Durchmarsch in "Todesgruppe" Oranje glaubt an Titel
18.06.2008, 13:25 UhrDurchmarsch in der "Todesgruppe", Tore wie am Fließband und Zauber-Fußball trotz Total-Rotation - nachdem die Niederlande den souveränsten Vorrundenauftritt der EM-Geschichte perfekt gemacht hatten, verloren die Spieler des Titel-Favoriten ihre gewohnte Zurückhaltung: "Wenn wir selbst mit unserer Reserve die bislang starken Rumänen schlagen, wird klar, wie gut unsere Mannschaft insgesamt ist. Ich habe das Gefühl, dass wir etwas ganz Großes erreichen können", sagte Stürmer Robin van Persie nach dem 2: 0 (0:0)-Sieg gegen Rumänien.
Drei ungefährdete Siege, neun zum Teil wunderschöne Tore und nur ein Gegentreffer waren am Ende der Gruppenphase der Lohn für einen glanzvollen Offensivfußball, der an die besten Zeiten der Niederländer in den frühen 70er und späten 80er Jahren erinnerte.
"Wir hatten ja nicht gerade eine leichte Gruppe. Wenn man die dann so deutlich dominiert, kann man mehr als zufrieden sein", meinte van Persie, der seinen zweiten Turniertreffer erzielte und von der UEFA zum "Man of the Match" gekürt wurde.
"Jeder hat absolutes Top-Niveau"
Während der Angreifer vom FC Arsenal wie acht weitere Akteure der "B-Auswahl" erstmals in der Anfangsformation stand, wurde ein Großteil der bisherigen Startelf von Bondscoach Marco van Basten geschont.
Auch die Hamburger Bundesligaprofis Rafael van der Vaart, Joris Mathijsen und Nigel de Jong verfolgten das Spiel von der Bank aus und waren höchst angetan von dem, was sie sahen. "Die Jungs haben ihre Aufgabe super gelöst. Egal, wer bei uns spielt - jeder hat absolutes Top-Niveau", schwärmte van der Vaart.
Abwehrchef Mathijsen, der von Ersatzkapitän John Heitinga glänzend vertreten wurde, hatte ohnehin nichts anderes erwartet: "Ich war hundertprozentig überzeugt, dass wir auch mit dieser Mannschaft gegen Rumänien gewinnen.
Mit den drei Siegen im Rücken können wir jetzt richtig selbstbewusst ins Viertelfinale gehen", erklärte der 28-Jährige und blickte schon ein Stück weiter: "Unser Traum ist das Endspiel. Von jetzt an kann alles passieren."
Medien voll des Lobes
Die von Italien und Frankreich zuvor angezettelte Diskussion um mögliche Wettbewerbsverzerrung durch die zahlreichen Wechsel in der Elftal war für Mathijsen indes nicht nachvollziehbar: "Wir verlieren doch nicht mit Absicht - wir sind schließlich keine Deutschen", stichelte der HSV-Verteidiger.
Etwas diplomatischer erklärte van Basten seine Umstellungs-Maßnahmen: "Wir hatten zuvor schon schwere Spiele gegen die Franzosen und Italiener. Deshalb habe ich die Chance genutzt, einigen eine Pause zu gönnen. Es hat sich gezeigt, dass das kein Fehler war."
Auch die niederländischen Zeitungen waren erneut voll des Lobes. "Das Oranje-Fieber geht weiter. Nach zwei oscarreifen Vorstellungen bietet auch die B-Auswahl hohe Fußball-Kunst", titelte De Volkskrant. Und das Algemeen Dagblad meinte: "Ob A oder B - Oranje gewinnt alles. Die Todesgruppe war nur eine Aufwärmgruppe für dieses Oranje."
Rumänen danken für Erfahrung
Ersatzstürmer Klaas Jan Huntelaar (Ajax Amsterdam), der für Ruud van Nistelrooy (Real Madrid) ins Aufgebot rückte, hatte die Niederländer gegen enttäuschende Rumänen in der 54. Minute in Führung gebracht.
Die größte Chance für den Außenseiter hatte zuvor Paul Codrea (44.) vergeben, der völlig freistehend aus 15 m über das niederländische Tor schoss. "Nach unserer Führung hatte ich das Gefühl, dass die Rumänen auseinanderfallen", sagte van Persie, der in der 87. Minute zum 2:0 nachlegte.
Die Osteuropäer, die angesichts des italienischen 2:0-Siegs über Frankreich nur mit einem Sieg ins Viertelfinale vorgerückt wären, hatten nach den Achtungserfolgen gegen die Equipe Tricolore (0:0) und die Squadra Azzura (1:1) nichts mehr zuzusetzen. "Viele unserer jungen Spieler sind es einfach noch nicht gewohnt, längere Zeit auf so hohem Niveau zu spielen", erklärte Teamkapitän Cristian Chivu (Inter Mailand). Trotz des Ausscheidens hielt sich seine Enttäuschung in Grenzen: "Wir hatten eine schwere Gruppe und haben viel Erfahrung gesammelt."
von Oliver Görz und Stefan Tabeling, sid
Quelle: ntv.de