Schwimmen / EM Langstrecklerinnen top
12.05.2004, 16:18 UhrDeutscher Doppelsieg im EM-Skandalrennen: Britta Kamrau holte Gold über 5 Kilometer vor Teamkollegin Stefanie Biller. Richtig freuen konnte sich die Europameisterin aus Rostock nach dem Auftakt der Langstreckenwettbewerbe im eiskalten San Juan-Stausee 55 Kilometer vor den Toren Madrids aber nicht. "Ein toller Erfolg. Aber die angeblich 16 Grad Wassertemperatur sind doch erfunden. So kann es nicht weitergehen", schimpfte die Rostocker Langstreckenschwimmerin mit Zornesfalten im rotgefrorenen Gesicht.
Das von der LEN verkündete Ergebnis der Temperaturkontrolle zwei Stunden vor dem Start des 5-km-Rennens in 40 Zentimetern Wassertiefe entsprach offenbar nicht den Tatsachen. "In Wirklichkeit sind es 14 Grad", sagte Kamrau: "Schließlich haben alle Teams Thermometer dabei." Jeweils ein Vertreter der europäischen Schwimm-Liga LEN und des EM-Ausrichters sowie der italienischen Mannschaftsleiter als Sprecher der Trainer verkündeten zwei Stunden vor dem ersten Start das offenbar falsche Ergebnis der offiziellen Messung.
14 Grad entsprachen der Mindestanforderung des Weltverbandes Fina für die Austragung. Doch selbst die zeigten abschreckende Wirkung: Der Spanier Jonathan Florencio wurde schon vor der Hälfte der 10-km-Distanz der Männer aus dem Wasser gezogen, die Italienerin Alessia Paolini nach dem Ziel auf der Trage davon transportiert, die Britin Paula Wood knickte mit Krämpfen in den Füßen immer wieder weg.
Kurioserweise waren am Dienstag erstmals die notwendigen 14 Grad erreicht worden, nachdem an den Tagen davor noch Werte zwischen 12 und 13 Grad ermittelt worden waren. Unerklärlich war die Erwärmung vor allem wegen der Luft-Temperaturen zwischen 8 und 14 Grad sowie des Dauerregens an den Tagen zuvor. Überdies wird der 55 km von Madrid entfernte Stausee von noch schneebedeckten Bergen gespeist.
Der Deutsche Schwimm-Verband (DSV) hat sich nach Worten von Vizepräsident Hans-Jürgen Günther nach den Vorkommnissen vom Mittwoch "bei der LEN und dem Hauptkampfgericht bemerkbar" gemacht. Richtig ernst wurde der DSV offenbar nicht genommen. "Es wurde nur auf die Regeln verwiesen", meinte Günther: "Jetzt heißt es 16 Grad, was heißt es morgen, fragen wir uns? Davor haben wir Angst."
Steigen die Temperaturen weiter, müssten die Athleten regelkonform ohne Neoprenanzüge ins Wasser. "Die Kälte auf der kurzen Distanz ging noch, ich habe sie nur an Händen und Füßen extrem gespürt", sagte Britta Kamrau, die aber weitaus größere Probleme auf der 25 Kilometer-Distanz erwartet, auf der sie 2003 in Barcelona Weltmeisterin geworden war: "Das wird auch mit Neopren kritisch." Teamchef Christian Bartsch kündigte am Mittwoch einen Antrag auf Verkürzung des Marathons am Sonntag an: "Eine andere Alternative sehe ich nicht."
Gina Mohr aus Elmshorn belegte Rang 5 und vervollständigte damit das Top-Ergebnis der deutschen Frauen. Über 10 Kilometer der Männer war Ben Hoffmann aus Erfurt in 1:45:28,2 Stunden als 7. bester DSV-Vertreter. Gold ging an Jewgeni Kotschkarow aus Russland (1:45:21,5).
Stev Theloke aus Chemnitz qualifizierte sich in 25,69 Sekunden sicher für das Finale über 50 m Rücken. Damit hat der 26 Jahre alte Bundeswehrsoldat, der die zweitschnellste Halbfinalzeit erreichte, die Chance auf eine weitere Medaille. Sein Ziel für das Finale umschrieb er wie folgt: "Eine 25,3. Wer die schwimmt, gewinnt. Ich denke, dass ich das bin." Bereits am Dienstag hatte er über 100 m Rücken als Titelverteidiger bei seinem Comeback Bronze gewonnen.
Doppel-Olympiasieger Pieter van den Hoogenband aus den Niederlanden musste als Titelverteidiger im Finale über 100 m Freistil (49,33) eine ungewohnte Niederlage hinnehmen und mit Silber zufrieden sein, Gold ging an den starken Italiener Filippo Magnini (48,87). Über die gleiche Distanz wurde die Französin Malia Metella (54,46) Nachfolgerin von Franziska van Almsick, die sich ganz auf Olympia konzentriert.
Bei den Springern sezte Heike Fischer die deutsche Erfolgsserie fort. Nachdem die 21 Jahre alte Leipzigerin mit Erfolg ihren 2002 in Berlin gewonnenen EM-Titel vor Natalia Umiskowa aus Russland verteidigt hatte, haben die Kunst- und Brettartisten des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) nach sieben von zehn Entscheidungen bereits dreimal Gold und zweimal Silber auf ihrem Konto.
"Alle sind sehr gut gesprungen", sagte Fischer, die nach vier der fünf Durchgänge noch hinter der Italienerin an zweiter Stelle gelegen hatte: "Aber mit meinem letzten Sprung habe ich immer einen Trumpf in der Tasche."
Quelle: ntv.de