Sport

Schnelle Heilung auf dem Rasen Mediziner befürchten Spätfolgen

Um Torsten Frings Rippe sorgt sich ganz Fußball-Deutschland und die lädierte Sehne von Spaniens Stürmer David Villa zerrt an den Nerven der Iberier. Auch bei der Fußball-EM in Österreich und der Schweiz blieben nicht alle Spieler gesund. Zur Freude der Fans standen die Verletzten oft ungewöhnlich schnell wieder auf dem Rasen. Aus Medizinersicht müssen die Fußball-Helden von heute ihren Ruhm jedoch nicht selten teuer bezahlen - Spätschäden sind nicht ausgeschlossen.

"Natürlich ist Fußball auf diesem Niveau nicht gesund", sagt der Ulmer Sportmediziner Jürgen Steinacker. Zwar könne man heute viel für die Spieler tun, dennoch gebe es nur ganz wenige, die ohne Abnutzungserscheinungen und schwerere Verletzungen ihre Profikarriere beenden.

Kaputte Gelenke

Nach Angaben des Ex-Nationalspielers und Orthopäden Jupp Kapellmann hätten heute beispielsweise die meisten Fußballer der deutschen Weltmeister-Elf von 1974 große Probleme mit ihren Gelenken. "Über 70 Prozent der damaligen Spieler haben Hüft- oder Kniegelenksbeschwerden und sind teilweise mit Endoprothesen (Anm.: künstliche Gelenke) versorgt", sagt er dem Fachblatt Münchner Medizinische Wochenschrift (MMW).

Und dies in einem Alter, in dem sie eigentlich noch nichts damit zu tun haben sollten. Der Mediziner kritisiert, dass viele Spieler ihre Verletzungen nicht auskurieren: "Wenn ich noch einmal auf die Welt käme, würde ich viel früher aufhören, bereits nach der ersten Verletzung."

Bei der EM ließen Wehwehchen der Spieler die Sanitäter regelmäßig auf das Spielfeld traben. Der spanische Torschütze David Villa holte sich unter anderem im Halbfinale eine Muskelzerrung. Der türkische Stürmer Nihat Kahveci riss sich im Viertelfinale eine Sehne und der französische Nationalspieler und Bayern-Profi Franck Ribry wurde wegen eines kaputten Bandes am Sprunggelenk operiert. Mit dem Ausfall von Abwehrchef Fabio Cannavaro und einem Innenmeniskus-Riss bei Andrea Barzagli waren auch die Italiener vom Verletzungspech verfolgt.

Bessere Betreuung

Für Franz Beckenbauer ist der Profifußball heute in einer ganz anderen Situation als damals. "Die gesamte Betreuung ist heute viel besser als noch zu meiner Zeit, von der Prophylaxe bis zur Regeneration. Das ist alles hoch professionell", sagt er. Damals hätte ein Kreuzbandriss das Karriereende bedeutet, heute spielten die Fußballer nach einem halben Jahr wieder.

"Unser Eindruck ist, dass die Verletzungen sogar etwas weniger werden - und sie können besser behandelt werden", sagt der Sportmediziner Steinacker. In den vergangenen Jahren sei das Bewusstsein für Gesundheit und Athletik bei den Fußballern deutlich gewachsen - für ihn vor allem ein Verdienst von Ex-Bundestrainer Jürgen Klinsmann. Die Spieler seien deutlich durchtrainierter und wendiger: "Früher war die Blutgrätsche ein klassisches Foul, heute weichen die Leute besser aus." Dafür sei das Spiel mit Rempeleien und Stößen deutlich körperbetonter geworden, was zu vielen blauen Flecken und kleinen Muskelverletzungen führe. "Da kommt es dann auf die Regeneration an", sagt er.

Während Steinacker sonst dafür plädiert, jede Verletzung ganz ausheilen zu lassen, hat er für die Sondersituation während einer EM Verständnis. "Da kommt die Theorie schnell in Konflikt mit der Praxis." Bei einem Turnier habe der Trainer eben nur eine begrenzte Anzahl von Spielern zur Verfügung, die wie Torsten Frings unbedingt auf dem Platz stehen wollten. "Ein EM-Finale spielt man vielleicht nur einmal im Leben."

Von Miriam Bandar, dpa

Quelle: ntv.de

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