Fahnenflucht denkbar Kubas Box-Star untergetaucht
23.07.2007, 17:51 UhrKubas Box-Star Guillermo Rigondeaux ist bei den Panamerikanischen Spielen in Rio de Janeiro verschwunden. Der Doppel-Olympiasieger im Bantamgewicht sei schon vor drei Tagen mit seinem Boxer-Kollegen Erislandy Lara in der brasilianischen Metropole untergetaucht, berichteten Medien in Rio. Aus Kuba kamen schon Mitteilungen über die wahrscheinliche Fahnenflucht: "Wir haben den beiden Samstagabend Ausgangserlaubnis gegeben, und sie sind nicht ins Sportlerdorf zurückgekehrt, das ist sehr traurig", sagte der Präsident des kubanischen Boxverbandes, Maximiliano Gonzlez Diaz.
Dass Rigondeaux und Lara Opfer der ausufernden Kriminalität in Rio geworden sein könnten, wird nahezu ausgeschlossen. So erhöht sich nach der Hälfte des 16-tägigen kontinentalen Wettbewerbs die Zahl der "desertierten" Kubaner auf vier. Vor den Boxern hatten der Handballer Rafael Capote und Turn-Trainer Lzaro Lamelas die Delegation der sozialistischen Karibikinsel verlassen. Capote und Lamelas teilten bereits in der Vorwoche mit, in Brasilien Asyl beantragen zu wollen.
Für negative Schlagzeilen sorgten Kubaner und Brasilianer auch im Judo. Kubas Delegation prügelte sich am Sonntag mit brasilianischen Journalisten und Zuschauern nach einem Kampf mit umstrittenen Entscheidungen zwischen einer disqualifizierten Brasilianerin und einer Kubanerin. Unter den Streithähnen waren auch Teofilo Stevenson, der dreifache kubanische Box-Olympiasieger, die frühere kubanische Volleyball-Weltklassespielerin Regla Torres und Aurelio Miguel, ein ehemaliger brasilianischer Judo-Olympiasieger.
Die Fäuste flogen am Zuckerhut auch im Handball nach dem 30:22- Finalsieg der Hausherren über den Erzrivalen Argentinien. Verwickelt war unter anderem Bruno Souza. Der Spieler vom HSV Hamburg kam ungeschoren davon, aber sein Teamkollege Silvinho musste mit einer Kopfverletzung im Krankenhaus behandelt werden. "Schlägereien überschatten die Spiele", schrieb die Zeitung "Folha de Sao Paulo".
Vor allem Rigondeaux' Desertation ist ein schwerer Schlag für Kubas Sportwelt. Der Boxsport ist eines der Aushängeschilder des Landes. Und Rigondeaux war der große Star der gesamten Delegation in Rio, gewann zwischen 1999 und 2003 142 Kämpfe in Folge. Der 26- Jährige war der letzte große Boxer seiner Generation. Im Dezember 2006 hatten drei andere Topstars - Yan Barthelemy, Yuriorkis Gamboa und Odlanier Sols - bei einem Turnier in Caracas/Venezuela den Entschluss gefasst, nicht nach Hause zurückzukehren. Sie sind nun in Deutschland aktiv. Kuba hat damit keinen aktiven Olympiasieger mehr, der auf der Insel geblieben ist.
Das Verschwinden kubanischer Sportler bei Auslandswettbewerben ist nichts Neues. Erst im Juni waren zwei kubanische Fußballer während des Goldcups in den USA geblieben. Ein trauriger Rekord wurde bei den Panamerikanischen Spielen im kanadischen Winnipeg 1999 aufgestellt, als 12 Sportler und ein Journalist die Delegation verließen. Das Blatt "Winnipeg Sun" veranstaltete im Spaß unter seinen Lesern ein Ratespiel, bei dem die Zahl der desertierten Kubaner am Ende der Spiele getippt werden sollte. Der Preis: Eine Reise nach Havanna.
Quelle: ntv.de