was wir gemacht haben, war zu wenig für eine Spitzenmannschaft. Einige werden mit der Drucksituation nicht fertig", analysierte Allofs.

Partylaune in Bielefeld

Frings schlug in die gleiche Kerbe. "So eine Chance bekommen wir nicht allzu oft. Wenn ich mir die Gegentore ansehe, kann ich nur schmunzeln. Nur mit Schönspielerei und Tricks geht es eben nicht", kommentierte der Nationalspieler.

Bei der Arminia dagegen herrschte nach dem Siegtor von Christian Eigler (79.) Partylaune. Torhüter Mathias Hain dirigierte vom Podest des Einheizers aus das "Humba Humba tätärä", und die Spieler sprangen wie wildgewordene Gummibälle durcheinander. "Unfassbar. Ich habe die außergewöhnliche Arbeitsmoral immer gelobt, aber das war heute der Gipfel", erklärte Trainer Ernst Middendorp.

Der Ärger um die Promille-Fahrt des Coaches war angesichts eines Drei-Punkte-Polsters auf die Abstiegszone vergessen, auch Middendorp nahm den Vorfall mit Humor und warb mit einem Anstecker für die alkoholfreie Variante der Biermarke, die die Arminia-Trikots als Sponsoren-Schriftzug ziert.

"Nur nicht mehr verlieren"

Bei Werder war derweil niemandem zum Feiern zumute, doch nachdem alle Protagonisten Dampf abgelassen hatten, setzte sich Trotz durch. "Noch können wir alles gewinnen, wir dürfen nur nicht mehr verlieren", meinte Frings, der auch positive Ansätze beobachtet hatte. Die Bremer glichen die ersten Führungen der Ostwestfalen von Heiko Westermann (30.) und Jonas Kamper (61.) durch Miroslav Klose (61.) und Hugo Almeida (74.) zweimal aus, fingen sich jedoch stets postwendend den nächsten Gegentreffer.

Bei zwei Punkten Rückstand auf Spitzenreiter Schalke 04 (62) sowie einem Zähler auf den VfB Stuttgart (61) ist der Vizemeister weiter auf Patzer der Konkurrenz angewiesen.

von Thomas Nowag und Holger Schmidt, sid

Quelle: ntv.de

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