Müllers Reise in die Vergangenheit Nationaltorwart kehrt zurück
07.11.2007, 12:17 UhrFür Robert Müller ist es eine Reise in die Vergangenheit. Wenn der Torwart am Donnerstag mit der Eishockey-Nationalmannschaft gegen die USA in den Deutschland-Cup in Hannover startet, dann wandern die Gedanken unweigerlich ein Jahr zurück. Zu dem Tag, an dem die schwerste Zeit seines Lebens begann.
Wenige Stunden vor dem ersten Spiel musste Müller damals wegen Kopfschmerzen und Schwindelgefühlen abreisen. Wenige Tage später wurde ein bösartiger Hirntumor diagnostiziert. "Natürlich habe ich das irgendwo im Kopf, wenn ich jetzt nach Hannover zurückkomme", sagt der 27-Jährige. Der Diagnose folgte eine komplizierte Operation, bei der Teile des Tumors entfernt wurden, dann die Chemo- und Strahlentherapie.
"Ich weiß, dass noch ein Stück da ist in meinem Kopf", sagt Müller, der regelmäßig zu Blutuntersuchungen muss: "Aber es hat sich sehr verringert. Ich habe sehr, sehr viel Glück gehabt." Mit dem Eishockeyspielen begann der Oberbayer schon zwei Monate nach der OP wieder, kehrte für einen Kurzeinsatz auch ins Tor der Nationalmannschaft zurück. Doch es war noch lange nicht so wie vorher.
Bei seinem Klub Adler Mannheim kam er nicht zum Zug, auf die WM in Russland musste er verzichten. Mit Beginn der neuen Saison war zumindest in der Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) wieder alles beim Alten: Beim sensationellen 4:2 in Tschechien Ende August hielt Müller mit einer Klasseleistung den Sieg fest. Doch in Mannheim blieb nur der Stammplatz auf der Ersatzbank.
"Da gibt es manche Leute, die mich plötzlich als Eishockey-Spieler nicht mehr gut genug finden", sagt Müller - und es ist unschwer herauszuhören, dass damit vor allem Adler-Trainer Greg Poss gemeint ist. "Man hatte mir vorher den Vertrag als erster Torwart gegeben, dann hat man mir erklärt, dass ich nur noch die Nummer zwei bin - ohne Begründung."
Müller schluckte die Enttäuschung herunter und versuchte, das Beste aus der Situation zu machen. Doch der Frust wuchs. "Ich habe lange still gehalten, aber ich habe kein Ende des Tunnels gesehen." Also nahm er, ohne lange zu zögern, das Angebot von Franz Fritzmeier, Manager des Tabellenletzten Füchse Duisburg, an - und steht seit gut einer Woche in der Schießbude der Deutschen Eishockey Liga (DEL).
"Das Wichtigste ist, dass ich im Tor stehe", sagt Müller: "Ich bin Eishockey-Spieler und kein Bankdrücker. Was nutzt mir der tollste Klub, wenn ich nur auf der Bank sitze?" Der Einstand beim DEL-Schlusslicht hätte schlimmer kaum sein können: Beim 2:8 bei den Frankfurt Lions ging der Nationaltorwart nach sieben Gegentoren in zwei Dritteln vom Eis. Ein reinigendes Gewitter sei es gewesen, sagt er heute. Auch danach gab es weitere Niederlagen, doch beim 2: 3 bei den Kölner Haien zeigte Müller schon wieder seine alte Form: "Da hat es doch ganz gut ausgesehen."
Dass die Füchse nicht mehr als eine Durchgangsstation sind, weiß der Goalie genau. "Duisburg ist nicht meine Zukunft, das ist mir klar, und das ist auch dem Klub klar." Doch Mannheim dürfte, nachdem Ex-Bundestrainer Poss seinen Vertrag bis 2010 verlängert hat, auch keine ernsthafte Option sein. Das Arbeitsverhältnis mit den Adlern, das derzeit ruht, ist zwar noch bis 2009 festgeschrieben. "Aber es hat auch jetzt niemand große Anstalten gemacht, mich zu halten."
Mit guten Leistungen in der Nationalmannschaft, wo er für Bundestrainer Uwe Krupp wieder eine feste Größe ist ("Er ist wieder da, wo er vor einem Jahr war"), will er sich für einen neuen Arbeitgeber empfehlen - und natürlich für die WM 2008 in Kanada. Denn eines hat Müller gelernt: "Ich muss kämpfen für meinen Job. Eine Garantie gibt's nirgendwo."
Quelle: ntv.de, Thomas Lipinski, dpa